PALÄSTINENSISCHER WIDERSTAND:»Im Zentrum steht die Beendigung der Besatzung«

Die DFLP kämpft an der Seite der Hamas und des Palästinensischen Islamischen Dschihads in Gaza. Ein Gespräch mit Fouad Baker junge Welt 5.1.24
Interview: Dieter Reinisch
Fouad Baker ist Sprecher des Außenpolitischen Büros der Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas (DFLP) und lebt in Beirut

Wie relevant ist die Demokratische Front zur Befreiung Palästinas, DFLP, und ihr militärischer Arm, die Nationalen Widerstandsbrigaden, für die Kämpfe im Gazastreifen?

Die DFLP spielt eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung des von der israelischen ­Besatzungsregierung angekündigten Umsiedlungsprojekts. Wir wehren uns, damit das Land befreit und die UN-Resolutionen zu Palästina endlich umgesetzt werden. Daher beteiligen wir uns an jeder Militäroperation gegen die israelische Besatzung. Wir werden so lange kämpfen, bis unsere Forderungen erfüllt sind: das Ende des Kriegs, der Abzug der Besatzungsarmee aus dem Gazastreifen und ein Gefangenenaustausch.

Wie beurteilen Sie den Verlauf der Kämpfe?

Auf militärischer Ebene gibt es eine vollständige Koordination zwischen allen palästinensischen Fraktionen. Wir sehen spürbare Fortschritte für alle Militärbrigaden bei der Abwehr der israelischen Angriffe. Die Armee war vom ersten Tag an nicht in der Lage, die ausgegebenen militärischen Ziele zu erreichen.

Nahmen die Nationalen Widerstandbrigaden an den Angriffen am 7. Oktober teil?

Die Brigaden beteiligten sich eine Stunde nach Beginn der Operation »Al-Aqsa-Flut« durch die Hamas daran und feuerten mehrere Raketensalven ab. Am ersten Tag erlitten sieben Genossen den Märtyrertod. Eine Gruppe von Kämpfern stürmte einige Positionen der israelischen Besatzungsarmee. Wir weisen klar die Behauptungen zurück, es seien Zivilisten ins Visier genommen worden. Unsere Organisation tut so etwas nicht. Im Gegenteil: Die DFLP ist der marxistisch-leninistischen Ideologie verpflichtet.

VVn-VdA
Wie werden die Kämpfe koordiniert?

Über den »Gemeinsamen Operationsraum« im Gazastreifen, an dem sich alle palästinensischen Widerstandsfraktionen beteiligen, die heute der Besatzungsarmee gegenüberstehen, mit dem Ziel, sie aus dem Gazastreifen zurückzuschlagen. Unsere Organisation glaubt an den bewaffneten Kampf, um die Besatzer zu besiegen. Wir erhalten von niemandem finanzielle oder militärische Unterstützung und beharren auf unserer Unabhängigkeit.

Wie ist Ihr Verhältnis zur Hamas, zum Palästinensischen Islamischen Dschihad, PIJ, und zur Hisbollah?

Die Beziehungen zu diesen Gruppen dienen der Koordination und Vereinheitlichung der Standpunkte, um den Krieg siegreich zu beenden. Im Zentrum steht ein gemeinsames Ziel, ungeachtet der ideologischen Unterschiede: die Beendigung der Besatzung.

Ihre bewaffneten Einheiten arbeiten eng mit Hamas und PIJ zusammen. Viele Linke in Europa kritisieren diese Zusammenarbeit mit islamischen Bewegungen.

Es gibt kein politisches Bündnis zwischen der DFLP und den islamischen Parteien. Es handelt sich um ein pragmatisches Bündnis zur Beendigung der Besatzung und für die militärische Kooperation. Die DFLP hält weiterhin an ihrem politischen Programm fest. Wir analysieren die Lage auf der Grundlage des wissenschaftlichen Sozialismus und des Marxismus-Leninismus. Wir akzeptieren kein politisches Programm, das nicht den Wünschen des palästinensischen Volkes entspricht. Die Beziehung zwischen der DFLP und den islamischen Kräften ist an spezifische gemeinsame Ziele gebunden. Wir kämpfen für unsere linken Ideen und wollen andere islamische Parteien von diesen überzeugen.

Hat man durch die Zusammenarbeit mit Hamas und PIJ das eigene politische Programm kompromittiert?

Natürlich nicht. Die DFLP hält an ihrem Programm fest und wird es nicht aufgeben. Hamas und PIJ erkennen das an.

Viele Aktivisten erinnern sich an die iranische Revolution 1979, als die islamischen Kräfte Kommunisten unterdrückten. Glauben Sie, dass in Palästina dasselbe passieren wird?

Die islamischen Organisationen erkennen die DFLP als wesentlichen Bestandteil des palästinensischen Volkes an. Unsere Organisation hat ein großes politisches Gewicht, das sollte nicht übersehen werden. Zudem brauchen Hamas und PIJ die DFLP, da wir eine Art Vermittlerrolle zwischen ihnen und der Palästinensische Befreiungsorganisation einnehmen.