Hintergründe zum Prozess gegen Verena Becker und den Beugehaftverfahren

Am 30. September begann in Stuttgart-Stammheim vor dem Oberlandesgericht der Prozess gegen Verena Becker, einem ehemaligen Mitglied der RAF, die 1983 aus dem Kollektiv der Gefangenen aus der RAF ausgeschlossen wurde.
Anklagt ist sie wegen der Aktion gegen den damaligen Generalbundesanwalt Buback, der im April 1977 vom „Kommando Ulrike Meinhof“ erschossen wurde.
Buback, ein ehemaliges NSDAP-Mitglied, war verantwortlich für die Verschärfung der Isolationshaftbedingungen und  den Tod von 4 Gefangenen aus der RAF.
Im Rahmen der seit 2007 laufenden Ermittlungen wurden gegen einige ehemalige Gefangenen bereits Beugehaft angedroht.
Gegen 2 ehemalige Mitglieder aus der RAF, Rolf Heißler und Stefan Wisniewski, laufen laut Medien weiter Ermittlungsverfahren. 
Aus Gazetten ist  weiterhin zu entnehmen, das die Kronzeugen Jürgen-Peter Boock, Werner Lotze, Silke Maier-Witt und Sigrid Sternebeck  im Prozess gegen Verena Becker geladen sind. Alle Vier haben durch ihre Aussagen ehemalige RAF-Mitglieder denunziert und dadurch  weitere  Jahre Knast verursacht.

Warum diese Hetze und dieses Verfolgungsinteresse?

Der legitime und notwendige Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung wird im Rahmen der Aufstandsbekämpfung mit allen erdenklichen Mitteln bekämpft, angefangen bei Desinformations- und Hetzkampagnen, bis hin zu Folter und extralegalen Hinrichtungen.
Hauptverantwortlichen für diese Hetze  sind u. a. Figuren wie Reemtsma, Koenen, Kraushaar und  Aust, die alle eng mit dem BKA und Geheimdiensten zusammenarbeiten, und  ihre Ergüsse dann über die Medien lancieren.
In diesem Kontext muss auch jetzt dieser Prozess gesehen werden. Denn auch 40 Jahre nach ihrer Gründung und 12 Jahre nach ihrer Auflösung steht die RAF noch immer im Fadenkreuz der Repressionsorgane.
Der Prozess soll dazu dienen, ein weiteres Mal mit der Geschichte der RAF abzurechnen, indem diese umgedeutet, diffamiert und letztlich entpolitisiert wird. Vor Gericht steht also nicht nur Verena Becker, sondern auch die Geschichte und Politik der RAF und damit verbunden die revolutionären Kämpfe in der BRD und weltweit.

Die Verfolgung von ehemaligen RAF-AktivistInnen geht weiter

Bereits im Vorfeld hatte der Prozess einigen Wirbel in der Presse ausgelöst. Quer durch alle Zeitungen gingen Verdächtigungen, dass die RAF  vom Geheimdienst geleitet worden sei. Den Ehemaligen wurde vorgeworfen, sie hätten sich ein mafiaähnliches Schweigegelübde (Omerta), das  „Schweigen bis ins Grab“ bedeute, auferlegt.

Die RAF verstand sich als Befreiungsbewegung im Kontext mit den Kämpfen im Trikont und in den Metropolen.
Sie stand für Aufrichtigkeit, Mut und Hoffnung, auch unter schwierigen Bedingungen zu agieren und hatte eine gewisse Ausstrahlung.
In einem Papier „von Einigen, die zu unterschiedlichen Zeiten in der RAF waren“ erklärten Ehemalige aus der Guerilla im Mai letzten Jahres, dass die Justiz und die Medien von ihnen nur „Selbstbeschuldigung und Denunziation“ forderten, so dass auch sie – als ProtagonistInnen dieser Zeit – mit dem bewaffneten Kampf als Teil der revolutionären Geschichte abschließen, um die Abrechnung des Staates zu komplettieren.
Sie versicherten, sich diesen Angriffen nicht zu beugen und dieser geplanten Abrechnung einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Sie erklärten weiter: „Wenn von uns niemand Aussagen gemacht hat, dann nicht, weil es darüber eine besondere „Absprache“ in der RAF gegeben hätte, sondern weil das für jeden Menschen mit politischem Bewusstsein selbstverständlich ist. Eine Sache der Würde, der Identität – der Seite, auf die wir uns gestellt haben.“

Die Vorladungen und Beugehaftandrohungen gegen Ehemalige, die weitergehenden Ermittlungen und flankierend die Medienkampagne tun ihr Übriges, um die angestrebte Abrechnung mit der RAF oder mit dem bewaffneten Befreiungskampf weiter voranzutreiben.

Aus dieser Motivation erklärt sich der ungebrochene Verfolgungswille gegen ehemalige RAF-AktivistInnen.
Die Gesetze werden auch  gegen den heutigen und  künftigen Widerstand  von den Herrschenden weiter ausgebaut, so sind in BRD-Knästen migrantische und alle anderen kämpfenden Eingesperrten ähnlichen und teilweise noch drakonischeren Isolationshaftbedingungen unterworfen, als damals die RAF-Gefangenen.
Die politischen Verfahren nach den §§ 129a/b werden damals wie heute vor Sondergerichten geführt und es werden Linke und Revolutionäre zu hohen Strafen verurteilt.

Mit diesem Beitrag wollen wir einen Teil dazu beitragen, dieser angestrebten Abrechnung in die Quere zu kommen und die Diskussion über diesen Abschnitt der Geschichte der revolutionären Linken in Gang zu bringen und sie sich wieder anzueignen.

Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen
Weitere Infos: http://nullaefinito.jimdo.com/