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Staat zeigt Zähne! Anwälte kritisieren vernichtendes Urteil im „Feuerzellen-Prozess“

Unerbittlich werde man gegen Korruption und Amtsmissbrauch vorgehen wird die griechische Regierung nicht müde zu betonen. Getan hat sich auf diesem Feld jedoch nichts, und in den wenigen Fällen, wo derartiges tatsächlich vor Gerichten verhandelt wurde, kamen die Täter mit recht milden Strafen davon. Ganz anders im Prozess gegen neun mutmaßliche Mitglieder der Organisation „Verschwörung der Feuerzellen“. Hier schlug die Justiz mit voller Härte zu und verhängte Gefängnisstrafen zwischen 11 und 25 Jahren.

In einer Pressekonferenz am Mittwoch in Athen bezeichneten Verteidiger und Eltern das Urteil als „ungerecht, willkürlich, widersinnig, vernichtend, unmenschlich und rächend“. Gestützt allein auf Fingerabdrücke an beweglichen Gegenständen und im Internet veröffentlichte politische Einstellungen seien sechs junge Menschen zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt worden, ohne dass man ihnen die konkrete Beteiligung an Anschlägen der Organisation hätte nachweisen können. So bekamen die beiden Angeklagten Haris Hatzimichelakis und Panagiotis Argyros 25 Jahre Gefängnis für die „Gründung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“, die „Anstiftung zu drei Brandanschlägen“ und die Herstellung und den Besitz von Sprengstoff. Als Beweise reichte dem Gericht dazu, dass beide sich zur Verschwörung der Feuerzellen bekannt und die „politische Verantwortung“ für die Organisation übernommen hatten, sowie Fingerabdrücke auf Tüten, in denen sich Zutaten zu den aus Schwarzpulver gebastelten Sprengsätze befanden hatten. Eine konkrete Tatbeteiligung an den beiden Anschlägen gegen das Wohnhaus der ehemaligen Minister Louka Katseli und Panagiotis Chinofotis sowie dem Gebäude des Ministeriums für Mazedonien und Thrakien dagegen konnte das Gericht nicht feststellen. Bei den Anschlägen war leichter Sachschaden verursacht worden.

Obwohl sie jede Verbindung zur Organisation bestritten hatten und lediglich Fingerabdrücke auf diversen beweglichen Gegenständen in einer als „konspirativen Wohnung“ bezeichneten Studentenbude gefunden worden waren, erhielten vier weitere, Giogos Karagiannidis, Panagiotis Masouras, Alexandros Mitrousias und die einzige Frau unter den Angeklagten, Konstantina Karakatsani Gefängnisstrafen zwischen 11 und 20 Jahren für die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, die Beteiligung an Anschlägen und die Herstellung und den Besitz von Sprengstoff. In welcher Form diese Beteiligung stattgefunden haben soll, konnte das Gericht nicht erklären. Zwei der Angeklagten, Errikos Pallis und Nikos Vogiatzakis , wurden freigesprochen, während Emmanouil Giospas wegen Beteiligung an Diebstahl und Raub zu zwei Jahren und neun Monaten auf Bewährung verurteilt, während der Vorwurf der Mitgliedschaft in der Organisation fallen gelassen wurde.

Die Anwältin Zoi Konstantopoulou charakterisierte das Verfahren als „Schauprozess bei dem Gesetze und Rechte der Angeklagten mit Füssen getreten wurden“ und sprach von einer „schwarzen Seite für die griechische Justiz“. Das Urteil sei kein juristisches, sondern ein politisches, erklärte Anwältin Anny Paparousou. „Die Justiz macht sich zum Werkzeug einer Politik die die rebellische Jugend einschüchtern will.“ Dabei verspiele sich der Staat allerdings nicht nur das Vertrauen der Jugend, sondern auch der Eltern, warnte Verteidiger Spyros Fytrakis.

Heike Schrader, Athen