Proteste in den USA gegen die Hinrichtung von Troy Davis

In der kommenden Woche soll nach dem Willen der Justiz im US Bundesstaat Georgia die Hinrichtung des Afroamerikaners Troy Davis stattfinden. Der Fall ist seit vielen Jahren stark umstritten und derzeit läuft in den USA eine große Mobilisierung, um diese Hinrichtung zu verhindern. Am Vorabend eines weltweiten Aktionstages schreibt Marlene Martin von der Campaign to End the Death Penalty (CEDP) über die laufende Auseinandersetzung und gibt Einblicke in die familiären Auswirkungen, die die Todesstrafe vermutlich überall hat.

Der Text wurde von einigen aus dem Berliner Free Mumia Bündnis aus dem Original übersetzt.

Nach vielen langen Jahren des Kämpfens bleiben uns nun nur noch wenige Tage um das Leben von Troy Davis, Todeskandidat in Georgia, zu retten. Davis soll am 21. September hingerichtet werden. Diese nervenzerreißenden Momente sind alles was bleibt, um drei der fünf Mitglieder des Ausschusses für Begnadigung und Bewährung in Georgia zur Gnade für Troy zu bewegen. Seine rechtlichen Möglichkeiten sind erschöpft.

Sollte der Ausschuss eine Begnadigung bewilligen, wird Troy entweder Lebenslänglich oder Lebenslänglich ohne Bewährung erhalten. Dieser „gute“ Ausgang bedeutet wieder andere Grausamkeiten, gegen die wir kämpfen werden, sobald wir die Grundlage dafür haben – aber diese Grundlage müssen wir erst schaffen!

Das System in Georgia funktioniert so, dass der Bewährungsausschuss über Begnadigungen entscheidet, nicht der Gouverneur- er ernennt zwar die Mitglieder des Bewährungsausschusses, kann aber selbst keine Gnade gewähren und kann eine Entscheidung des Ausschusses nicht aufheben. Selbst Präsident Obama hat hier keinen Einfluss – in einem Kriminalfall eines einzelnen Staates kann er keine Gnade gewähren. Natürlich hätte es enorme Auswirkungen, wenn er Troy verbal unterstützen würde, aber AktivistInnen für Troy halten dies für unwahrscheinlich.

Der Ausschuss wird am Montag, den 19. September, in Atlanta eine Anhörung zur Begnadigung in Troy’s Fall halten. Das könnte Stunden dauern – eine frühere Begnadigungsanhörung für Troy dauerte zehn Stunden. Der Ausschuss wird wohl seine Entscheidung zum Ende des Tages fällen. AktivistInnen werden den ganzen Tag lang vor dem Gebäude eine Mahnwache halten.

Wir wissen nicht, wie diese Auseinandersetzung enden wird, aber wie Darby Tillis, ein frührer Todeskandidat aus Illinois mir gestern sagte: „Wir müssen weiterhin stark sein, wachsam bleiben und bis zum bitteren Ende kämpfen.“

Starke, sichtbare Unterstützung für Troy wird am weltweiten Aktionstag am 16. September sowie bei der Mahnwache vor der Anhörung im Berufungsausschuss am 19. September unglaublich wichtig sein. Das könnten die ausschlaggebenden Faktoren sein, die den Fall für Troy entscheiden.

Bis jetzt war die Reaktion auf die Bedrohung von Troys Leben überwältigend. So wie es aussieht, werden Tausende am 16. September in Atlanta auf die Strasse gehen und danach einer Kundgebung in der berümten Ebenezer Baptist Church zuhören – der Kirche, an der Martin Luther King Jr. Priester war.

Rev. Jesse Jackson wird sich mit seinem Sohn auf den Weg nach Atlanta machen; Troys Familie wird dort sein, wie auch die ehemaligen Gefangenen Lawrence Hayes, Darby Tills und Mark Clements, Unterstützer der Campaign to End the Death Penalty (Kampagne zur Beendigung der Todesstrafe). Auch Mitglieder von Amnesty International, der NAACP (die ankündigte, dass 2500 ihrer Mitglieder demonstrieren werden) und viele andere Bündnisse für soziale Gerechtigkeit und StudentInnengruppen werden vor Ort sein.

Vor der Demo wird es auf Uni- Campussen Transpi Aktionen für Troy geben, es werden in Georgia und dem Rest des Landes unaufhörlich Unterschriften gesammelt und Flyer verteilt um allen klarzumachen, dass sie am 16. September auf die Strasse kommen und Unterstuetzung fuer Troy zeigen sollen.

Vor kurzem rief ich Troys Schwester, Martina Correia, an, in der Hoffnung ein paar Worte mit ihr austauschen zu können. Martina ist seit vielen Jahren das Herz und die Seele des Kampfes zur Rettung von Troy, obwohl sie aufgrund ihrer Brustkrebserkrankung schrecklich leidet.

Als ich anrief ging ihr Sohn ans Telefon und erklärte, dass es ihr zu schlecht ging um mit mir zu sprechen und auf dem Weg zurück ins Krankenhaus sei. Ich bat ihn, Martina eine Nachricht der Unterstützung und Liebe zu übermitteln und ihr zu versichern, dass wir alles tun und weiterhin tun werden, um Solidarität für Troy zu mobilisieren.

Ihr Sohn sagte mir dann, er hätte das Telefon auf Lautsprecher und ich hörte Martina, mit schwacher Stimme: “Hallo Marlene – danke.” Als ich ihre Stimme hörte, brach ich in Tränen aus. Diese starke Frau ist der Grund, warum der Kampf um Troy Davis so mächtig ist, wie er ist – wegen ihrer jahrelangen, unermüdlichen Arbeit, weil sie auf grossen und kleinen Veranstaltungen spricht, und jede Woche reist um Troy zu besuchen. Ihr Bruder sitzt seit 19 Jahren im Todestrakt – das sind also viele Besuche und der Todestrakt ist Stunden von ihrem Zuhause entfernt.

Ich erinnerte mich, dass Martina jederzeit bereit und willens war, jedem die Wahrheit über Troy zu erzaehlen. Sie beantwortete jeden Anruf persönlich, sogar mit den stärksten Halsschmerzen. Auch jetzt sorgte sie dafür, dass ihr Sohn jeden einzelnen Anruf entgegennahm.

Ich erinnerte mich an Martinas Sohn, der inzwischen am College ist – wie schwer es wohl für ihn gewesen ist, seine Mutter ins Krankenhaus zurückgehen sehen zu müssen, zu krank um ihren Bruder besuchen zu können, und natürlich die Bedrohung der nahenden Hinrichtung seines geliebten Onkels Troy.

Aber als Martina mich hörte, hatte sie nichts als Entschlossenheit in ihrer schwachen Stimme. Sie sagte mir ich solle nicht weinen und dass alles gut sei.

Jemand der Troy vor kurzem besucht hatte sagte, er sei guter Dinge und dankbar für alles, was für ihn getan werde – und dass er alle auffordere, den Druck aufrechtzuerhalten. .Aber Troy hatte einen Moment der Schwäche, nämlich als er über seine Schwester Martina sprach – in diesem Moment kamen ihm die Tränen.

Darby Tills sagte mir, “Dieser Mann hat drei angesetzte Hinrichtungstermine hinter sich. Drei Mal hat er diese Folter schon durchlebt – sie können ihn einfach nicht umbringen.”

Wir wissen jedoch, dass sie es können. Wenn Martina und all die Leute, die sich für Troy eingesetzt haben, ob vor Gericht oder auf der Strasse, nicht standhaft gewesen wären, wäre er jetzt schon tot.

Es ist nun an der Zeit, alles zu tun was in unserer Macht steht – für Troy einzustehen, Martina zu unterstützen, Troys Begnadigung und die Abschaffung der Todesstrafe weltweit zu fordern!

Alle raus auf die Strasse für Troy!

Ihr könnt Troys Schwester Martina eine Nachricht schicken. Schreibt an
Martina Correia
169 Parkview Road
Savannah, GA 31419-9671

Ihr könnt Troy unter dieser Adresse schreiben:
Troy Anthony Davis
#657378
PO Box 3877 GDCP
G – 2 – 39
Jackson, GA 30233

Bitte versteht, dass Troy versucht jeden Brief persönlich zu beantworten – da er jedoch im Moment mit Post überflutet wird, hat er wohl einfach keine Zeit dazu. Trotzdem freut er sich zweifellos über jede Nachricht der Unterstützung von euch.