Am 18. Januar 2024 startet in Hamburg der neue große G20-Prozess zur Rondenbarg-Demo, die brutal von der Polizei zerschlagen wurde. Sechs Angeklagte stehen nun wegen des Vorwurfs „Schwerer Landfriedensbruch“ vor Gericht. Insgesamt sind 85 angeklagt. Gemeint sind nicht nur die Angeklagten, sondern wir alle, die wir – in Hamburg und überall – für ein besseres Leben für alle kämpfen. Gemeint ist aber auch das Demonstrationsrecht, das durch eine Verurteilung in diesem Prozess massiv eingeschränkt würde. Schließlich wird keiner der Angeklagten eine konkrete Tat vorgeworfen. In der ersten Instanz sind alleine mindestens 25 Prozesstage vorgesehen und dutzende Polizistinnen als Zeug*innen vorgeladen – der Staat meint es also ernst. Diverse Infos zum Prozess und zu den Hintergründen finden sich unter gemeinschaftlich.noblogs.org.
Zu den ersten beiden Prozesstagen am kommenden Donnerstag und Freitag – wie auch zu allen weiteren Folgenden – wird es Kundgebungen vor dem Gericht geben. Am Samstag 20.01. findet dann um 16 Uhr in Hamburg die Soli-Demo statt. Wir freuen uns auf rege Beteiligung! Auf der Demo wird es neben dem Bündnisblock unter anderem auch einen antiautoritären Block geben.
Infoveranstaltungen
Eine gute besuchte Infoveranstaltung fand letzten Dienstag in Berlin statt, ein Mitschnitt findet sich hier. Weitere Infoveranstaltungen in diversen Städten haben bereits stattgefunden oder sind geplant. Wir freuen uns, wenn ihr Lust habt auch in eurer Stadt was zu organisieren!
Gemeinsame Anreisen
Am Samstag den 20.01. wird der Solibus. Menschen aus Berlin nach Hamburg zur Demo bringen und abends wieder zurück. Abfahrt ist um 10:30 Uhr am Ostbahnhof, Infos und Tickets gibt es hier. Zugtreffpunkt für Kiel ist am 20.01. um 14:10 Uhr Hauptbahnhof Kiel – Abfahrt 14:25 Uhr.
Presse
Erste Presseartikel zum Prozess sind erschienen, unter anderem ein guter Artikel im ND und in der taz. Weitere Presseartikel, wie auch unsere aktuelle Pressemitteilung, findet ihr ebenfalls auf unserer Homepage. Gerade erschienen ist auch ein ausführliches Interview mit einer Angeklagten und Unterstützerinnen im Podcast 99 ZU EINS. Es gibt einen Pressespiegel auf der Kampagnenseite und auf der Rondenbarg-Sonderseite der Roten Hilfe. Sprecht gerne Pressemenschen an die ihr kennt, ob sie etwas schreiben wollen, oder schreibt selbst etwas!
Solierklärungen
Die Interventionstische Linke und die Rote Hilfe haben Soli-Erklärungen verfasst. Weitere Soli-Erklärungen sind herzlich willkommen!
Solidarisch aktiv werden
Durch den neuen Mammutprozess in Hamburg soll nicht nur nachträglich die brutale Polizeigewalt gerechtfertigt, sondern vor allem das Demonstrationsrecht dauerhaft für die Zukunft eingeschränkt werden. Es liegt an uns allen, diesen massiven Einschnitt gemeinsam zurück zu weisen.
Es gibt viele Möglichkeiten aktiv zu werden: Lasst uns Veranstaltungen organisieren, Flyer verteilen und Plakate kleben, Soli-Erklärungen verfassen, unsere Botschaften an Wände schreiben und vielfältig und kreativ und wütend unmissverständlich klarmachen: Die Proteste gegen G20 in Hamburg waren gut, richtig und wichtig! Die Welt muss dringend verändert werden – gemeinsam gegen Ungleichheit, Rassismus, Ausbeutung, Krieg, Patriarchat und die sonstigen Zumutungen der kapitalistischen Normalität! Eine Verurteilung unserer Freund*innen und die weitere massive Einschränkung des Demonstrationsrechts werden wir nicht hinnehmen!
Wenn ihr was mitbekommt von Soli-Aktionen, schickt uns gerne eine kurze Info.
Wir sehen uns auf der Straße – in Hamburg und überall!
18.01.2024: Prozessauftakt * Kundgebung * 8:30 Uhr * Landgericht
19.01.2024: 2. Prozesstag * Kundgebung * 8:00 Uhr * Landgericht
20.01.2024: Bundesweite Demo * 16:00 * Jungfernstieg Hamburg
gemeinschaftlich.noblogs.org
Justiz greift Versammlungsfreiheit an: Auftakt im Rondenbarg-Prozess
Der G20-Gipfel in Hamburg liegt inzwischen mehr als sechseinhalb Jahre zurück, aber die Repression geht weiter: Am 18. Januar 2024 beginnt der Prozess gegen sechs Gipfelgegner*innen, denen die Teilnahme an der Demonstration im Straßenzug Rondenbarg vorgeworfen wird. Damit gehen die Verfahren im sog. Rondenbarg-Komplex in die dritte Runde, nachdem zwei frühere Prozesse in Hamburg bereits ergebnislos abgebrochen wurden.
Für die sechs Angeklagten, die aus dem gesamten Bundesgebiet kommen, stellt die monatelange Verhandlung eine extreme Belastung dar: Es drohen Haftstrafen und hinzu kommen die häufigen Fahrten nach Hamburg, die einen geordneten Arbeits- oder Ausbildungsalltag undenkbar machen. Bisher sind 25 Verhandlungstage bis August angesetzt, die mit Solidaritätskundgebungen vor dem Gericht begleitet werden. Am 20. Januar 2024 findet zudem eine bundesweite Demonstration der Solidaritätskampagne „Gemeinschaftlicher Widerstand“ statt.
Hintergrund des Prozesses ist ein Demonstrationszug mit rund 200 Teilnehmerinnen, der am Morgen des 7. Juli 2017 auf dem Weg zu Blockadeaktionen war. In der Straße Rondenbarg in Hamburg-Bahrenfeld griff eine BFE-Einheit die Versammlung ohne Vorwarnung an, wobei zahlreiche Aktivistinnen teilweise schwer verletzt wurden. Im Nachgang wurden keine Polizeibeamtinnen für die brutale Auflösung der Demonstration belangt, aber über 80 angegriffene Gipfelgegnerinnen angeklagt.
In der Anklageschrift sind die Vorwürfe schwerer gemeinschaftlicher Landfriedensbruch in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte in besonders schwerem Fall, versuchte gefährliche Körperverletzung, die Bildung bewaffneter Gruppen und Sachbeschädigung aufgeführt. Nichts davon wird den Angeklagten individuell vorgeworfen, sondern es werden pauschal alle Demonstrant*innen beschuldigt. Indem eine angebliche „gemeinschaftliche Tat“ konstruiert wird, soll die Reform des Landfriedensbruch-Paragrafen (§ 125 StGB) wieder rückgängig gemacht werden: Seit 1970 muss bei diesem Vorwurf eine eigenständige Tatbeteiligung nachgewiesen werden und die bloße Anwesenheit reicht nicht mehr aus.
Im Nachgang des G20 plant die Justiz somit einen Frontalangriff auf die Versammlungsfreiheit. Bereits in einem früheren Prozess gegen Gipfelgegner*innen war das Konstrukt der „psychischen Beihilfe“ bemüht worden und im Rondenbarg-Komplex wird dadurch das Grundrecht noch weiter ausgehöhlt werden.
„Der Rondenbarg-Prozess ist ein Paradebeispiel politischer Justiz: Statt den äußerst brutalen Polizeieinsatz zu verfolgen, der elf Schwer- und Dutzende weitere Verletzte forderte, stehen die Angegriffenen vor Gericht“, erklärte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. „Mit dem Anklagekonstrukt sollen Versammlungen per se kriminalisiert werden. Sollte dieser Vorstoß Erfolg haben, ist künftig die bloße Teilnahme an einer Kundgebung oder Demonstration ein unkalkulierbares Risiko. Das wäre das Aus für das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, das seit Jahren immer weiter eingeschränkt wird.“ Abschließend forderte Sommerfeld: „Wir stehen solidarisch an der Seite der Angeklagten. Die Verfahren gegen G20-Gegner*innen müssen umgehend eingestellt werden. Wir rufen dazu auf, den Prozess solidarisch zu begleiten und sich an der Solidaritätskampagne zu beteiligen.“
Weitere Infos: https://rondenbarg-prozess.rote-hilfe.de/