Nochmal Knast? – Ein Brief von Loic

Zwei Jahre nach seiner Entlassung muss Loïc, der unter anderem wegen der Elb-chaussee-Randale zu G20 verurteilt wurde, erneut für 20 Monate in den Knast.
Während die Hamburger Justiz ihn in Billwerder inhaftieren möchte, schreibt er von seiner Arbeitsstelle in Frankreich und dankt für die solidarische Begleitung.
„Am 13. Dezember 2021 fand das Revisionsverfahren zur Elbchaussee seinen Abschluss. Die Revision der Staatsanwaltschaft, welche in meinem Verfahren vier Jahre und neun Monaten
forderte, wurde abgelehnt. Das Gleiche passierte mit den Revisionsbestrebungen meiner AnwältInnen. Bis zum letzten Moment hat die juristische Bürokratie die Initiative einer
Mobilisierung verhindert. AnwältInnen wurden bezüglich der Annahme oder Ablehnung einer Revision und eines entsprechenden Datums viel zu lange im Dunkeln gelassen.
Später gab es offenbar Post an meine ehemalige Adresse in Hamburg, in der ich vermutlich zum erneuten Haftantritt in Billwerder aufgefordert wurde. Ich soll noch immer 20 Monate
verbleibende Haft aus der Gesamtstrafe von drei Jahren verbüßen. Mittlerweile wohne ich nicht mehr in Deutschland und habe nicht vor nach Hamburg zurückzufahren – außer wenn
die Riesen dieser Welt entscheiden sollten dort erneut einen G20 Gipfel auszurichten …

Falls das passiert, wäre dies eine provokante Wiederholungstat, die zudem eine Beleidigung jeglicher Ethik darstellt, und es würde erneut zwangsläufig zu Aufständen von Gerechtig-
keitsempfinden kommen, die im Rahmen des Aufstandes womöglich von weniger Nachgiebig-keit geprägt sein könnte. Bisher erwarte ich nun Post im Lothringer Hinterland.
Meine AnwältInnen haben beantragt, dass ich meine Strafe in Frankreich verbüßen kann.
Nach einem Jahr und vier Monaten Haft in Hamburg, in deren Zuge ich über meine Handlungen nachdenken sollte, weiß ich nicht, ob ich erneut viel Zeit zum Meditieren finden
werde. Die Auflehnung bleibt legitim und dies ändert sich unter dem Druck der Repression nicht. Seit dem Sommer bin ich in einem faszinierenden GärtnerInnen-Kollektiv in der Nähe
von Bure angestellt. In diesem Frühjahr 2022 weiß ich noch nicht, ob ich Gemüse werde anbauen können oder ob ich neue offensive Texte gegen die G20 und ihre Welt werde
produzieren müssen. Zudem könnte meine erneute Inhaftierung Früchte grenzüberschreitender Solidarisierungen reifen lassen.
Bisher bin ich am Warten. Es könnte sein, dass ich im März oder April wieder ins Gefängnis muss. Diese Perspektive mindert meine Entschlossenheit nicht.
Ich möchte allen danken, die mich politisch, sozial und ökonomisch unterstützt haben.
Besonderer Dank gilt der Roten Hilfe e.V. und dem Ermittlungsausschuss Hamburg und all denen, die Risiken eingehen, um sich solidarisch der Repression entgegenzustellen.“
Loïc, Januar 2022, Bure

Rote Hilfe Zeitung 1.2022. Übersetzt von Luc Skaille