Schon ist in Garmisch-Partenkirchen nicht zu übersehen, dass die Vorbereitungen auf den G7-Gipfel Ende des Monats auf Hochtouren laufen. Die Bevölkerung hat bei diesem Spektakel nichts zu lachen. – Ein Kommentar von Paul Gerber
Der G7-Gipfel auf Schloss Elmau: Viele der Protestierenden, die aus diversen alternativ geprägten Großstadtvierteln anreisen, stellen sich vermutlich darauf ein, dass sie am Ende des Monats in Garmisch-Partenkirchen gewissermaßen im Feindesland sein werden.
Damit ist nicht nur gemeint, dass der Staat solche unverhältnismäßig großen Massen von Polizist:innen und Geheimdienstlern in die Region bringen wird, dass Staatsdiener, die den Gipfel der selbsternannten Herrscher der Welt bewachen sollen, wirklich – fast – überall sein werden.
Auch die durchschnittlichen Bewohner:innen von Garmisch-Partenkirchen existieren in den Köpfen vieler Anreisender vermutlich hauptsächlich als karikaturhaftes Zerrbild eines konservativen bayrischen Landbewohners.
Zwar stimmt es, dass Garmisch-Partenkirchen so wie viele andere bayrische Gemeinden seit Jahren von CSU-Leuten reagiert wird, trotzdem ist die Stimmung in der Bevölkerung viel diverser und keinesfalls dem Gipfel auf Schloss Elmau gegenüber positiv eingestellt.
Massive Einschränkungen für alle Anwohner:innen
In Garmisch-Partenkirchen selbst dürften sich vermutlich die allerwenigsten wirklich über den Gipfel freuen. Er geht schon in den Wochen vor dem Gipfel mit massiven Einschränkungen einher, Gulli-Deckel werden versiegelt, Parkplätze werden gesperrt und ab dem 23. Juni soll mit der A95 eine wichtige Autobahn, die von München in Richtung des Gipfel fährt, für alle, die nicht nachweisen können, dass sie in der Region leben, gar nicht mehr befahrbar sein.
Schon jetzt ist beschlossene Sache, dass die Schüler:innen von 20 Schulen in der Region vorsorglich in den “Distanzunterricht” geschickt werden. Aber auch die Gastronomie und Betreiber von Tourismus-Unterkünften können sich vermutlich angenehmere und vor allem rentablere Gäste vorstellen, als die über 20.000 Polizist:innen.
Aus der Erfahrung von 2015 lernen: Auch Garmisch-Partenkirchen hat keinen Bock auf G7
Schon 2015 gab es Unterstützung durch die lokale Bevölkerung und viel Ablehnung für den Gipfel der G7; das konnte erleben, wer damals dort war. So basierte die Möglichkeit eines Protestcamps darauf, dass eine Wiese von einem lokalen Handwerksmeister angemietet werden konnte und – als das Camp zu voll wurde -, eine zweite Wiese vom Eigentümer eines angrenzenden Grundstücks zusätzlich gepachtet wurde.
Nach einem schweren Unwetter bei den Protesten vor 7 Jahren boten Anwohner:innen sogar Schlafplätze und andere Materialien als Unterstützung an. Die massiven Versuche der Herrschenden, einen Keil zwischen die Bevölkerung vor Ort und die zumeist angereisten Protestierenden zu treiben, ist also schon damals nicht geglückt, und viel spricht dafür, dass dies in diesem Jahr noch weniger gelingen wird, da die Nerven der Anwohner:innen ohnehin schon äußerst angespannt sein dürften.
Wenn wir uns am 24. Juni aus allen Teilen des Landes und Europas auf den Weg nach Garmisch-Partenkirchen machen werden, ist es deshalb wichtig, im Kopf zu behalten, dass auch vor Ort die kapitalistische Klassengesellschaft mit all ihren Widersprüchen herrscht; dass auch vor Ort zahlreiche Menschen leben, die wegen der massiven Krisenverwerfungen und der verschärften Wirtschaftskriegsführung, an der sich Deutschland beteiligt, um ihre Existenz fürchten müssen.
Ob es diesmal gelingt, die Bevölkerung vor Ort gegen uns Angereiste aufzubringen, hängt nicht nur von uns ab, aber wir können darauf Einfluss nehmen: indem wir die Menschen vor Ort als die sehen, die sie sind und entsprechend offen auf sie zugehen: Die allermeisten sind Arbeiter:innen und Kleinunternehmer:innen, die ebenso wie wir unter diesem System leiden. Auch für sie ist der Gipfel der Herrschenden auf Schloss Elmau eine Demütigung, die für einige Tage ihre Heimat in eine hochgradig militarisierte Zone mit Checkpoints und Polizeikontrollen an jeder Straßenecke macht.