Bundesjustizminister Buschmann plant härtere Strafen bei Angriffen auf Polizei und Rettungskräfte. Die Pläne öffnen vor allem polizeilicher Willkür Tür und Tor. – Ein Kommentar von Quentin Klaas.
In der letzten Woche wurden Pläne aus dem Bundesjustizministerium bekannt, die eine Erhöhung der Strafen bei „Angriffen auf Vollstreckungsbeamte und Rettungskräfte“ vorsehen. Geplant sind zwei Änderungen: Einmal soll der §113 (StGB), der „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ unter Strafe stellt, verändert werden und durch die Bestrafung von „hinterlistigen Angriffen“ ergänzt werden. Zum anderen soll bei der Festlegung der Höhe der Strafe in Zukunft beachtet werden, ob „Auswirkungen der Tat geeignet sind, eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen“.
Die Innenministerin Nancy Faeser (SPD), die den Entwurf begrüßt, nennt als Grund unter anderem die Angriffe auf Polizist:innen und Feuerwehrkräfte in der Silvesternacht in Berlin vor eineinhalb Jahren. Dort hatten Jugendliche größtenteils Einsatzkräfte der Polizei mit Feuerwerk beschossen. Eine höhere Bestrafung sei ein „Stopp-Signal“ und würde in Zukunft dafür sorgen, dass Menschen abgeschreckt werden.
Bei einem kurz nach der Berliner Silvesternacht von der Berliner Bürgermeisterin Giffey (SPD) einberufenen „Jugendgipfel“ wurde dagegen noch beschlossen, die außerschulische Jugendsozialarbeit auszubauen und neue Orte für Jugendliche zu schaffen. Stattdessen werden nun repressive Maßnahmen beschlossen, die zur Einschüchterung dienen.
Schutz von Rettungskräften?
In den Plänen von Buschmann werden neben Polizist:innen auch Rettungskräfte und Ehrenamtliche genannt, die vor Angriffen geschützt werden sollen. Statistiken aus 2022 zeigen, dass etwa 2.500 und damit nur ca. 5 Prozent der Angriffe auf Rettungskräfte wie Feuerwehrleute abzielten. Der Großteil, also etwa 42.000 Angriffe waren gegen Polizist:innen gerichtet. Davon sind laut der Zahlen des BKA knapp die Hälfte der Fälle „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“.
Dieser Tatvorwurf wird immer wieder gegen Demonstrierende gerichtet. Die Realität auf Demonstrationen und im Alltag zeigt, dass die Behörden Regelungen wie das Verbot des „Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte“ oder „tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte“ dazu nutzen, um Menschen willkürlich mit Repression zu überziehen. Besonders bei linken Protesten werden Handlungen immer wieder so ausgelegt, dass man Menschen, die Widerstand leisten, verurteilen kann.
Im Fall von tätlichen Angriffen gegen Polizist:innen wurde 2023 beispielsweise eine junge Aktivistin aus Augsburg zu vier Wochen Jugendarrest und 80 Sozialstunden verurteilt. Ein angeblicher Tritt in die Weichteile war auf einem Video, das als Beweis herangezogen wurde, nicht sichtbar. Neben dem tätlichen Angriff wurde der Aktivistin ebenfalls der Versuch vorgeworfen, einem Polizisten mit der Faust auf den Helm zu schlagen. Das aufgeführte Beweisvideo konnte allerdings zeigen, dass die Bewegung, die die Polizei versuchte als Schlag auszulegen, eigentlich durch einen anderen Polizeibeamten ausgeführt wurde, der die Aktivisten auf derselben Demonstration mehrfach gestoßen hatte.
Repression Tür und Tor öffnen
In den letzten Monaten und Jahren wurden die legalen Spielräume für politische Proteste immer weiter eingeschränkt. Die neuen Versammlungsgesetze in NRW und Sachsen, aber auch die Ausweitung der Befugnisse in den Polizeigesetzen von Bayern und NRW sind nur wenige Beispiele der Verschärfungen von Strafen des deutschen Staates.
Auch die nun geplante Verschärfung des §113 wird weitere unverhältnismäßige Repressionen nach sich ziehen. Zustände wie in der Berliner Silvesternacht 2022/23 werden mit einer Zunahme der gesellschaftlichen Krisen dabei genau so wenig abnehmen wie organisierte Demonstrationen gegen den Genozid in Gaza oder antifaschistische Aktionen wie die Blockadeversuche gegen den AfD-Parteitag.