Dass es unter den Justizbeamten der JVA Stuttgart-Stammheim durchaus eine offen gelebte rechtsgerichtete Gesinnung gibt, haben ja schon mehrfach die vergangenen Monate gezeigt. Man erinnere sich nur z.B. an Nazi-Symbole auf Büroutensilien der sogenannten Kleiderkammer oder an Hitlergrüße von Gefangenen auf dem Hof im Schutze der Beamten etc.. Die direkte Attacke eines Beamten auf einen Gefangenen islamischen Glaubens deutet nun auf eine neue Stufe der Repression.
Vergangenen Freitag, 14.09., las der Gefangene während seiner Pause in einer von ihm zur Arbeit mitgebrachten Koran. Der zuständige Beamte kam daraufhin auf ihn zu, nahm den Koran mit den Worten „was liest du denn da, was soll denn der Scheiss?“ und warf ihn vor sich auf den Boden. Eine der nach islamischen Grundsatz verwerflichsten Schändungen, die man begehen kann. Dabei sollte doch die Verfassung einem jeden das Grundrecht auf Religionsfreiheit bieten. Das scheint aber nicht für alle Schichten der Gesellschaft zu gelten. Seine Mitgefangenen zeigten sich allerdings sehr solidarisch und begaben sich während des folgenden Hofgangs gemeinsam in einen Sitzstreik um gegen diese verfassungswidrige Aktion zu protestieren.
So kam es dazu, dass man sich seitens der Anstaltsleitung mit der Angelegenheit auseinandersetzen musste. Ein Nachspiel braucht man allerdings nicht zu erwarten. Zumal sich die Kollektivgesinnung der Beamten der JVA bereits am Morgen darauf widerspiegelte, da der Streik nicht etwa Verständnis ausgelöst hatte. Ganz im Gegenteil wurde von einem Stockwerksleiter lediglich seine Empörung über eine gewisse Mehrarbeit mit den ungefähren Worten „geschtern bin i erscht um fünfe hoim komma, hasch des mitgriegt mit dem Theater da!?!“ gegenüber einem seiner Kollegen zum Ausdruck gebracht. Er hatte wohl aufgrund der Solidaritätsaktion der Gefangenen seinen Dienst nicht wie üblich beenden können und war darüber äußerst erregt. Man sieht also nur zu deutlich, dass sich aufgrund der vergangenen Ereignisse rein gar nichts geändert hat und sollte das auch für die Zukunft nicht erwarten.
Es ist daher äußerst wichtig, dass es immer wieder aufmerksame Gefangene gibt, die auch den Mut aufbringen Missstände anzuprangern und dafür auch bereit sind etwaige Repressionen in Kauf zu nehmen. Ein Umdenken in dieser Gesellschaft ist nur zu erreichen indem man den Druck fortwährend aufrecht erhält.
Der Kampf geht weiter!
Dieser Text wurde von Marc verfasst, der in der JVA Stuttgart gemeinsam mit dem RASH-Aktivist Smily in eine Zelle sitzt.