Presseerklärung von ZORA zur Pressekonferenz am 10.02.2024

Am 10. Februar haben wir als ZORA in Berlin eine Pressekonferenz unter dem Motto „Gegen Gewalt und Repressionen: Jetzt erst recht!“ veranstaltet, um eine politische Antwort auf die Hausdurchsuchungen und Repressionen zu geben. Es wurden dort verschiedene Fragen von Journalist:innen und anderen Organisationen beantwortet. Vor allem konnten wir zeigen, dass wir geschlossen zusammen stehen und uns von den Repressionen nicht einschüchtern lassen. Die Pressekonferenz fand im Rahmen unserer Anti-Repressions-Kampagne statt, die noch bis zum 8. März läuft. Jetzt erst recht: Frauensolidarität ist unsere größte Waffe!

Am frühen Morgen des 20. Dezembers 2023 wurden die Wohnungen von vier ZORA Mitgliedern, einem Freund sowie zwei Räumlichkeiten, das Interbüro und das Café Karanfil, von der Berliner Polizei gestürmt. In dieser Nacht waren 170 Polizisten im Einsatz gegen eine Frauenorganisation, in der hauptsächlich Schüler:innen und junge Student:innen aktiv sind. Die Betroffenen mussten stundenlang die Durchsuchungen über sich ergehen lassen, Spendengelder der Organisation und sämtliche elektronische Geräte wurden konfisziert und die Räumlichkeiten anschließend in einem unzumutbaren Zustand zurückgelassen. Gegenüber einer Genossin wurde besonders brutal vorgegangen, sodass die betroffene junge Frau Verletzungen an ihrem gesamten Körper erlitt und einen Arzt aufsuchen musste.

Den Betroffenen wird vorgeworfen, einen Flyer in Solidarität mit revolutionären palästinensischen Kräften verbreitet zu haben. Gemeinsam mit unseren Anwält:innen gehen wir nun als ZORA an die Öffentlichkeit, um diesen breit angelegten Angriff auf junge organisierte Frauen anzuprangern.

Wer ist ZORA?

ZORA ist eine antikapitalistische, internationalistische Frauenorganisation, welche sich in der Silvesternacht 2015/16 in Köln als Antwort auf die vermehrt ausgeübte sexualisierte Gewalt in jener Nacht gegründet hat. Nach der rassistischen medialen Hetze haben sich junge Frauen zusammengeschlossen, um aufzuzeigen: Sexismus ist keine Frage der Herkunft, sondern ein Verbrechen. Seit der Gründung gehen wir als ZORA gegen rassistische und sexistische Unterdrückung vor, kämpfen gegen Sexismus in der Schule, Uni, am Arbeitsplatz und auf der Straße. Vor allem kämpfen wir gegen den schärfsten Ausdruck von Gewalt an Frauen: Gegen Femizide. Seit nun fast zwei Jahren fordern wir eine lückenlose Aufklärung und Gerechtigkeit im Fall von Zohra Mohammad Gul, einer sechsfachen Mutter, deren Ex-Mann sie in Berlin Pankow auf offener Straße erstochen hat. Nicht nur in Berlin, sondern bundesweit macht ZORA Arbeiten zu Femiziden, um die Systematik hinter Morden an Frauen aufzuzeigen und letztlich Frauen dazu zu ermutigen, sich gegen die allgegenwärtige Gewalt aufzulehnen und sich zu organisieren.

Dabei war, ist und wird Internationalismus immer ein großer Schwerpunkt der Arbeit von ZORA sein. Genau wie Zohra gibt es unzählige von Frauen, in deren Heimatländern Krieg mit deutscher Beteiligung geführt wird, welche ihrer Heimat beraubt, ermordet oder zur lebensgefährlichen Flucht gezwungen werden. Wir wissen, dass unsere Frauensolidarität über Grenzen hinweg reicht, unsere Situation hier nicht losgelöst von der von Frauen im Rest der Welt betrachtet werden kann; dass letztlich der Kampf gegen das Patriarchat ein internationaler ist. Wir stehen in den Reihen der unterdrückten und kämpfenden Frauen weltweit, ob in Lateinamerika, Kurdistan oder eben in Palästina.

Solidarität mit Interbüro und Café Karanfil

Ebenfalls betroffen von den Repressionen in jener Nacht waren die Räumlichkeiten des Interbüro und des Karanfil. Das Interbüro ist ein internationalistisches Gemeinschaftszentrum, in dem verschiedene linke Gruppen Stadtteilarbeit leisten und offene Kultur- und Bildungsangebote schaffen. Das Café Karanfil ist seit Jahren ein bekannter linker und migrantischer Ort, wo Solidarität untereinander gelebt wird. Der Besitzer des Cafés selbst war 15 Jahre lang politischer Gefangener in der Türkei wegen seiner fortschrittlichen Ansichten und politischen Arbeit. Er kam als politischer Geflüchteter nach Deutschland, war jahrelang aktiv in der Geflüchtetenbewegung und wurde nun auch vom deutschen Staat angegriffen. Auch seine elektronischen Geräte wurden konfisziert und das Café verwüstet. Unabhängige und linke Räume, wie die angegriffenen, kämpfen häufig ums Überleben wegen steigender Mieten und fehlender Förderung. Repressionen wie diese greifen gezielt die Existenzgrundlage dieser solidarischen Orte an.

Angriffe auf Linke in Zeiten vom aufsteigenden Faschismus

Ein Satz in einem Flyer reichte aus, um mit 170 Polizisten die Wohnungen von vier jungen Frauen zu stürmen. Währenddessen konnten die Faschisten der AfD samt Beteiligung von CDU Politikern und Superreichen unbehelligt ein Geheimtreffen abhalten, bei dem sie die massenhafte Abschiebung von Migrant:innen planten. Auch die Ampel Regierung treibt durch neue restriktive Asylgesetze den Rechtsruck voran. Ob im Untergrund oder offen in staatlichen Institutionen: Seit Jahren organisieren sich Nazis immer weiter. In etwa einer Woche jährt sich der faschistische Anschlag von Hanau, bei dem ein den Behörden bekannter Rechtsextremist neun Menschen das Leben nahm – Eine Aufklärung der Tat wird konsequent verhindert.

Diese Zuspitzung der Repressionen ist keine Überraschung in Anbetracht der letzten Wochen. Einschränkungen des Demonstrationsrechts, Verbote von Organisationen, Polizeigewalt und willkürliche Festnahmen sind in den letzten Monaten zur Normalität geworden. Während es aktuell vor allem die palästinasolidarische Bewegung ist, die zur Zielscheibe der Repression geworden ist, sind es die gesamten fortschrittlichen bis revolutionären Kräfte, die von diesen Entwicklungen eingeschränkt und geschwächt werden sollen. Wir haben letztes Jahr öffentliche Fahndungen nach Antifaschist:innen gesehen, die Verurteilung von Lina E. zu mehreren Jahren Haftstrafe, den Leipziger Kessel und jetzt die mögliche Auslieferung von Antifaschist:innen nach Ungarn. Bei der Luxemburg – Liebknecht – Lenin Gedenkdemonstration wurden zwei Genossen in Untersuchungshaft gesteckt und die Berliner Polizei ist mit beispielloser Brutalität gegen die Demonstrierenden vorgegangen: Mehrere mussten schwerverletzt ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Der Anstieg der Repressionen dient der Einschüchterung der revolutionären Bewegung zu Zeiten des Aufstiegs des Faschismus. Faschismus bedeutet immer noch Einschränkung der politischen Freiheit und härteste, konsequenteste Repression gegenüber den politischen Feinden.

Doch wir werden jetzt erst recht gegen ihre Angriffe zusammenstehen, gegen den Faschismus weiterkämpfen und uns nicht kriminalisieren lassen! Wir stehen aufrecht gegen ihre Repressionen! Wir verurteilen die unverhältnismäßigen Maßnahmen gegen die Betroffenen!

Wir fordern:

-Freiheit für Lina, Jo, Dy, Ilaria, Gabriele und Maja. Freiheit für den Inhaftierten der LLL-Demonstration! Freiheit für alle politischen Gefangenen!

-Schluss mit der Hetzkampagne gegen ZORA und andere palästinasolidarische Organisationen und Aktivist:innen.

-Entschädigung für die zerstörten und konfiszierten Gegenstände im Café Karanfil, Interbüro und in den Privatwohnungen. Alle Anschuldigungen sollen fallen gelassen werden!

-Rücktritt der Innensenatorin Iris Spranger!

-Die Polizisten sollen für ihr gewaltsames Vorgehen gegen die Genoss:innen zur Rechenschaft gezogen werden.