Christoph von Hoeren gestorben

Erinnerung an einen politischen Gefangenen der BRD-Justiz
Am 2. Juni 2025 ist Christoph von Hoeren gestorben. Er hat viele Jahre in Hamburg als Buchhändler gelebt. Nicht viele Menschen werden wissen, dass Christoph von Hoeren als politischer Gefangener vor mehr als 35 Jahren lebensbedrohlich erkrankte. Er überlebte nur, weil er aus gesundheitlichen Gründen aus der Haft entlassen wurde. Das geschah allerdings nicht in der DDR, denn dann hätte von Hoeren zumindest eine kleine finanzielle Entschädigung für die staatliche Repression erhalten. Christoph war politischer Gefangener in Westdeutschland, die darf es dort offiziell nicht geben. Daher hat er auch nie eine Entschädigung für die Gefangenenschaft und die gesundheitliche Entschädigung bekommen. Christoph wurde 1988 wegen „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ (§129a StGB) zu 18 Monaten Knast verurteilt, weil er 1986 im damals linken Veranstaltungsraum Alte Pauline im ostwestfälischen Detmold auf einer Veranstaltung zur Zusammenlegung der politischen Gefangenen und für die Freilassung des schwererkrankten RAF-Inhaftierten Günter Sonnenberg einen Redebeitrag gehalten hat. Das allein reichte für ein 129a-Verfahren gegen drei Personen, die auf der Veranstaltung Reden gehalten haben. Zwei entzogen sich der Repression und gingen in die Illegalität. Christoph führte einen politischen Prozess und verteidigte die inkriminierte Veranstaltung. Er wurde vom Staatsschutzsenat zu einer 18monatigen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt.
In Bielefeld gab es damals eine Solidaritätskomitee, das von der antiimperialistischen und autonomen Szene bis zu Teilen der Grünen reichte, die damals in Bielefeld noch links blinkten. Am 30.Oktober sollte Christoph die Haft antreten. Dagegen prostierten über 1000 Menschen mit einer Demonstration, die in unmittelbarer Nähe des Arbeiterjugendzentrums (AJZ) in der Heeperstraße in Bielefeld von der Polizei eingekesselt wurde. Es dauerte mehrere Stunden, bis die Demonstrant*innen von der Polizei festgenommen und kontrolliert wurden. Darunter war auch Christoph, der anschließend in ein Bielefelder Gefängnis nach Brackwede überstellt wurde.
Kampf um Leben und Tod

Doch der Kampf um seine Freilassung ging weiter und intensivierte sich. Denn schnell stellte sich heraus, dass es dabei um Leben und Tod ging. Seinen ersten körperlichen Zusammenbruch erlitt Christoph am 1.März 1989, als sein linker Lungenflügel zusammenklappte. Die Medizinerinnen sprachen von Mantelpneu oder Pneumothorax. Christoph wurde aus Brackwede I auf die Intensivstation des Knastkrankenhauses Fröndenberg verlegt. Kaum war sein linker Lungenflügel annähernd verheilt, bekam er einen Rückfall, und sein rechter Lungenflügel klappte zusammen. Zudem stellen die Medizinerinnen eine schwere rheumatische Erkrankung bei Christoh fest. Den Solidaritätskomitees war klar, dass eine Behandlung unter Haftbedingungen nicht möglich war und forderten die sofortige Freilassung von Christoph. Nachdem sich die Repressionsorgane zunächst geweigert hatten, entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf schließlich auf Antrag von Christophs Anwält*innen eine Haftunterbrechung. Christoph kam am 19. September 1989 fast ein Jahr seiner Festnahme frei. Er brauchte viele Jahre, um seine gesundheitlichen Probleme, die durch die Haft auf jeden Fall verschärft wurden, zu therapieren. Angesichts seines frühen Todes sollte einmal mehr daran erinnert werden, dass die politischen Gefangenen der BRD-Justiz nie rehabilitiert wurden. Wie Christoph wurden viele Linke kriminalisiert, weil sie Veranstaltung zur Solidarität mit den Gefangenen aus RAF und Widerstand organiertenn. Es ist die Aufgabe von uns, Menschen, die damals Teil der politischen Kämpfe waren, dafür zu sorgen, dass sie nicht vergessen werden. Und wir sollten daran erinnern. Heute sind es vor allem kurdische und türkische Linke, die in deutchen Knästen sitzen, weil sie ganz legale politische Arbeit wie die Solidarität mit Gefangenen organsieren.
Peter Nowak
Der Autor lebte damals in Bielefeld und war Teil der Solidaritätsbewegung für Christoph