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Die Rote Hilfe International und die Auflösung des CCCPSRI

Einleitung: Die GenossInnen der Minderheitsposition innerhalb der Ex-CCCPSRI in Italien haben als Folge der Auflösung der CCCPSRI einen kritischen Text gegen die RHI-SRI in Umlauf gebracht. Auch die Mehrheitsposition der ehemaligen CCCSRI, welche (unter dem Nahmen Collettivo contro la repressione per un SRI – Kollektiv gegen die Repression für eine RHI) im Prozess des Aufbaus der roten Hilfe International verbleiben, hat sich ebenfalls geäussert. Als Kommission für eine RHI möchten wir vom Gesichtspunkt des RHI-Projektes aus intervenieren.

Die Minderheitsposition der ex-CCCPSRI ist für uns nicht neu. Sie übertrug sich in die italienische Praxis in Form der Schwierigkeiten, eine volle und ganze Dialektik zwischen der nationalen Arbeit und dem Aufbauprozess einer RHI herzustellen. Denn der Aufbauprozess der RHI und der Strukturen wie die „Kommission für eine RHI“, das internationale Sekretariat, die internationalen Arbeitskonferenzen können nur in der Interaktion mit authentischen nationalen militanten Kräften einen Sinn machen. Ohne diese Interaktion dreht sich die internationale Arbeit im Kreis: Sie kann dazu beitragen, die nationale militante Arbeit zu bereichern, ihr Qualität zu geben und sie zu stärken, aber sie kann nicht ihre Funktion erfüllen. Und hinter der Kritik der Minderheit der ex-CCCPSRI profiliert sich die Figur des pyromanischen Feuerwehrmanns.

Ein Aufbauprozess

Das Aufbauprojekt einer RHI ist nicht ein einfaches Projekt der Koordination, des Austauschs von Informationen und Mittel.
Es geht nicht darum, eine internationale Agitationskampagne zu machen, dann eine andere und dann noch eine andere.
Es geht nicht einfach darum, auf die Angriffe der Konterrevolution nur zu „reagieren“.
Unser Prozess ist ein organisatorischer Aufbauprozess, der nicht nur quantitativ (mehr Kräfte), sondern auch qualitativ (vereinheitlichte Kräfte, die immer besser zusammenarbeiten können) sein soll.
Es ist ein Prozess, der auf eine verstärkte Einheit hinzielt.
In dieser Perspektive genügt es nicht, sich über die Unterschiedlichkeiten zwischen den teilnehmenden Kräften Rechenschaft abzulegen (politische, ideologische und organisatorische Differenzen und Unterschiedlichkeiten, die aus ihrer Geschichte, ihrer nationalen politischen Kultur etc. herrühren). Von diesen Unterschiedlichkeiten ausgehend müssen wir Analysen und Methoden zur Stärkung unserer Einheit erarbeiten, suchen, was synthetisiert, vereinigt oder angenähert werden kann, sowie Mittel suchen, um mit den nicht reduzierbaren Differenzen so umzugehen, dass sie den Prozess nicht lähmen.
Der Aufbauprozess der RHI impliziert eine schwere Arbeit von Analysen der internationalen und nationalen Realität, der Gegebenheiten der militanten Kräfte und der spezifischen Probleme der Repression innerhalb der Dialektik Kampf//Repression/Widerstand: Er
impliziert auch die Erarbeitung von Methoden, welche so verschiedenartigen Gruppen nicht nur die Zusammenarbeiten ermöglichen, sondern auch die Verbesserung der gemeinsamen Arbeit.
Es wurden Analysen erstellt über für uns so wesentliche Fragen wie die gegenwärtige Konterrevolution (Gesetze, Apparate, Strategien, Taktiken, Techniken etc.) oder den politischen Prozess (wie er von Angeklagten geführt und wie von Unterstützungskräften Kampagnen gemacht werden soll, etc.). Die Tatsache, dass wir gemeinsam Dokumente produzieren konnten, die von allen teilnehmenden Kräften akzeptiert und für gültig erklärt wurden (und dann übersetzt und breit verbreitet) ist ein indiskutables Zeichen des erreichten Fortschritts in unserer Einheit.

Wir könnten zu unserer Verteidigung unsere streng „militante“ Bilanz vorbringen, zum Beispiel der grosse Erfolg der Kampagnen der RHI für Georges Abdallah oder für Marco Camenisch, oder die Arbeit bezüglich Abwehrtechniken gegen polizeiliches Ausspionieren (Analysen, theoretische und praktische Schulungen), oder die Tausende von Plakaten, Broschüren, in ganz Europa gestreute Flugblätter oder das Echo, das wir den Worten der revolutionären Gefangenen gegeben haben.

Aber das Wesentliche der internationalen Arbeit ist zwar nicht versteckt, aber unsichtbar: Es ist der Fortschritt der Mittel, um mit immer grösserer Einheit und Kohärenz „zusammen zu arbeiten“
Unter diesem Gesichtspunkt sind die im kritischen Dokument erwähnten drei Beispiele erhellend: das der Kampagne „lange Strafen“, das der Bilanz der Krise von 2002 und das der Konferenz von Mailand. Mit ihrer Erwähnung schiessen sich unsere KritikerInnen jedes Mal ins eigene Bein.

Erstes Beispiel: Die Kampagne „Lange Strafen“

Der Vorschlag für eine Kampagne für die Freilassung der revolutionären Gefangenen mit langen Strafen wurde von allen teilnehmenden Gruppen mit Begeisterung angenommen. Diese Thematik erlaubte es, Verbindungen herzustellen, welche die Daseinsberechtigung der RHI ausmachen:
zwischen dem Einzelnen und dem Allgemeinen
zwischen dem Nationalen und dem Internationalen
zwischen der speziellen Solidaritätsfront und dem revolutionären Kampf in seiner Gesamtheit.
Dazu gab es ein Problem in Italien: Eine wichtige Gruppe revolutionärer Gefangener lehnt diese Thematik ab mit Argumenten, die der Geschichte der revolutionären Bewegung in

Italien angehören, und zwar hauptsächlich weil diese Thematik (gegen „lange Strafen“ zu kämpfen) bis dazumal von den LiquidatorInnen und Dissoziierten monopolisiert worden war.
Die Position der Gefangenen war vollkommen ehrenwert, aber es gab zwei Arten, das Problem anzugehen:
entweder auf die Kampagne in Italien zu verzichten, weil sie nicht der „nationalen Realität“ entsprach und „Probleme verursachte“;
oder sie zum Anlass einer Debatte zu nehmen (beginnend mit einer Debatte mit den Gefangenen).
Diese Debatte wäre eine Gelegenheit gewesen, eine der hauptsächlichen Schwierigkeiten eines internationalen Aufbaus zu thematisieren, nämlich dass zu den unterschiedlichen Realitäten der Organisierung und den unterschiedlichen politischen Realitäten (die jedermann schnell verstehen kann) Unterschiedlichkeiten der nationalen politischen Kulturen hinzukommen (die schwerer zu identifizieren sind, weil sie sich in ideologische Kategorien kleiden). Diese Debatte hätte Gelegenheit geboten, den Gefangenen zu zeigen, dass die Zurückhaltung beim Thema „lange Strafen“ eine Eigenheit in Italien ist, dass die revolutionären Gefangenen auf der ganzen Welt das aus einer vollkommen revolutionären Grundlage zum Thema machen und dass die Opposition der Gefangenen gegen dieses Thema daher vielleicht eher zu ihrer politischen Kultur gehört als zu einer spezifischen Analyse darüber, was objektiv der Revolution und was der Konterrevolution dient.
Na ja, schliesslich interessieren die konkreten Resultate der Debatte nicht so sehr (Kampagne oder keine Kampagne zu diesem Thema in Italien). Ein Schritt unter RevolutionärInnen hätte gemacht werden können für das Verständnis der gegenseitigen Realitäten, und somit für das Verständnis der globalen Realität. Aber das Interesse an dieser Debatte entzieht sich denen, die den Internationalismus als eine Investition beurteilen, die kurzfristig und auf nationaler Ebene etwas einbringen muss, und nicht als eine strategische Dimension des revolutionären Kampfes.

Zweites Beispiel: Die Bilanz der Krise von 2002

Es ist bemerkenswert, dass unter den Kritiken die angeblich fehlende Analyse der Krise von 2002 aufgeführt ist. Diese Bilanz existiert nicht nur (sie war das Thema der sehr langen und detaillierten Resolution vom 4. September 2006 der Kommission, die in der Nr. 2 unserer Zeitschrift Internationale Solidarität publiziert wurde), sondern es wurde genau festgehalten, dass die Krise unserer Dynamik nicht auf Grund der Schwäche des Projekts der RHI (nach der Plattform für eine RHI von 2001) bestand, sondern auf Grund des fehlenden politischen Willens einiger Kräfte, diese Prinzipien ausserhalb ihrer unmittelbaren politischen Interessen umzusetzen. Im 2002 wollten einige Kräfte die Plattform für einen RHI von 2001 nur anwenden, wenn es irrem organisatorischen/nationalen/unmittelbaren Projekt und den politischen Kämpfen, die sie gegen andere revolutionäre Tendenzen führten, diente.
Die revolutionäre Bewegung und vor allem die kommunistische Strömung hat eine grosse Erfahrung in der Zusammenarbeit mit sogenannten Frontorganisationen. Leider wird aber diese grosse Erfahrung oft für die Unterwanderung und Instrumentalisierung dieser

Organisationen zum Vorteil des leninistischen Zentrums genutzt mit der Idee, es gäbe nichts von der Arbeit an der Front zu lernen.
Im Gegensatz gründet der Prozess der Konstitution der RHI auf der These, dass eine RHI, die ihre Prinzipien strikt anwendet, für alle Beteiligten der revolutionären Bewegung einen Vorteil bietet ( angefangen bei der Weigerung, sich für bewegungs-interne politische Kämpfe instrumentalisieren zu lassen). Die strategische Bedeutung der RHI für die ganze revolutionäre Sache hängt davon ab, dass die RHI nicht direkt einem einzelnen politischen Projekt dient. Der Aufbau einer transnationalen Unterstützungsorganisation für die revolutionären Gefangenen und für den Widerstand gegen Repression ist weder Fassade noch Vorwand: Es ist eine authentische Notwendigkeit für die revolutionäre Bewegung.?Soviel zur Analyse der Krise von 2002, eine Analyse, die richtig war und die die Minderheit der ex-CCCPSRI, sehr symptomatisch, nicht berücksichtigen will.

Drittes Beispiel: Die Konferenz von Mailand

Und es war dasselbe beim Beispiel der Konferenz in Mailand. Das Ereignis vom Juni 2010 (eine Kritik vom Delegierten der Kommission, dass ein Beitrag eines islamistischen Gefangenen vorgelesen werden sollte) war sicher unschön, aber es war nur der Anfang einer langen Geschichte mit positivem Ende.
Dieses Ereignis hat gezeigt, dass es in der Plattform für die RHI von 2001 eine Ungenauigkeit gab. In der Plattform hiess es, man sollte die antiimperialistischen Gefangenen unterstützen und nicht die Gefangenen der sozial reaktionären Projekte. Allerdings gibt es Gefangene, die gleichzeitig beide Kategorien darstellen. Das Ereignis in Mailand führe zu langen Diskussionen: eine Diskussion, um eine Methode zu finden, mit dieser Art von Widersprüchen umzugehen, und eine Diskussion, um die Plattform zu verfeinern, damit sich nicht wieder so etwas ereignen würde. Das Resultat dieses Ereignisses war also, dass eine grössere Einheit erreicht und die Arbeitsmethoden verbessert wurden. Es ist nur möglich, Dieses Ereignis in Mailand scheint nur dann „schrecklich“, wenn man all diese Arbeit ignoriert und sie den organisatorischen/nationalen/unmittelbaren Interessen unterordnet.

Scheitern des Internationalismus

Unsere Arbeit für die Qualifizierung der Einheit anhand der vorliegenden Schwierigkeiten wird im kritischen Dokument vollständig ignoriert. Das Dokument ist ganz von einer organisatorisch/nationalen/unmittelbaren Sicht beengt und voller Unverständnis der Probleme und Perspektiven für den Aufbau der RHI.
Weil diese Aufbau- und Qualifizierungsarbeit nicht eine unmittelbare „Rendite“ auf die militanten Investitionen auf nationaler Ebene einbringt, gibt es in der Kritik diese Idee, das die Arbeit auf nationalem Niveau eine „Substanz“ und einen „richtigen Kampf“ annimmt, während die internationale Arbeit nur „Schein“ und „Subjektivität“ hervorbringe.

Die Früchte der nationalen militanten Arbeit sind direkt konkreter als die Früchte der internationalen Aufbauarbeit, aber schon nur der Versuch, diese mit den selben Ellen zu messen, zeugt von schweren Lücken im Internationalismus.
Diese Schwächte der internationalistischen Perspektive fällt nicht vom Himmel. Es ist das klassische Attribut eines Landes, das eine sehr reiche Geschichte und eine sehr reiche
Aktualität von Klassenkämpfen und revolutionären Kämpfen hat. Es erstaunt nicht, diese Schwäche des Internationalismus in grossen Ländern wie Italien oder Spanien zu finden, wo die internationalistische Arbeit trotz der erklärten guten Vorsätze immer begrenzt war, und das in fast allen revolutionären Strömungen.

Aufbau und Kontinuität

Der internationale Aufbauprozess ist lang und mühsam. Wir können nur in langsamen und sicheren Schritten vorankommen – was wir seit 2001 tun, und insbesondere von 2005 an, seit die internationalen Arbeitskonferenzen abgehalten wurden. Jedes Jahr sah Fortschritte in der Einheit, das Schmieden und die Verwurzelung neuer Methoden.
Wir werden diese Arbeit fortsetzen trotz denen, die darin kein Interesse sehen können (und die infolgedessen gut daran tun, wegzugehen).
Die Fähigkeit, mehrjährige internationale Kampagnen zu führen, der Widerstand, den wir als Antwort auf die Polizeiangriffe gegen uns in mehreren Ländern und bei mehreren Gelegenheiten unter Beweis stellten, und die beträchtlichen Fortschritte in der Einheit der am Prozess teilnehmenden Kräfte sind drei kraftvolle Anzeichen, dass wir auf gutem Weg sind.

Die internationale Klassensolidarität aufbauen!
Den Kapitalismus zerschlagen!

Kommission für eine RHI-SRI (Brüssel – Zürich)