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Bundeswehr entwickelt Drohnen-Würmer zur Aufstandsbekämpfung in urbanem Gelände

Die Militäruniversität Hamburg forscht an schlangenförmigen Landrobotern gegen „Guerillas, Rebellen, Partisanen und Terroristen“. Die Würmer könnten sogar Treppen steigen

Mobiles Sensorsystem MSS. Bild: Andreas Breitfeld/WOERMS-Präsenetation

Die Bundeswehr will ein neues Aufklärungssystem („AufklSys“) entwickeln, das auf Mikrohydraulik basiert. Es handelt sich dabei um eine Art Wurm aus mehrgliedrigen Zellen, die mit unterschiedlich geladenen (sogenannten elektrorheologischen) Flüssigkeiten gefüllt sind. Dadurch wird der Landroboter beweglich und soll sogar Treppen steigen können.

Der schlangenförmige Antrieb wird als „unauffällige Fortbewegung“ gelobt. Ausgerüstet mit kleinen Kameras wird daraus ein „abstandsfähiges, operatives Aufklärungsmittel für echtzeitnahe und durchhaltefähige Lage-, Ziel- und Wirkungsaufklärung“ mit dem Akronym WOERMS („Wireless self-organised electrorheological Micro-Sensorsystem“). Entsprechende Missionen würden über eine „Bodenkontroll- und Relaiseinheit“ gesteuert. WOERMS wird für urbanes Gelände entwickelt und soll die Nachteile boden- und luftgestützter „abbildender Aufklärungsmittel“ minimieren. Zu überwinden sind etwa die „geringe bis mittlere Durchhaltefähigkeit“ und die „mittlere bis hohe Witterungsabhängigkeit“ (Flugroboter) sowie eine „geringe Eindringtiefe mit kleinem Einsatzraum“ (Landroboter). Die Würmer sollen durch eine Artilleriegranate über dem gegnerischen Gebiet verschossen werden und per Fallschirm behutsam landen. Als Schwarm aus mehreren Geräten würde so ein größeres Gelände aufgeklärt:

Nach der Verbringung bilden die MSS [mobilen Sensorsysteme] ein redundantes ad-hoc Funknetzwerk, um die eigene Position bzw. Aufklärungsergebnisse zu melden und Bewegungsbefehle zu empfangen. Jedes MSS ist mit einem Kamerasystem für die optische Aufklärung und die Bewegungssteuerung, sowie auftragsangepasst mit weiteren Sensoren, zum Beispiel Akustik- und Seismiksensoren oder ABC-Spürsonden ausgestattet. Nach der Verbringung sind die einzelnen MSS durch einen Bediener in der MBS fernsteuerbar.

Panzerabwehrwurfmine (PzAbwWMi) AT-2 (links); zwei MSS in Transportstellung in AT-2 Hülle (rechts). Bild: Andreas Breitfeld/WOERMS-Präsentation

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Das Ganze ist ernst gemeint und wird an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr beforscht. In der Projektbeschreibung wird ausdrücklich auf schlechte Erfahrungen der US-Armee in Vietnam sowie die unter dem US-General David Petraeus entwickelte Strategie zur Aufstandsbekämpfung Bezug genommen.

Der für WOERMS zuständige Hauptmann Andreas Breitfeld will das Projekt auf der Drohnen-Convergence„Unmanned Vehicles IV“ vorstellen, die Ende Mai von der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik abgehalten wird.

Als Szenario werden Kampfeinsätze („friedenserzwingende Operationen“) mit Streitkräften anderer Nationen angenommen. Das neue „AufklSys“ soll insbesondere gegen „Aktivitäten und Kampfhandlungen irregulärer und verdeckt kämpfender regulärer Kräfte“ zum Zuge kommen, wozu die Universität „Spezialkräfte, Guerillas, Rebellen, Partisanen und Terroristen“ zählt. Weil diese „urbanes und schwer zugängliches Gelände“ bevorzugen würden, brauche es die Würmer von WOERMS. Dadurch könnte auch ein Untertauchen nach etwaigen Anschlägen erschwert werden.

Als maximale Einsatzdauer werden zunächst 48 Stunden angenommen, in dieser Zeit soll das gegnerische Gebiet besetzt werden. Auch wenn einzelne Würmer von den „Guerillas, Rebellen, Partisanen und Terroristen“ gefunden oder zerstört würden („Aufklärung und ggf. Vernichtung“), sollen die verbleibenden Systeme im Schwarm weiter aktiv bleiben. WOERMS sei laut der Bundeswehruniversität „wiederverwendbar“.

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