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Greece: Verschärfung der Haftbedingungen, private Gefängnisse

Eine der ersten Regierungsentscheidungen nach dem Wahlsieg vom Januar 2015 galt der Abschaffung der Hochsicherheitsgefängnisse vom Typ „Gamma“, in denen hauptsächlich politische Straftäter wie Terrorverdächtige und verurteilte Autonome und Anarchisten eingesperrt wurden.
Heute, im dritten Regierungsjahr schickt sich die Regierung von Alexis Tsipras an, das Konzept der Hochsicherheitsgefängnisse der Vorgängerregierung der Nea Dimokratia nicht nur neu zu beleben, sondern zusätzlich zu verschärfen.

Die neuen Strafen für Häftlinge sind drastisch. Auf Selbstverletzung steht Isolationshaft. Die vorher geächteten Leibesvisitationen inklusive Vaginaluntersuchung und Analuntersuchungen durch Vollzugsbeamte wurden wieder eingeführt. Ob ein Haftinsasse an Bildungsmaßnahmen teilnehmen darf, soll künftig im Ermessen der Gefängniswärter sein. Angehörige und Freunde, die mit einem Haftinsassen kommunizieren, müssen einer Rasterfahndung und Überwachung zustimmen.

Bislang war es mit harter Arbeit in einer Art „Straflagern“ möglich, in einer Art Punktesystem Hafterleichterungen und Strafverkürzungen zu erreichen. Ein Gefängnisrat der Vollzugsbeamten kann nun entscheiden, ob die gewonnenen Punkte wieder aberkannt werden.

Schließlich wurden in der Woche vor dem Besuch des türkischen Präsidenten Recep Erdogan (7. und 8. Dezember) neun Kurden unter dem Vorwurf der Mitgliedschaft in der DHKP-C in Athen festgenommen. Die DHKP-C gilt innerhalb der EU als Terrororganisation. Konkrete Anschlagpläne konnten die Ermittler bisher nicht nachweisen. Allerdings wurden bei den Festgenommenen, acht Männern und einer Frau, unter das Waffengesetz fallende Waffen sowie „zum Bau von Explosivvorrichtungen“ erforderliches Material gefunden. Bürgerschutzminister Toskas streitet ab, dass es für die Verhaftungen Tipps seitens einer fremden Geheimdienstmacht gab.
Er kann jedoch nicht überzeugend erklären, warum die Festgenommenen, deren Polizeifotos in den griechischen Medien veröffentlicht wurden, offensichtlich geschlagen wurden. Die Anwälte der Kurden werfen der Polizei Folter und Misshandlungen vor. So seien die Klienten zusammengeschlagen worden, als sie um Wasser baten. Die gleiche Reaktion habe es für diejenigen gegeben, die nach einigen Stunden im Polizeigewahrsam darum baten, dass die mit Handschellen fixierten Hände statt hinter dem Rücken nach vorne dürfen.
Toskas behauptet, dass einer der Männer, der auf dem Polizeifoto mit arg ramponiertem Gesicht und dickem Kopfverband erscheint, bei der Festnahme auf dem WC gewesen sei. Dabei habe er sich verletzt, so Toskas. Ähnliche Bilder von Festgenommenen hatten zu Zeiten der konservativen Vorgängerregierungen bei SYRIZA für einen Aufschrei, parlamentarische Anfragen und spontanen Demonstrationszügen gesorgt.
Die Zeiten ändern sich, SYRIZA auch.
04.12.2017
https://www.heise.de/tp/features/Alexis-Tsipras-Vom-Revolutionaer-zum-Konservativen-3907283.html?seite=all

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