Brief von Faruk Ereren vom 03.01.2013

Lieber ,                                                                                    Ratingen, den 03.01.2013

Ich schreibe dir diesen Brief auf türkisch, da es Dinge gibt, die ich besser ausdrücken möchte.
Wie auch im letzten Gefangenen Info erwähnt wurde, wird dem in Bochum inhaftierten revolutionären Gefangenen Sadi Naci Özpolat seit einiger Zeit Einheitskleidung aufgezwungen. Wie ich vor einigen Tagen zuletzt erfahren habe, hat Sadi dagegen einen Hungerstreik begonnen. Er befindet sich heute im 25. Tag seines Hungerstreiks. Und ich befinde mich seit heute früh in einem Hungerstreik, um ihn zu unterstützen.
Der Zwang der Einheitskleidung ist ein schwerer Angriff gegen politische – revolutionäre Gefangene. Es ist ein Angriff gegen ihre politische Identität. Das kann nicht akzeptiert werden. Und insbesondere wir als revolutionäre Gefangene aus der Türkei können das gar nicht akzeptieren.
Wir haben uns gegen den Zwang der Einheitskleidung, der zur Zeit des Militärputsches vom 12. September 1980 in der Türkei auf die Tagesordnung trat, in mühevolle Widerstände begeben. In diesen Widerständen sind unsere Freunde gestorben. Du kannst dir vorstellen, was für ein massiver Angriff es ist, all die Geschehnisse beiseite zu zu drängen und uns erneut die Einheitskleidung aufzuzwingen. Dies ist für uns eine Situation, die sogar jenseits der Folter liegt.
Dabei soll es im Bochum Gefängnis nicht einmal so sein, dass alle die Einheitskleidung tragen müssen. Und weil es so ist, wird dieser Zwang gegen Sadi bewusst getan. Es ist vorsätzlich. Dies kann auch nicht mit so simplen Begründungen wie Fluchtgefahr erklärt werden.
In diesem Kampf erwarte ich die Unterstützung von dir und allen GenossInnen, die ich erreichen kann. Auch Pit Scherzl habe ich gestern einen Brief geschrieben und versucht, es ihm auf deutsch zu erklären, soweit es mein deutsch zuließ. Ich weiß nicht, wann meine Briefe euch erreichen werden. Mein Prozess läuft momentan vor dem 6. OLG. Und seitdem die sich damit befassen, dauert der Briefverkehr wieder länger.
Mit innigesten Grüßen und in Liebe…
Gib auf dich acht.
Faruk Ereren

Anmerkung : Der Brief erreichte den Absender erst am 21.1.2013