Am Morgen des 13. März gegen 6:30 Uhr durchsuchten Beamte des Kommissariat
43 der Kriminalpolizei zeitgleich eine Privatwohnung und eine Geschäftsadresse in München. Über 2,5 Stunden wurden nicht nur das vom Beschuldigten bewohnte Zimmer und die Gemeinschaftsräume und jedes einzelne Blatt Papier auf einen vermeintlichen Bezug zur FDJ geprüft, sondern widerrechtlich und ohne Beschluss auch ein zweites, von einer unbeteiligten Person bewohntes Zimmer.
Beschlagnahmt wurden ein Laptop, ein Handy, SD-Karten, diverse Zeitschriften, Flugblätter, Aufkleber und andere Materialien, die laut Beschluss „Aufschluss darüber geben [sollen], wer am 10.12., 16.12. und 17.12. Flugblätter mit dem Emblem der Freien Deutschen Jugend an Münchner
Schulen verteilt hat“.
Bei dem zweiten Objekt handelte es sich um das „Haus mit der Roten Fahne“ im Münchner Westend, in welchem die FDJ zwar über eine Postadresse verfügt, nicht aber über Räumlichkeiten. Dass der Durchsuchungsbeschluss lediglich „die Räume der Organisation Freie Deutsche Jugend“ umfasste, kümmerte die ausführenden Beamten indes wenig. Sie nahmen widerrechtlich
einen Teil des Gebäudes in Augenschein. Nach eigener Aussage wären sie auch ohne Zeugen mit Hilfe eines Schlüsseldienstes in das Objekt eingedrungen, wäre ihnen nicht geöffnet worden. Beschlagnahmt wurden Aufkleber, Zeitschriften und Flugblätter mit dem Emblem der FDJ.
Die neuerliche Aktion der staatlichen Repressionsbehörden ist der vorläufige Höhepunkt der Repression gegen die Freie Deutsche Jugend in München. So wurden in den letzten Monaten am Rande der Proteste gegen die rassistischen Bagida und Mügida in München immer wieder vermeintliche Mitglieder der FDJ wegen des „Verwenden[s] von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ festgenommen.
Die FDJ wurde in den Auseinandersetzungen um die Remilitarisierung der BRD nur fünf Jahre nach dem deutschen Faschismus 1951 durch die Bundesregierung und 1954 durch das Bundesverwaltungsgericht in Westdeutschland verboten. Eine der Gründe für dieses Verbot war die von verschiedenen Organisationen geführte Volksbefragung gegen die Wiederbewaffnung.
Nach dem Einigungsvertrag von 1990 mit der DDR wurden auch alle in der DDR existierenden Vereinigungen „angeschlossen“. Damit ist auch die FDJ in der BRD nicht (mehr) verboten. In diesem Sinne urteilte zuletzt das Amtsgericht Berlin-Tiergarten im April 2014 und so urteilte bereits 1991 das Amtsgericht München in politischen Prozessen gegen FDJ-Mitglieder.
Dass die Münchner Staatsanwaltschaft dennoch einen solch absurden Vorwurf wie den des nicht mehr existierenden FDJ-Verbots zum Anlass für politische Repression nimmt, zeigt deutlich, dass es hier nicht um die Verfolgung angeblicher ‚Straftaten‘ geht, sondern um Einschüchterung und Kriminalisierung politischen Widerstands.
Da die Repressionsbehörden gegen insgesamt vier Beschuldigte ermitteln, ist mit weiteren Hausdurchsuchungen zu rechnen.
Getroffen sind einzelne – gemeint sind wir alle!
Die Rote Hilfe e.V. fordert die Einstellung sämtlicher Verfahren gegen die betroffenen Genossinnen und Genossen. Wir werden uns als strömungsübergreifende Solidaritäts- und Schutzorganisation auch weiterhin gegen die Verfolgung linken Widerstands, gegen Organisationsverbote und die staatliche Diffamierung emanzipatorischer Bewegungen wehren.
H. Lange für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.
Göttingen, den 16.03.2015