Auf der Demonstration in Gedenken an die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in Berlin kam es am vergangenen Sonntag zu massiver Polizeigewalt. Demosanitäter:innen, die vor Ort waren berichten hier von ihren Erfahrungen.
Sanitäter:innen berichten von Schwerverletzten und Behinderung ihrer Arbeit auf der LL-Demo
Wir waren zusammen mit mehreren Gruppen als Demonstrationssanitäter:innen anwesend, um die medizinische Absicherung dieser Großveranstaltung zu gewährleisten. Erwartet hatten wir eine ruhige Demonstration, sie endete jedoch mit vielen, teils Schwerverletzten, durch massive Polizeigewalt.
Der Start am Frankfurter Tor verlief ruhig und bot die Möglichkeit uns mit den anderen Sanitätsgruppen zu koordinieren. Auf der Hälfte der Route erfuhren wir, dass es eine Festnahme im Palästina-Block gegeben haben soll. Während die Demonstration aus Solidarität mit der festgenommenen Person umdrehte, waren wir mit einer Behandlung beschäftigt, sodass wir erst später zu der bereits eskalierten Situation hinzustießen. Die Lage war unübersichtlich und erste Festnahmen bereits im Gange. Einige der festgenommenen Personen bluteten am Kopf. Unsere Versuche Kontakt mit den Personen aufzunehmen und ihnen medizinische Erstversorgungen zu gewährleisten, wurden von Polizist:innen teilweise behindert. Unter anderem wurden wir von ihnen zur Seite gewiesen, mit der Begründung, dass auch wir Teil der Demonstration seien.
Diese Behinderung unserer Arbeit ist unzulässig und skandalös. Zudem wurde von Seiten der Polizei versucht erkennungsdienstliche Maßnahmen teilweise mit Zwang durchzuführen, obwohl die Person gleichzeitig medizinisch behandelt wurde. Dadurch wurde nicht nur die von uns behandelte Person gefährdet, sondern auch eine weitere Behandlung verzögert und damit das Recht auf medizinische Versorgung verletzt.
Die Mehrzahl der von uns beobachteten und behandelten Verletzungen waren (teilweise schwere) Kopfverletzungen, meist ausgelöst durch gezielte Faustschläge auf Kopfhöhe durch die Bereitschaftspolizei, was eine besondere Gefährdung darstellt. So wurden es rasch mehr und mehr Verletzte, was die Versorgung aller erschwerte. Hinzu kam, dass eben diese Verletzungen dazu führten, dass mehrere Rettungswägen, sowie ein:e Notärzt:in zu einer bewusstlosen, akut lebensbedrohlich verletzten Person alarmiert werden musste. Die Unübersichtlichkeit führte dazu, dass Patient:innen teilweise länger auf rettungsdienstliche Versorgung und einen anschließenden Transport in Notaufnahmen warten mussten. Nach einiger Zeit beruhigte sich die Situation, sodass wir der Demonstration zum Friedhof folgen konnten, wo wir uns später von der Gedenkveranstaltung verabschiedet haben.
Wir verurteilen die massive Polizeigewalt, speziell gezielte Gewalteinwirkungen auf den Kopf, sowie die Behinderung unserer Arbeit, unter anderem durch die Priorisierung erkennungsdienstlicher Maßnahmen vor medizinischer Versorgung. Neben weiteren Sanitätsgruppen war auch das Sanitätskollektiv Hamburg anwesend. Ihr Statement folgt die Tage, denn Vorfälle wie diese müssen öffentlich aufgearbeitet werden.
Falls ihr Polizeigewalt erlebt (habt), wendet euch gerne an Demonstrationssanitäter:innen oder andere Antirepressionsgruppen, wie beispielsweise die Rote Hilfe oder ReachOut.
Wir danken allen anderen Sanitäter:innen, Rettungskräften, parlamentarischen Beobachter:innen und Demonstrationsteilnehmer:innen für ihre Unterstützung und wünschen allen Verletzten eine schnelle und vollständige Genesung.