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Kampf gegen Willkür im Knast

Politischer Gefangener Yusuf Tas seit dem 30. März im Hungerstreik
Von Kevin Hoffmann, junge Welt 17.5.17

Seit fast 50 Tagen befindet sich der türkische politische Gefangene Yusuf Tas im Hungerstreik. Er sieht sich nach eigenen Angaben massiven Einschränkungen seiner Rechte und Schikanen ausgesetzt. Ende Februar war Tas von der Justizvollzugsanstalt (JVA) Stammheim in die JVA Heimsheim verlegt worden. Seitdem ist ihm jeder Kontakt zu seiner Familie oder zu seinen Anwälten verwehrt worden. Auch Briefe an letztere oder die Presse wurden in diesem Zeitraum nicht zugestellt. Darüber hinaus wurde ihm von der Anstaltsleitung verboten, Briefe auf türkisch zu schreiben und zu empfangen oder in seiner Muttersprache zu telefonieren. Um gegen diese Maßnahmen zu protestieren, hat Tas am 30. März einen unbefristeten Hungerstreik begonnen.

Tas war im Juni 2013 in Österreich verhaftet und an Deutschland ausgeliefert worden. Vom Oberlandesgericht Stuttgart war er dann Ende Juli 2015 zusammen mit zwei weiteren Männern und einer Frau wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland nach Paragraph 129 b des Strafgesetzbuches (StGB) zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Ihnen war vorgeworfen worden, der »Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front« (DHKP-C) anzugehören, die in der Europäischen Union als »terroristische Organisa­tion« verboten ist. Dem genannten Paragraphen zufolge muss einem danach Verurteilten keine individuelle Straftat nachgewiesen werden.

Die Protestform des Hungerstreiks hat Tas nach Angaben des »Arbeitskreises Solidarität« gewählt, weil er kaum eine andere Möglichkeit hat, Gehör zu finden und auf Schikanen und Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen. Die Anstaltsleitung reagierte darauf, indem sie Tas am 2. Mai mit Gewalt in das Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg verlegen ließ – mit der Ankündigung, ihn dort zwangsweise zu ernähren, wenn sich sein Gesundheitszustand drastisch verschlechtern sollte. Der Stuttgarter »Arbeitskreis Solidarität«, der Unterstützungsaktionen für Tas und andere Gefangene koordiniert, berichtete am Dienstag gegenüber jW, bisher sei es nicht zu den angedrohten Maßnahmen gekommen. In einem nach seiner Verlegung in die JVA-Klinik verfassten Brief an den Arbeitskreis beschrieb Tas seine Situation Anfang Mai: »Mir geht es gesundheitlich, wie es sein kann, aber geistig bin ich entschlossener denn je.«

Seit dem 8. Mai verweigert unterdessen auch die in der Berliner JVA Lichtenberg inhaftierte Gülaferit Ünsal aus Solidarität mit Tas und zur Unterstützung seiner Forderungen die Nahrungsaufnahme. Ünsal war 2013 wegen vermeintlicher DHKP-C-Mitgliedschaft zu sechseinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Am vergangenen Samstag traten zudem acht Mitglieder des Vereins »Anadolu Der« im Internationalen Zentrum in Hamburg für einen Tag in den Hungerstreik. Die Linke-Politiker Andrej Hunko und Ulla Jelpke zeigten sich besorgt über Tas‘ Gesundheitszustand und die angedrohte Zwangsernährung. Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, verlangte in einem Brief an den baden-württembergischen Justizminister Guido Wolf (CDU) die Erfüllung der Forderung des Gefangenen, in seiner Muttersprache kommunizieren zu dürfen.