Aufrufe zur Solidarität mit politischen Gefangenen trotz Polizeigroßaufgebots
Infos: gemeinschaftlich.noblogs.org
Seit Tagen haben Polizei und Feuerwehr sowie Innenministerien die Öffentlichkeit auf Schreckensszenarien vorbereitet: An diesem Silvestertag soll allein in Berlin ein besonderes Großaufgebot dazu dienen, »die Treiber der Konflikte früh aus dem Verkehr zu ziehen«, wie Jochen Kopelke, Chef der Berufsvereinigung »Gewerkschaft der Polizei«, gegenüber der Taz (Freitag) erklärte. Feuerwehrsprecher Vinzenz Kasch hatte dem RBB am Donnerstag gesagt, »wir können davon ausgehen, dass es auch wieder solche Szenen wie im vergangenen Jahr geben wird«. Gemeint ist, dass 2022 Rettungskräfte von Feiernden attackiert oder gar in Hinterhalte gelockt worden sein sollen. Man habe sich »jetzt anders aufgestellt«, erklärte Kasch dem Sender.
Die angekündigte Extrapräsenz könnte jedoch auch dazu führen, dass weniger Menschen sich an den bundesweit angekündigten gefangenensolidarischen Protesten beteiligen. Dies gab Manuel Matzke, Bundessprecher der Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO), am Freitag im Gespräch mit junge Welt zu bedenken. Verschiedene linke Gruppen haben für diesen Sonntag dazu aufgerufen, sich traditionell vor diversen Knästen zu versammeln.
»Das Gefängnissystem ist ein zentraler Bestandteil des Kapitalismus. Vor allem arme Menschen landen im Knast«, heißt es im am Donnerstag veröffentlichten Aufruf der Gruppe »Gemeinschaftlicher Widerstand«. »Wir kämpfen für eine Gesellschaft ohne Knäste, gegen Gefängnisindustrie, Privatisierung und Ausbeutung hinter Gittern und für die unzähligen Rechte, die den Gefangenen nicht zugestanden werden«, heißt es in einem Aufruf für Kundgebungen vor zwei Knästen in Berlin. Geplant sind Versammlungen darüber hinaus auch in Bruchsal, Dresden, Freiburg, Glückstadt – wo sich ein Abschiebeknast befindet –, in Hamburg, Leipzig und München.
In den vergangenen Jahren seien diese Silvesterkundgebungen von den Gefangenen stets positiv wahrgenommen worden, sagte Matzke. »Sie drücken Solidarität aus und zeigen, dass sie nicht vergessen sind«, sekundierte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. am Freitag auf jW-Anfrage. Aus Sicht der Solidaritätsorganisation geht es »um die Freilassung der politischen Gefangenen«. Diese kommen »vor allem aus der kurdischen oder türkischen Linken, der Antifa oder Klimabewegung«. Mit den Ankündigungen hoher Polizeiaufgebote sei laut Sommerfeld am besten dadurch umzugehen, dass Menschen an den Demonstrationen teilnehmen »und sich solidarisch zeigen«.
junge Welt 30.12.23