Hausdurchsuchung im Hausprojekt Praxis in Dresden

In den frühen Morgenstunden des 03.05.2011 kam es erneut zu Razzien in linken Strukturen Dresdens. Diesmal durchsuchte ein Großaufgebot von 150 Beamt*innen der Bereitschaftspolizei, des LKA und des SEK das libertäre Hausprojekt „Praxis“. Grund für die Razzia waren Ermittlungen wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Das Libertäre Netzwerk Dresden wertet die heutige Maßnahme, zusammen mit einem überzogenen Einsatz am 1. Mai und vorherige Hausdurchsuchungen als Teil einer breiten Einschüchterungs- und Verleumdungskampagne.

Gegen 4:30 Uhr wurden Bewohner*innen der Columbusstraße 9 auf mehrere Männer aufmerksam, die sich illegal Zutritt zum Hausflur ihres Gebäudes verschafft hatten und in diesem mit Taschenlampen agierten. Wenige Minuten später umstellten ca. 100 Beamt*innen der Bereitschaftspolizei das Gebäude. Vermummte Polizist*innen stürmten mit Maschinenpistolen zur Haustür, die glücklicherweise vor der Zerstörung geöffnet werden konnte.
Im Erdgeschoss wurden daraufhin mehrere Personen aus den Betten geholt und zum Teil mit Kabelbindern gefesselt. Vier Personen wurden mit vorgehaltener Maschinenpistole in einen Raum geführt. Dem Besitzer eines Hundes wurde nach eigener Aussage mehrfach mit der Erschießung des Tieres gedroht.

Von Seiten des LKA wurde den Anwesenden die Begleitung der polizeilichen Maßnahmen als Zeug*innen, ein verbrieftes Recht zum Schutz vor polizeilicher Willkür, untersagt. In den oberen Etagen des Hauses wurde mehrfach versucht, verschiedene Wohnungstüren einzurammen.
Bewohner*innen wurden teilweise in ihren Wohnungen belästigt, obwohl für diese Räumlichkeiten kein Durchsuchungsbeschluss vorlag. Als Grund für die Durchsuchung wurde wie am 19.02. (in einem Anwaltsbüro, dem Haus der Begegnung und verschiedenen Vereinsräumen) und am 12.04. (in verschiedenen Privat- und Geschäftsräumen) Ermittlungen zur Bildung einer kriminellen Vereinigung angegeben. Zynisch ist dabei, dass die Polizei nun stolz „Steine, die als Wurfgeschosse dienen könnten“ als Ermittlungserfolg präsentieren – dieselben Steine, die erst durch die Untätigkeit der Polizei am 19. Februar von 250 Neo-Nazis auf das Gelände geworfen wurden.

Auch am 1. Mai kam es in den Abendstunden zu Übergriffen von Seiten der Polizei; ein in den Morgenstunden geöffneter Teil der nichtöffentlichen Alaunparkfläche wurde von einer Hundertschaft der Leipziger Bereitschaftspolizei geräumt. Die feiernden Menschen an verschiedenen Lagerfeuern wurden nach ihrer Aussage dabei mit einem martialischen Auftreten der Einsatzkräfte eingeschüchtert und anschließend mehrere Stunden im Parkareal festgehalten.
Die Ziele der staatlichen Maßnahmen sprechen eine klare Sprache, worum es dem LKA und der Staatsanwaltschaft geht; durchsucht wurden Jugendvereine, ein Nachbarschaftsladen, das Projekt „Praxis“, dass sich für selbstorganisierte Stadtteilpolitik einsetzt. Mit einer Hundertschaft Bereitschaftspolizei wurde eine Fläche gestürmt, die zur Selbstgestaltung und Interaktion einladen sollte. Es handelt sich bei dem aktuellen Vorgehen nicht um einen Kampf gegen Gewalt, sondern um einen großflächigen Angriff auf alternative und selbstbestimmte Lebenskultur, politische Eigeninitiative und hierarchiekritische Konzepte.

Als Menschen aus dem Libertären Netzwerk möchten wir dazu aufrufen, sich entschlossen gegen Verleumdnungen zur Wehr zu setzen, sich nicht einschüchtern zu lassen und ihnen praktische Solidarität zuteil werden zu lassen.

Libertäres Netzwerk Dresden (www.libertaeres-netzwerk.info),
Kampagne HundertneunundzwanzigEV