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Savvas Xiros erhält Haftverschonung

Savvas Xiros wird endlich im Krankenhaus behandelt werden können. Das zuständige Gericht in Piräus gab am Donnerstag dem Antrag des ehemaligen Stadtguerillas der Organisation 17. November auf eine
fünfmonatige Unterbrechung der Haft zur Behandlung seiner schweren gesundheitlichen Schäden im Universitätskrankenhaus von Thessaloniki statt. Savvas Xiros war vor fast genau 10 Jahren im Hafen von Piräus von der Polizei gefasst worden, als ihm eine für einen Kartenverkaufskiosk gedachte Bombe zu früh in der Hand explodierte.

Zwischen Leben und Tod schwebend war der Schwerverletzte unter Brechung nationaler und internationaler Gesetze unmittelbar anschließend  im Krankenhaus von Polizei und Staatsanwaltschaft verhört worden. Obwohl die Verhöre ohne Beisein eines Anwaltes und ohne dass Savvas Xiros sich der Situation überhaupt bewusst war stattfanden, wurden die Ergebnisse in den anschließenden Verfahren gegen 19 mutmaßliche Mitglieder der zwischen 1975 und 2002 aktiven Stadtguerillaorganisation 17. November verwendet und trugen maßgeblich zur Verurteilung von 15 der Angeklagten zur langjährigen bis mehrfach lebenslangen Gefängnisstrafen bei. Savvas Xiros selbst wurde zu 5 Mal lebenslanger plus 25 Jahren Haft verurteilt.

Der seit seiner Verlegung aus dem Krankenhaus zusammen mit den anderen Verurteilten im unterirdischen Sicherheitstrakt der Gefängnisse von Korydallos eingesperrte Savvas Xiros hat sich von den durch die Explosion und die anschließende „Behandlung“ im Krankenhaus erlittenen Schäden nie erholt. Im Gegenteil, der Zustand seiner durch die Explosion stark geschädigten Augen hat sich während des Gefängnisaufenthaltes noch verschlechtert. Als er ihn das erste Mal gesehen haben, habe sein Sehvermögen auf dem einen Auge immerhin noch 4/10 betragen, sagte am Donnerstag vor dem Haftprüfungsgericht sein behandelnder Augenarzt aus. Inzwischen sei die Sehfähigkeit dort auf
ein halbes Zehntel gesunken, so Nikos Kkarakoukis, was bei einer Bewilligung bereits in der Vergangenheit gestellter Anträge auf Haftaussetzung zur Behandlung in einem Krankenhaus hätte vermieden werden können. Insgesamt fünf Mal hat sich Savvas Xiros mit entsprechenden Anträgen an die Justiz gewandt. Doch obwohl auch die bestellten Gerichtsmediziner dem kranken Gefangenen mehrfach bescheinigt hatten, dass die bisherige Behandlung mit sporadischen Operationen und anschließender Behandlung vollkommen unzureichend ausgestatteten Gefängniskrankenhaus nicht ausreichen und sogar der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Behandlung des Schwerkranken als unmenschlich eingestuft hatte, waren alle bisherigen Anträge abgelehnt worden.

Die gestrige Entscheidung des Gerichtes sei ein erster, aber wahrscheinlich der schwierigste Schritt auf dem Weg zu einer endgültigen Entlassung aus dem Gefängnis gewesen, erklärte Savvas Xiros am Donnerstag Nachmittag vorläufig noch wieder aus dem Kellerknast telefonisch. Von der nun anstehenden Behandlung erhoffe er sich vor allem, dass sich sein Zustand nicht noch weiter verschlechtere. Wenn dabei die Augenoperation gelänge, könnte sich sein Sehvermögen soweit verbessern, dass er in der Lage wäre, sich zu orientieren und wieder ohne Hilfe zu Laufen, erläuterte Savvas. Seit 2005 habe er, auch weil seine Augen das Sonnenlicht nicht ertrügen, nicht mehr am Hofgang teilnehmen können. Tägliches Gehen aber sei die
Voraussetzung dafür, dass auch andere seiner Gesundheitsprobleme, wie beispielsweise eine durch die Kellerhaft und Durchblutungsstörungen entstandene chronische Entzündung der Beine geheilt werden könnten.
Die an den in Deutschland wieder aktuell gewordenen Fall von Hermann Feiling erinnernden Erlebnisse sind von Savvas Xiros in einem Buch festgehalten worden, dass seit 2007 auch auf deutsch erhältlich ist:
Savvas Xiros: Guantanamo auf griechisch. Zeitgenössische Folter im Rechtsstaat, Übersetzung aus dem Griechischen und mit einer Einführung von Heike Schrader, Pahl-Rugenstein Verlag, 2007, 130 S., 13,90 Euro, ISBN 978-3-89144-394-1
Heike Schrader

Anmerkung
Das ist längere Fassung  des in der „jungen Welt“ vom 7.7.2012 erschienenen Textes von Heike Schrader