Sowohl gegen drei letztes Jahr verhaftete AnarchistInnen wie auch gegen eine Kommunistin der Roten Hilfe beziehungsweise des Revolutionären Aufbaus finden in der nächsten Zeit Prozesse statt.
Ein Interview mit der Roten Hilfe (Schweiz), um was es dabei geht und wie dazu mobilisiert wird.
In den nächsten Monaten finden Prozesse gegen drei Militante der anarchistischen Linken statt. Um wen handelt es sich? Was wird ihnen vorgeworfen?
Der erste Prozess vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona findet zwischen dem 19. und 22. Juli 2011 statt. Vor der Schranke der Klassenjustiz werden Silvia, Costa und Billy im Zusammenhang mit dem versuchten Anschlag gegen das Nantotechnologie-Zentrum der IBM in Rüschlikon stehen.
Kurz darauf sollte ein zweiter politischer Prozess vor dem Bundesstrafgericht stattfinden. Was kannst du dazu sagen?
Der zweite Prozess findet gegen eine Kommunistin der Roten Hilfe und des Revolutionären Aufbaus statt und soll Ende September, resp. zwischen dem 19. und 23. September stattfinden.
Unter welche Haftbedingungen befinden sich die anarchistischen Gefangenen?
Seit ihrer Verhaftung am 15. März 2010 hat Silvia nur einen Besuch ihrer Familie haben können. Alle anderen GesuchstellerInnen wurden von der Bundesanwaltschaft abgelehnt. Costa hat seine Mutter, die ihn in gewissen Abständen besuchen darf, Billy seine Freundin und Eltern. Auch bei den beiden wurden alle anderen GesuchstellerInnen abgelehnt. Die Postzensur hat sich jetzt, kurz vor dem Prozess nochmals verschärft.
Statt der drei Briefe pro Woche an zwei gut leserlichen Seiten, sind es jetzt gerade noch zwei Briefe. Diese politische und soziale Zensur ist typisch für die Isolationsbedingungen, welche politische Untersuchungsgefangene in der Schweiz ausgesetzt sind.
Es wird auch ein Prozess gegen eine Genossin des Revolutionären Aufbau wie Roten Hilfe International stattfinden. Seit kurzem sind die Verfahrensakten bekannt. Welche Momente lassen sich darin finden? In welchem Rahmen verlief die Spurensicherung?
Aus den Akten geht klar hervor, dass die Repressionsorgane des Bundes, und dazu gehört auch die Bundesanwaltschaft, seit vielen Jahren versucht, die Kommunistin «aus dem Verkehr zu ziehen». Die mit den in Italien laufenden Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (gemeint ist die Politisch-militärische Kommunistische Partei [PC p-m]) verbundenen Hausdurchsuchung (Hausdurchsuchungen fanden zeitgleich in verschiedensten Städten Italiens statt) am 12. Februar 2007 in Zürich gab ihnen die Möglichkeit, ihrerseits konkret nach den Dingen zu suchen, die für ein Ermittlungsverfahren schweizerischer Natur notwendig sind. Am 8. Mai 2008 dann nahmen sie einen weiteren Anlauf und seither basteln sie an einer Anklageschrift.
Im Zentrum ihrer Ermittlungen steht die «Revolutionäre Perspektive», welche seit 1998 mit pyrotechnischen Anschlägen gegen Wirtschaft, Politik, Staat und in internationaler Solidarität mit politischen Gefangenen und ihren Kämpfen regelmässig in Erscheinung tritt.
Um was wird es dem Staat bei den Prozessen gehen? Worin äussert sich dies?
Es ist ein klarer politischer Prozess, das geht aus dem vorher Gesagten hervor. Die internationalen Zusammenhänge, insbesondere die der Roten Hilfe International, werden in all ihren jährlich erscheinenden Sicherheitsberichten, wie aber auch in den Akten ins Zentrum gestellt. Gleichzeitig wird ja in Belgien gegen GenossInnen der Roten Hilfe und in Spanien gegen die Komitees der SRI ermittelt.
Die belgische Staatsanwaltschaft hatte auch im Zuge ihrer in Belgien stattfindenden Razzien via Rechtshilfe versucht, eine weitere Hausdurchsuchung gegen die Kommunistin der Roten Hilfe Schweiz/International, einzufordern. Dem wurde nicht stattgegeben, weil die Schweizerische Bundesanwaltschaft bereits ein paar Tage zuvor selber Hand angelegt hatte. Der Zugang zu allem beschlagnahmten Material, inklusive Einvernahme durch die belgische Staatsanwaltschaften, wurde selbstredend ermöglicht.
Wie lautet die Antwort von der revolutionären Seite auf die Prozesse?
Die Rote Hilfe International hat unter der Parole «Die angegriffenen Militanten der RHI in Spanien, Italien, Belgien und der Schweiz verteidigen – den Kapitalismus zerschlagen – die internationale Klassensolidarität aufbauen» eine Kampagne gestartet.
In der Schweiz hat der Revolutionäre Aufbau für eine Kampagne die Parolen «Den Spiess umdrehen – dem Kapitalismus den Prozess machen!» als ganz allgemeine Parole für alle stattfindenen Prozesse, und speziell bezogen auf den denjenigen gegen die Genossin «Solidarität als Waffe nutzen – den Angriff gegen Andi zurückschlagen!»
Es laufen Mobilisierungen zur Unterstützung an. Was konkret ist geplant?
Zum Prozess gegen Silvia, Costa und Billy wird mobilisiert, wie auch zum Prozess im September gegen Andi. Am 19. Juni 2011 wird es einen internationalen Aktionstag der Roten Hilfe International zum Thema geben. Alles weitere wird dann über die
Websites in Erfahrung zu bringen sein.
Wo kann man sich weiter informieren?
Über die Websites der Roten Hilfe International (www.rhi-sri.org), des Revolutionären Aufbaus (www.aufbau.org) sowie des Revolutionären Bündnisses (www.revmob.ch).
Das Interview erschien in der Zeitung „Vorwärts“ (www.vorwaerts.ch).