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[Niederlande] Aufenthaltsverbote gegen AnarchistInnen in einem breiteren Kontext mit der Repression in Den Haag

Am 3. August erhielten mehrere AnarchistInnen aus Den Haag und eine Person von außerhalb der Stadt einen Brief vom Bürgermeister Van Aartsen. Er hatte den Zweck ein Aufentshaltsverbot für zwei Monate für Schilderswijk zu verhängen, einem Arbeiter- und MigrantInnenviertel in der Innenstadt von Den Haag. Der Bürgermeister möchte das sogenannte „Fußballgesetz“ nutzen, das jetzt zum ersten Mal gegen politische AktivistInnen eingesetzt wird. In letzter Zeit sind AnarchistInnen in Den Haag starker Repression ausgesetzt. Vieles kommt dabei direkt vom Büro des Bürgermeisters.
50,000 Euro Schadensersatzforderung für die Räumung von De Vloek

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Während der Räumung des für dreizehn Jahre besetzten Sozialen Zentrums wurden zehn Leute verhaftet. Fünf verblieben für zwei Wochen mit dem Vorwurf im Gefängnis Gewalt gegen die Polizei angewendet zu haben. Mehrere Monate nach ihrer Entlassung erhielten diese zehn Personen einen Brief vom Bürgermeister Den Haags, der einen Schadensersatzsanspruch über 50,000 Euro geltend machte. Bei der weiteren Untersuchung der Details dieser Forderung wurde offensichtlich, dass sie weitgehend auf Kosten beruht, die nichts mit der Räumung zu tun hatten. Sie beinhaltete die Entfernung von Container voller Bauschutt, die angeblich für den Barrikadenbau genutzt wurden. (De Vloek wurden unmittelbar nach der Räumung abgerissen) und die Säuberung der Straße von Farbbeutelfarbe (die Straße wurde noch nicht einmal gereinigt, sondern ein paar Wochen nach der Räumung im Rahmen planmäßiger Wartungsarbeiten ersetzt)

Diese riesige Summe wurde nicht bezahlt, was zu einem noch anhaltenden Verfahren führte. Die Forderung zur Zahlung einer solch hohen Entschädigung geschieht nicht oft, ist aber auch nicht neu. Früher, nach der Räumung vom Ubica, einem Squat in Utrecht, wurde ebenfalls eine exorbitante Schadensersatzsumme gefordert. Die Bestrafung aller Widerstand Leistender, wird nicht nur durch Freiheitsstrafen erreicht; Sie versuchen auch die “Schuldigen” in den finanziellen Ruin zu treiben. In diesem Fall ist die Bestrafung der Widerständigen auch der Katalysator: Die VVD, die politische Partei von Van Aartsen forderte den Stadtrad auf, den ganzen „Schaden“ zu verlangen.
Schließung des Autonomen Zentrums

Allerdings stoppte der Bürgermeister nicht mit der Schadensforderung für die Räumung des De Vloeks. Auch das Autonome Zentrum (AC) hatte den Preis zu zahlen. Das AC wurde nach vier Jahren im Wohnviertel Bezuidenhout geräumt. Im Anschluss wurden drei Gebäude im Harstenhoekweg besetzt, um mit den Aktivitäten des Autonomen Zentrums fortfahren zu können.
Der Bürgermeister hatte gemeinsam mit dem Eigentümer eines Gebäudes den Plan einer Räumung aufgrund angeblicher Asbestgefahr. Es folgte ein Gerichtsverfahren, das der Bürgermeister verlor, so dass der Räumung nicht stattgegeben wurde. Wenige Monate später kam ein Brief, der besagte, dass der Bürgermeister das Gebäude, in dem sich das AC befindet dicht machen würde, weil dort ein illegales Café betrieben wird. So hat der Bürgermeister versucht Orte zu schließen, die eine hohe strukturelle Bedeutung für die anarchistische Bewegung haben. Dieser Prozess das AC zu schließen ist immer noch im Gange.

Aufstand in Schilderswijk
Als Mitch Henriquez 2015 von der Polizei zu Tode gewürgt wurde, lehnten sich Tausende von Menschen in Schilderswijk gegen die Polizei und den Staat auf. Hunderte griffen die Polizeistation an und es gab vier Nächte lang Zusammenstöße mit der Polizei. Der Aufstand war erwartete Reaktion auf die Polizeimorde und rassistische Polizeibrutalität im Viertel in der letzten Zeit.
Seit Jahren haben AnarchistInnen und AntifaschistInnen Maßnahmen gegen rassistische Polizeibrutalität im Viertel ergriffen und das ist ein Stachel für die Seite des Bürgermeisters. Verschiedene Stadteilorganisationen versuchen mit dem Problem der Polizeibrutalität fertig zu werden. Aber all diese Gruppen arbeiten mit der Polizei und der Stadtverwaltung zusammen oder sie sind befreit sich an Runden Tischen beteiligen. AntifaschistInnen und AnarchistInnen sind immer ohne Kompromisse beim Kampf gegen Polizei und ihrer gewalttätigen Praxis und sie werde nicht mit Polizei oder Stadtregierung zusammenarbeiten. Der Bürgermeister und die Polizei haben viel Zeit dafür geopfert, die Verbindungen zwischen AnarchistInnen und Viertel und ihrem Protest zu trennen. Beamte gingen zu Bürgerhäusern, wo Flugblätter verteilt wurden, um Leute einzuschüchtern nicht mit AntifaschistInnen und AnarchistInnen zusammen zu arbeiten; sonst könnte es Konsequenzen für ihre Fördermittel haben. Polizeibeamte wurden auch geschickt, um Poster zu entfernen und Demonstrationen wurden vom Bürgermeister verboten. Während und vor Demonstrationen hielten Beamte junge Menschen durch Einschüchterung auf Distanz.

Allerdings brachte das nicht den gewünschten Erfolg. Bei mehreren Demonstrationen waren viele EinwohnerInnen des Viertels anwesend und nach der Ermordung von Mitch Henriquez rebellierte das Viertel en Masse. Anschließend versuchte der Bürgermeister in Verbindung mit der Polizei die Schuld den AnarchistInnen zuzusprechen und sie als Sündenbock zu nutzen, um damit die Solidarität im Viertel aufbrechen zu können. Diese Hexenjagd gegen AnarchistInnen setzte sich im April fort, als ein Anarchist verhaftet wurde, der verdächtigt wurde die „Anarchistische Zeitung“ verteilt zu haben, die einen Text über den Aufstand in Schilderswijk enthalten hat. Der Gefährte wurde vier Tage auf der Polizeistation festgehalten und der Anstiftung gegen die Obrigkeit beschuldigt. Später wurde eine Haftstrafe von acht Wochen gefordert, aber es erfolgte ein Freispruch. Das Innenministerium ist in Berufung gegangen.

Neben den genannte Beispielen können AnarchistInnen und AntifaschistInnen in Den Haag strukturelle „spezielle“ Aufmerksamkeit von Polizei und Bürgermeister erwarten. Demonstrationen sind verboten, einzelne AnarchistInnen werden auf der Straße eingeschüchtert, von der Polizei gab es Versuche InformantInnen zu gewinnen und Aktionen, an den sich AnarchistInnen beteiligen, können riesige Polizeipräsenz erwarten.

Bürokratische Repression
Neben traditioneller Formen von Repression, wie Razzien, Verhaftungen und Gefängnisstrafen, über die es viel Wut in der anarchistischen Bewegung gibt, manifestiert sich die Repression in der letzten Zeit auf subtilere, bürokratisch und administrative Art und Weise. Das macht es abstrakter und weniger empfänglich für Solidarität. Sind die Mauern der Repression deutlich sichtbar im Falle eines inhaftierten Gefährten bzw. Gefährtin sind, ist man bei dieser Repressionsform in einem Netz andauernder Gerichtsverfahren und Berufungsverfahren gefangen. Im Falle des Aufenthaltsverbots, versuchen sie das aktive Kampfgebiet zu brechen, einem sie es bestimmten Leuten verbieten ein Viertel zu betreten, in dem soziale Kämpfe geschehen und zusammen gekämpft wird.

Wir sind keine Opfer
Wir erwarten nicht, dass die Repression hier endete. Der Bürgermeister und die Polizei werden ihren eingeschlagenen Kurs beibehalten. Aber wir fühlen uns nicht im Geringsten, als ob wir Opfer von Repression wären. Die Polizei und der Bürgermeister müssen selbst entscheiden, ob sie es mit einer Gruppe AnarchistInnen ausfechten wollen. Repression wird uns nicht in leichte Beute und apathische Opfer verwandeln. Für jeden Schlag, den einer (eine) von uns erhält, werden wir zurück schlagen. Es macht uns nur noch entschlossener den Kampf für bedingungslose Freiheit fortzusetzen. Weil wir nicht zu verlieren, sondern nur zu gewinnen haben. Weil wir wir wie Saat sind, die weiter zwischen den Steinen des unterdrückenden Staates aufgeht. Weil ihre Zeit vorbei und die Zeit für Anarchie gekommen ist und kein Polizeibeamter oder Bürgermeister uns stoppen werden.

Unser Kampf für Freiheit ist stärker als ihre Repression!
Einige AnarchistInnen aus Den Haag

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