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»Kuba hat die vage Hoffung auf einen Austausch«

Hamburger Völkerrechtler informierte in den USA dort über die inhaftierten »Cuban Five«. Ein Gespräch mit Norman Paech

Sie sind soeben aus den USA zurückgekehrt, wo Sie sich für die »Cuban Five« eingesetzt haben – für kubanische Staatsbürger also, die wegen Spionagevorwürfen in Florida zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt sind. Welchen Stellenwert hat der Fall?

Die fünf Verurteilten haben für die kubanische Regierung und Gesellschaft die Bedeutung, die in Israel Gilat Schalit zukam, einem Soldaten, der im Gazastreifen Gefangener der Hamas war. Die Männer in Miami wurden bereits vor 15 Jahren zu Haftstrafen zwischen 15 Jahren und zweimal lebenslang verurteilt. Das Verfahren war grob unfair und genügte rechtsstaatlichen Maßstäben überhaupt nicht. Nachdem die Mittel auf juristischem Wege fast vollständig ausgeschöpft sind, strebt die Regierung in Havanna eine politische Lösung an und will für eine Begnadigung entsprechenden Druck auf Washington aufbauen.

Welche Unterstützung haben Sie geleistet?

Es gibt ein weltweites und ein US-Komitee zur Befreiung der Cuban Five, welche beide in Kalifornien beheimatet sind und eine internationale Woche der Solidarität ausgerufen haben. Ich wurde eingeladen, daran teilzunehmen. Also betrieben wir Lobbyarbeit im Kapitol, und ich sprach auf einer Veranstaltung sowie einer Demonstration.

Wie verliefen Ihre Treffen im Kapitol, dem Parlamentssitz in Washington?

Kein Senator oder Kongreßabgeordneter hat sich unseren Fragen direkt gestellt, sondern nur Mitarbeiter geschickt. Die waren erstaunlich wenig informiert über das Thema. Sie wußten allerdings von Alan Gross, der als Mitarbeiter von US Aid in Kuba tätig und als CIA-Spion aufgeflogen war. Ein Gericht verurteilte ihn zu einer 15jährigen Freiheitsstrafe, er sitzt jetzt seit zwei Jahren im Gefängnis. So haben wir Aufklärungsarbeit geleistet, wobei man uns schnell zu verstehen gab, daß vor den Wahlen im Herbst mit keiner Initiative der Parlamentarier zu rechnen ist.

Und welche Wahrscheinlichkeit sehen Sie dafür?

Wir sind skeptisch, die Hoffnungen auf US-Präsident Barack Obama sind sehr gering. Er hat andere außenpolitische Prioritäten. Die Haltung gegenüber Havanna zeigte sich zuletzt während des Gipfels der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) im kolumbianischen Cartagena in der vergangenen Woche, als Obama auf Ausschluß Kubas bestand, während mehrere lateinamerikanische Staaten erklärten, zu keiner Tagung mehr zusammen zu kommen, wenn Kuba außen vor bleibt. Das zeigt den gewaltigen Einfluß, den die exilkubanische Camarilla in Miami noch immer auf die Politik hat.

Die Frage der Cuban Five stört wie ein Pfropfen im Flaschenhals die amerikanisch-kubanischen Beziehung. Solange dieses Problem nicht gelöst ist, kann es keine Annäherung auf anderen Gebieten geben, etwa der Wirtschaftsblockade.

Sie waren wegen der gefangenen Kubaner auch in Havanna selbst?

Ja, ich habe im vergangenen Jahr an einer internationalen Konferenz teilgenommen und mit dem Parlamentspräsidenten gesprochen. Dort erfuhr ich, daß Obama zwar als blendender Redner geschätzt wird, man von ihm in der Praxis aber nichts erwartet. Nach meiner Wahrnehmung hegen die Kubaner durchaus die vage Hoffnung, daß es einen Austausch geben könnte.

Der wäre also nur ein Tauschobjekt?

Das könnte man meinen, wenn man nicht wüßte, daß Gross für Obama nicht den Stellenwert hat, wie Gilat Shalit für die israelische Regierung. Außerdem wurde Gross als klassischer Spion überführt, inklusive seiner technischen Ausrüstung. Die Cuban Five dagegen haben zwar die exilkubanische Szene in Miami unterwandert, aber nicht die Sicherheit der USA bedroht. Sie wollten Terroranschläge in der Tradition der Invasion in der Schweinebucht verhindern. In den zehn Jahren vor 1999 wurden bei solchen Angriffen insgesamt 3500 kubanische Staatsbürger ermordet.

Die Überwachung der Exil­opposition wird aber auch in Deutschland vom Inlandsgeheimdienst verfolgt, dem sogenannten Verfassungsschutz.

Kuba bestreitet die Agententätigkeit gar nicht. Es geht nicht zuletzt darum, daß die Strafen viel zu hoch sind und die Männer ihre Familien seit Jahren nicht gesehen haben.