Israels bekannteste Menschenrechtsorganisation hat einen Bericht über die „Hölle” des israelischen Gefängnissystems veröffentlicht. Darin weist sie systematische Folter an palästinensischen gefangenen Männern und Frauen nach. Innerhalb der israelischen Rechten gibt es dafür Unterstützung – ein Regierungspolitiker verteidigte zuletzt offen die Vergewaltigung von Inhaftierten.
Infolge des 7. Oktober 2023 wurden vom israelischen Regime in extremer Geschwindigkeit mehr als ein dutzend Haftanstalten zu “Folter-Camps” umgewandelt, in denen derzeit noch etwa 9600 Palästinenser:innen in Gefangenschaft stecken, fast doppelt so viele wie vor der Offensive. Knapp 5000 von ihnen wurden ohne Gerichtsverfahren inhaftiert und erfahren meist nicht, was ihnen überhaupt vorgeworfen wird. Ein Teil dieser Gefangenen ist systematischer Folter ausgesetzt.
Das geht aus einem Anfang August veröffentlichten Bericht der israelischen Menschenrechtsorganisation B’Tselem unter dem Titel „Welcome to Hell – Das israelische Gefängnissystem als Netzwerk an Folterlagern“ hervor. Dieser besteht aus den Aussagen von 55 ehemalig Inhaftierten in Israels Gefängnissen und dokumentiert die verheerenden Umstände, unter denen die Gefangenen leben.
Angeordneter Terror in Gefangenschaft
Schon vor dem 7. Oktober waren die Gefängnisse überfüllt, doch kurz nach dem Angriff wurden die Einrichtungen in einen „Ausnahmezustand“ versetzt, der laut Bericht seither genutzt werde, um die Gefangenen noch schlechter zu behandeln. So würden in Zellen für sechs Personen tatsächlich 12-13 Menschen gefangen gehalten, die dann meist auf dem Boden schlafen müssten, sofern überhaupt möglich. Wasser, Nahrungsmittel und medizinische Versorgung würden immer wieder verwehrt und viele sähen Tage bis Monate kein Sonnenlicht.
Der Bericht listet auch konkrete Einzelschicksale auf: So wurde der 38-jährige Thaer Abu ‘Asab mit gewaltvollen Spuren tot in seiner Zelle aufgefunden – die Täter wurden nach heutigem Stand nicht verfolgt. Ein weiterer Fall war der 24 Jahre alte Diabetiker Arafat Hamdan, der nur zwei Tage nach seiner Festnahme tot aufgefunden wurde. Dabei handelt es sich laut B’Tselem nicht um Einzelfälle. Die Menschenrechtsorganisation geht von einer systematischen Anordnung aus, die ein einheitliches Protokoll in allen Gefangenenlagern vorsieht.
Neun IDF Soldaten festgenommen – Faschistische Proteste brechen aus
Ende Juli waren nun zuletzt neun Soldaten, die an der Sde Teiman Haftanstalt stationiert waren, aufgrund einer Ermittlung wegen Vergewaltigung an einem Palästinenser festgenommen worden. Dies hat eine Solidarisierungswelle in Teilen der israelischen Gesellschaft ausgelöst – auf Seiten der Vergewaltiger.
Nach der Festnahme brachen Proteste faschistischer Siedler gegen die Inhaftierung der Soldaten aus, welche das Lager stürmten. Anschließend wurden die festgenommenen Soldaten zum Beit Lid Militärstützpunkt gebracht, wo erneut Proteste ausbrachen.
Knesset debattiert Legitimität über Vergewaltigungen
Die Unterstützung erstreckt sich bis in das Parlament und die Regierung. So wurde in der Knesset, dem Parlament Israels, über das Recht auf Vergewaltigung debattiert. Als ein palästinensischer Politiker fragte, ob es „legitim sei“, einen „Stock in das Rektum einer Person einzuführen?“ antwortete Hanoch Milwidsky, Mitglied der Regierungspartei Likud: „Wenn er ein Nukhba [Hamas-Spezialeinheit; Anm. der Redaktion] ist, dann ist alles legitim. Alles.“
Auch der Finanzminister und der Minister für Innere Sicherheit sprachen sich für die Soldaten der IDF aus. Letzterer hatte bereits damit Schlagzeilen gemacht, dass er vorschlug, palästinensische Gefangene zu erschießen, um Platz für weitere zu machen.
Zwar sind derzeit in Rekordhöhe Palästinenser:innen in israelischer Haft, doch etwas Neues ist es nicht. Laut dem Bericht von B’Tselem wurden seit 1967 etwa 800.000 Palästinenser:innen aus dem Westjordanland, Ostjerusalem und dem Gazastreifen festgenommen, was etwa 20 % der gesamten Bevölkerung darstellt.