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(Frankreich) Zwei Briefe vom anarchistischen Gefangenen Damien

1) Wörter des anarchistischen Gefangenen Damien

14. März 2020

Hallo Gefährt*innen, danke für eure Unterstützung.

Ich wurde wegen Raub verhaftet, während ich auf der Flucht war. Die Bullen sind darauf gekommen dass ich auf der Flucht war und sie haben mich geschnappt.

Tatsächlich war es so, dass die Polizeibeamten, die ich nach der Verprügelung die sie mir gegeben hatten, öffentlich angezeigt hatte, führte zu einem weiteren Repressionsfall. Sie reichten eine Anzeige gegen mich wegen Verachtung und Rebellion ein. Ich wurde nie vor Gericht gerufen, weil die Bullen die Dokumente, die mich über den Prozess informierten, gefälscht hatten.

Sie fälschten auch die Zustellung des Gerichtsbeschlusses über die 5-monatige Haftstrafe.

Dann befand ich mich unwissentlich auf der Flucht, ohne jede Möglichkeit der Verteidigung oder Berufung gegen die Entscheidung oder für eine Anpassung des Urteils. An dem Tag, als die Bullen mich in die Finger bekamen, warfen sie mich ins Gefängnis, das ist alles.

Ich lehne die Solidarität all jener ab, die sich von dem Angriff auf die Realität distanzieren.

Damien, MA von Pau am 10. März 2020

2) Frankreich „Knast während der Einsperrung/Ausgangssperre“, ein Wörter von Damien

2. April 2020

Es ist fast ein Pleonasmus!

Einige von euch kennt das Gefängnis, immer mehr stellen es sich ohne jegliche Aktivität vor. Nur in der Zelle und eine Stunde Hofgang pro Tag. Alles wird geschlossen und das Personal wird reduziert. Wir haben keinen Sport, keine Schule, keinen Sozialdienst, keine Krankenstation, keine Besuchsräume. Es ist nicht so hart wie die DPS-Einzelhaft, die ich durchmachte, als ich des Terrorismus beschuldigt wurde, aber es kommt näher. „Gefängnis innerhalb eines Gefängnisses“, sagte Xosé Tarrio.

Die Zeit ist lang, wenn man nicht einmal in die Bibliothek gehen kann, um ein Buch auszuleihen, wenn der Kraftraum geschlossen ist.

Auch die Haltung der Wachen ändert sich: Sie tragen Masken und meiden uns. Selbst bei der kleinsten Anfrage wird alles komplexer. Außerdem sind Briefmarken eine seltene Ware, weil sie vergriffen sind. Jedenfalls zählte ich zwischen einem Brief und der Antwort einen Monat Verspätung, wegen der Briefe, die sich in den geschlossenen Sortierzentren ansammeln.

Die Besuchsräume sind geschlossen, so dass keine Scheiße (A.d.Ü., Drogen) mehr ins Gefängniskommt. Ich persönlich rauche nicht, aber man muss die Konsequenzen verstehen. Das Gefängnis ist ein explodierender Schnellkochtopf, alle stehen unter Stress, einige, weil sie ihre Dosis nicht haben, andere, weil die gesamte Schattenwirtschaft stagniert. Hier ist die Wirtschaftskrise bereits im Gange, die Preise steigen und das „Geld“ im Umlauf verschwindet (Geld = Scheiße (A.d.Ü., Drogen) und Zigaretten).

Ohne Geld, in einem kapitalistischen System, ist Solidarität nicht möglich.

Im Moment haben wir keinen Kaffee, keine Zigaretten, nicht genug zu essen, nicht einmal ein Mindestmaß an Hygiene. Ich selbst leide enorm unter der Situation, denn ohne eine Schattenwirtschaft und eine interne Solidarität reicht die Solidarität der Gefährt*innen [draußen] nicht aus, um das Minimum zu erreichen, das ich bräuchte. Vor allem, weil ich in einer Zelle mit einem Gefährten ohne Papiere sitze, der nichts und niemanden hat und mit dem ich alles teile, auch meinen Anwalt und mein Haus draußen.

Auf der anderen Seite gab es einen positiven Effekt, den ich nicht genutzt habe. Alle die für kurze Strafen verurteilt wurden, außer mir, sind aus dem Gefängnis, ihre Strafen wurden aufgehoben. Ich bin die Ausnahme, weil ich vor einigen Jahren unter dem Vorwurf des Terrorismus inhaftiert wurde und in der gleichen Datei/Kartei wie die Dschihadisten stehe.

Als ich von einem Spaziergang zurückkam, bei dem ich Gelegenheit hatte, über diesen offenen Brief zu sprechen, kam bei dem Gesprächen heraus, dass ich es versäumt hatte, über das Hygienematerial zu sprechen, das uns nicht zur Verfügung steht. Zu Beginn der Epidemie erhielten wir 20 Zentiliter Bleichmittel, verdünnt auf 2%, und das war’s. Als wir um Besen und Mopps für die Reinigung unserer Zelle baten, geschah dies nie. Reinigungsprodukte, einschließlich Bleichmittel, sind teuer, und wir können sie uns nicht leisten. Andere Häftlinge wiesen auf den Mangel an Schutzausrüstung hin, die der Staat dem Gefängnis und den Rettungsschwimmern zur Verfügung stellt. In der Tat können nur die Schließer, die gehen und zurückkehren, das Virus übertragen, oder wenn sie nicht mit Schutzausrüstung ausgestattet sind, riskieren sie, uns zu kontaminieren. Angesichts der Überfüllung und der Nähe im Knast werden jedoch, wenn das Virus eindringt, egal welche Maßnahmen ergriffen werden, ausnahmslos alle infiziert, und nur die Stärksten werden das Gefängnis verlassen.

Ich nutze diesen Brief, um allen meinen Gefährt*innen solidarisch zu danken, um all die Bastarde zu ärgern, die seit einigen Jahren eine falsche Anschuldigung (und das ist bewiesen) benutzen, um meine Taten und Äußerungen heute zu diskreditieren.

Und ich nutze diese Gelegenheit auch, um [die sich mit mir in Verbindung setzen möchten] zu bitten, mir eine Telefonkarte zu schicken, damit ich die Erlaubnis habe, mit euch telefonisch zu kommunizieren, denn die Post ist zu langsam.

Ein besonderer Dank geht an die Compas von Bure für ihren schönen Brief … mit all den Zellen, die im Licht oder im Schatten agieren, um die Gefängnisgesellschaft zu durchbrechen.

Damien

Maison d’arrêt de Pau

2. April 2020

Anmerkung: Der Gefährte fügt hinzu, dass die Schließer die Rationen auf dem immer kleiner werdenden Teller mit Essen, das sie wegen der Schwierigkeiten, die das Gefängnis wegen des „Mangels“ hätte ausgeben müssen, rechtfertigen… Er sagt auch, dass es in den letzten Wochen Versuche gegeben hat, die Ausgänge zum Hofgang zu blockieren, aber sie sind schnell gescheitert.

Um Damien zu schreiben:

Damien Camélio
n° d’écrou : 28499
Maison d’arrêt de Pau
14 bis, rue Viard
64000 – Pau
France

Gefunden auf Publicación Refractario, die Texte wurden am 14. März und am 2. April veröffentlicht. Die Übersetzung ist von uns.

http://panopticon.blogsport.eu/2020/05/22/frankreich-zwei-briefe-vom-anarchistischen-gefangenen-damien/#more-1115