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[HH] Fotos: Lampedusa in Hamburg – 2.11.2013

Mehr als 10.000 Menschen demonstrierten am Samstag durch Hamburgs Innenstadt und forderten ein Aufenthaltsrecht für die Gruppe „Lampedusa in Hamburg“. Es war der vorläufige Höhepunkt monatelanger Solidaritätsaktionen für die rund 300 westafrikanischen Flüchtlinge, die die Bombardements der Nato in Libyen vor drei Jahren überlebt haben und nach Lampedusa über das Mittelmeer geflüchtet waren. „Krieg, Flucht, Entrechtung – genug ist genug! Aufenthalt nach Paragraf 23“ und „We are here to stay!“ stand auf den Transparenten, die die Lampedusa-Flüchtlinge an der Spitze der Demo mitführten.

Demo-Redebeitrag der Karawane Hamburg:

„Wir sind wütend über die negative Haltung des Senats, wir sind wütend darüber, dass sich seit einem halben Jahr nichts an der Existenz bedrohenden Situation der libyschen Kriegsflüchtlinge „Lampedusa in Hamburg“ geändert hat. Wir sind aber gleichzeitig sehr glücklich über die breite Solidarität in der Bevölkerung mit der Gruppe und über die Entschlossenheit eine gerechte Lösung zu erstreiten. Heute sind so viele Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft gekommen, um an der Seite der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ ein starkes Signal an die Politik zu senden, dass wir nicht mehr bereit sind, die Unmenschlichkeit hinzunehmen. Wir haben genug von der Heuchelei. Wir wollen jetzt in Hamburg einen Unterschied sehen und wir wollen die Anerkennung der Gruppe.
Wir sehen jede Woche die Nachrichten über das Sterben im Mittelmeer und wir hören die folgenlosen Reden über eine notwendige Veränderung der europäischen Flüchtlingspolitik. Doch die Betroffenen bleiben weiterhin ihrer Rechte beraubt und werden staatlich verfolgt wie wir es gerade in Hamburgerleben.

Was ist der Hintergrund der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“? Sie hatten sich als zugewanderte Arbeiter in Libyen ihre Existenz neu aufgebaut. Als die NATO sich für die Intervention entschied, wurden sie zur Zielscheibe von allen Seiten. Die Europäischen Regierungen versprachen die Aufnahme von Flüchtlingen, die durch den NATO Einsatz und den Krieg in Libyen hervorgerufen wurden. Deshalb wurde das EU-Programm „emergency Africa North“ eingesetzt. Deshalb erhielten die libyschen Kriegsflüchtlinge die Anerkennung ihres Flüchtlingsstatus durch Italien. Heute, zweieinhalb Jahre später, will niemand mehr etwas davon wissen. Das Programm wurde einfach beendet und Italien sah sich alleine und schickte die Kriegsflüchtlinge weiter in die EU, wo sie seitdem recht- und mittellos auf der Straße leben.

Als die Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ vor sechs Monaten sich zusammenschloss und ihre Stimme in die Öffentlichkeit brachte, haben viele Menschen in der Stadt verstanden, dass es an der Zeit ist, etwas zu verändern — konkret für die Situation der Gruppe und auch für die gesamte europäische Flüchtlingspolitik. Das Dublin 2 System ist längst gescheitert, und es erzeugt weiterhin tagtäglich menschliche Katastrophen. Es hat ein Aufwachen in der Stadt begonnen und immer mehr Menschen wollen praktische Schritte für eine Veränderung in der europäischen Politik. In Hamburg beginnt dies mit der gelebten Solidarität mit den Menschen der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ und der Forderung nach Anerkennung unter Anwendung des §23 als Gruppe mit gleichem Hintergrund.

Es wird oft von einem Krieg gegen Flüchtlinge gesprochen und dies belegt sich durch die militärische Aufrüstung und tödlichen Maßnahmen zur Abwehr von Menschen, die aus Verfolgung, Krieg und Elend fliehen. In Hamburg haben sich viele Menschen entschieden, an welcher Seite sie stehen und lassen sich nicht mehr zur schweigenden, akzeptierenden Masse, degradieren. Wir erkennen die Verantwortung unserer Regierungen für die Verursachung von Flucht, durch militärische, politische und ökonomische Dominanz auf den anderen Kontinenten, insbesondere auf dem afrikanischen. Wir erkennen den eklatanten Widerspruch zwischen dem Gerede von Menschenrechten und Demokratie und der Wirklichkeit.
Wir warten nicht mehr auf eine Veränderung, wir wollen die Veränderung durch unser eigenes Handeln hier in Hamburg erreichen. „Lampedusa in Hamburg“ kann jetzt Geschichte machen. Von überall wird auf Hamburg geschaut. Wir tragen das Unrecht nicht mehr mit. Es ist an der Zeit für eine politische Lösung hier in der Stadt auch als ein Zeichen an ganz Europa. Genug ist genug. „Lampedusa in Hamburg – They are here to stay“

(Redebeitrag der KARAWANE-Hamburg gehalten am 02. November 2013)

Mehr Infos:
 http://lampedusa-in-hh.bplaced.net/wordpress/