Am 17. Oktober 2012 gab ich als Gefangener in der JVA Torgau und in Ausübung meiner Aufgabe, als Mitarbeiter in der Gefangenenmitverantwortung, bei einem Beamten eine Postsendung ab. Inhalt: 35 Blätter mit Informationen für Gefangene aus dem Strafvollzugsarchiv über verschiedene Themen, wie vorzeitige Entlassung, Wiederaufnahme des Verfahrens, Vollzugsplan usw., sowie mehrere Kopien aus einem Kommentar zum Strafvollzugsgesetz, wie Gefangene sich erfolgreich gegen vollzugliche Entscheidungen bei einem Gericht beschweren können.
Das wollten wir dann den Gefangenen in die Hand geben, die es benötigen. Danach wurden wir schon vielfach gefragt. Die JVA Torgau selbst lehnte die Ermöglichung einer Ausleihe dieser Infos über die Gefangenenbibliothek mit der Begründung ab, es handele sich um Rechtsberatung, die die Anstalt nicht geben dürfte.
Bereits am 21. Oktober erhielt ich die telefonische Bestätigung, dass die Kopien per Post auf dem Weg zu mir seien. Am folgenden Montag, dem 22. Oktober, bestätigte auch ein Beamter, den ich nach meiner Post fragte, daßsseine große Sendung gekommen sei, diese aber erst der Abteilungsleiterin Anne Grit Eschler vorgelegt würde.
Über fast eine Woche passierte dann erstmal: nichts! Erst am heutigen Samstag erfuhr ich, dass eine Postsendung an mich nicht ausgehändigt wird, weil sie „unerlaubt“ sei. Mehr wurde dort auch nicht begründet in der Anhalteverfügung vom 24. Oktober 2012, von der Abteilungsleiterin.
Eine Nachschau in dem beigefügten Umschlag ergab, dass dort nur eine Kopiervorlage der 35 Blätter aus dem Strafvollzugsarchiv drin waren. Es fehlten der Originalumschlag mit den Kopien und die Kopiervorlage aus dem Kommentar zum Strafvollzugsgesetz, sowie ein Begleitschreiben.
Im schlimmsten Fall hat die Anstalt den Großteil dieser Sendung „unter den Tisch fallen lassen“. Warum der größte Teil fehlt, konnte bislang niemand beantworten.
Der Grund, die Motivation der JVA Torgau, ist klar: Die wollen nicht, dass sich Gefangene gegen Vollzugsmaßnahmen erfolgreich gerichtlich zur Wehr setzen. Ich selbst hatte schon mehrfach Erfolg und konnte zu unser aller Gunsten wahnsinnige Regeln zum Kippen bringen:
Anordnung, dass alle Gefangenen vor einem Besuch sich nackig ausziehen und durchsuchen lassen müssen – gekippt!
Anordnung, eine Toilette dürfe während der Besuchszeit im Knast nicht mehr benutzt werden – gekippt.
Anordnung, in den ersten drei Monaten einer Ausbildung oder Unterricht werde nur eine geringe Vergütung bezahlt – gekippt!
Ausschluss von mir aus der Kandidatenliste für eine Gefangenenmitverantwortung, weil der Anstaltsleiter „kein Vertrauensverhältnis von mir“ erwarten könne – gekippt!
In diesem Sinne, bleibt wehrhaft, hinterfragt „vollzugliche Maßnahmen“, beschwert euch darüber bei allen Stellen, die euch in den Sinn kommen, bindet knastkritische Initiativen von draußen mit ein, z. B. „Autonomes Knastprojekt (AKP)“, Elsaßstraße 34, 50677 Köln. Erzählt den Leuten draußen, was im Knast passiert, dann sind die Grundlagen geschaffen, dass Solidarität von draußen möglich ist.
Tommy Tank, Am Fort Zinna7, 04860 Torgau
27. Oktober 2012