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Drei unserer Freunde sind angeklagt – Pressemitteilung des Refugee Protests in Berlin

01.04.2015
Pressemitteilung des Refugee Protests in Berlin
Drei unserer Freunde sind angeklagt

Drei unserer Freunde befinden sich seit dem 10. Dezember 2014, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, in Untersuchungshaft.

 

Am 10. Dezember 2014 wurden während einer unangekündigten Brandschutzkontrolle des Bezirks in Begleitung der Polizei ab 5 Uhr morgens zwei Bewohner der Ohlauer Schule aus dem Schlaf gerissen und verhaftet. An Respektlosigkeit nicht zu überbieten, wurde ein weiterer
Bewohner am darauf folgenden Tag auf der Trauerfeier für die Refugee-Aktivistin Sista Mimi vor der Schule verhaftet. Sista Mimi war eine Aktivistin, die in der Schule gewohnt hat und am Nachmittag des 10.Dezember verstorben ist.

Unsere Freunde befinden sich seitdem in Untersuchungshaft in der JVA Moabit.
Gegen alle drei lautet die Anklage: Gemeinschaftlich versuchte gefährliche Körperverletzung gegen Polizeibeamte. Der Vorwurf bezieht sich auf die Zeit der Dachbesetzung der besetzten Schule in der Ohlauer Straße in Berlin-Kreuzberg im Juni/ Juli 2014.

Der Prozess beginnt am 07. April 2015.
Im Frühjahr 2012 organisierten Geflüchteten den Protestmarsch von Würzburg nach Berlin. Zur Ankunft in Berlin wurde das Protestcamp auf dem Oranienplatz errichtet. Die Menschen bauten sich hier nicht nur eine zentrale Anlaufstelle ihrer politischen Diskussionen und Aktionen auf,
sondern errichteten Zelte, als alternative Unterkunft zu den Lagern. Der Protest gegen Lagerunterbringungen, Residenzpflicht, für das Recht auf Arbeit und ein eigenständiges Leben waren und sind Zentrum dieses Protests.

Die Schule in der Ohlauer Straße wurde am 8. Dezember 2012 besetzt. Menschen, die sich am Protest auf dem Oranienplatz beteiligt hatten, brauchten Wohnraum, einen Rückzugsort und Räumlichkeiten, um ein International Refugee Centre aufbauen zu können. Es entstanden
verschiedene Projekte wie z.B. der International Women Space, eine Theatergruppe, ein Musikprojekt, eine Siebdruckwerkstatt und viele weitere. Polizeieinsätze und Stellungnahmen von Politiker_innen versuchen immer wieder, Menschen zu kriminalisieren, die in der ehemaligen Schule gelebt haben und bis heute dort leben. Trotzdem hat die politische Bedeutung dieses Protestortes der Geflüchteten die Grenzen von Deutschland weit überschritten.
Der Oranienplatz wurde am 8. April 2014 durch ein umstrittenes Abkommen mit der Sozialsenatorin Dilek Kolat unfriedlich und polizeilich geräumt. Nach und nach wurden alle Menschen, die sich beim Senat registriert haben, aus den temporären Unterkünften auf die Straße gesetzt und ihr Asyl-Verfahren in Berlin wurde abgelehnt. Auch das letzte Vertrauen in die Gespräche mit dem Senat ist daraufhin verflogen.

Als im Sommer 2014 den Bewohner_innen der Ohlauer Schule vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gedroht wurde, sie würden polizeilich geräumt, wenn sie sich nicht registrieren ließen und in temporäre Unterkünfte umzögen, gab es bereits gar kein Vertrauen mehr in das Oranienplatz-Abkommen mit Kolat und die Versprechen des Bezirks. Und es blieb nicht bei einer Drohung.  Ohne Terminankündigung standen am 24.06.2014  Busse, begleitet von einem Großaufgebot der Polizei, vor den Türen der Schule. Ohne ausreichende Informationen wurde ein Großteil der Bewohner_innen abtransportiert und in Lagern in Berlin vorübergehend untergebracht. Viele von ihnen sitzen mittlerweile aufgrund dieser Räumung und des umstrittenen Abkommens mit Kolat wieder auf der Straße oder wurden bereits abgeschoben.
Einige Bewohner_innen besetzten am Tag der Räumung das Dach der Schule und die bekannte Polizeibelagerung des Ohlauer-Kiezes begann. Während der Belagerung waren die verbliebenen Bewohner_innen dauerhaft Schikanen durch die Polizei ausgesetzt: Mit Strahlern wurde permanent in die Schule geleuchtet, die Polizei hat sich immer wieder im Hof gesammelt und sich dann wieder geschlossen entfernt, um psychischen Druck auf die Leute auszuüben. Jede Nacht drohte die Gefahr einer gewaltsamen Räumung. Mehrmals am Tag kreisten Hubschrauber über das Gebäude. Zu Beginn der 9 Tage auf dem Dach wurde kein Essen in die Schule gelassen. Es gab keine Dusche im Gebäude. Medizin wurde nicht durchgelassen, trotz ernster Krankheitsfälle. Trotz der Polizeibelagerung wurden permanent Verhandlungen mit dem Bezirk geführt.

Am Ende entstand ein Einigungspapier zwischen Bezirk und Bewohner_innen. Diese Einigung wurde im Nachhinein einseitig vom Bezirk als nichtig erklärt. Die Kriminalisierung der übrig gebliebenen Bewohner_innen und die Räumungsdrohungen werden hingegen weitergeführt.
Der Ausgangspunkt für die Proteste, die zur Besetzung des Oranienplatzes und der Ohlauer Schule geführt haben, ist der Tod von Menschen in Lagern. Der Kampf richtet sich bis heute gegen Lagerunterbringungen und steht für ein selbstbestimmtes Leben.

Das einzige Angebot, das den Menschen vor der Dachbesetzung im Sommer 2014 gemacht wurde, ist: Zurück ins Lager zu gehen! Dorthin, wo Menschen sich –auf Grund der Bedingungen– das Leben nehmen.

Der Refugee Protest geht weiter:
*Gegen die Unterbringung in Lagern!*
*Gegen Abschiebungen!*
*Für das Recht auf Arbeit!*
*Für ein selbstbestimmtes Leben!*
*Für die Freilassung unserer Freunde!*
*Solidarität kennt keine Mauern!*

Mehr: http://oplatz.net