Scharfe Kritik an Polizeieinsatz bei Antikriegsparade in Köln

Nach dem Polizeieinsatz bei der Antikriegsparade in Köln erheben Veranstaltende schwere Vorwürfe: Der Protest sei gezielt delegitimiert worden, Videomaterial widerspreche der Darstellung der Polizei. Auch eine Bundestagsabgeordnete wurde angegriffen.

Rheinmetall Entwaffnen: Die Polizei lügt
Nach dem gewalttätigen Polizeieinsatz bei einer Antikriegsdemonstration in Köln am vergangenen Samstag sind schwere Vorwürfe gegen die Polizei laut geworden. Laut den Veranstaltenden und veröffentlichtem Videomaterial habe die Polizei versucht, den friedlichen Protest gezielt zu delegitimieren – unter anderem durch die Verbreitung falscher Darstellungen zum Einsatzverlauf.

Organisiert wurde die antimilitaristische Parade, die auf ein mehrtägiges Antikriegscamp im Kölner Grüngürtel folgte, vom Bündnis „Rheinmetall Entwaffnen“ und dem Kölner Friedensforum. Schon vor Beginn der Demonstration war es zu erheblichen Verzögerungen gekommen. Die Polizei hatte den Aufzug für mehr als eine Stunde am Startpunkt blockiert und dies mit angeblicher Vermummung sowie dem Mitführen von „Eisenstangen“ begründet.

Veranstaltende: Polizei verbreitet irreführende Darstellung

In einem im Nachgang veröffentlichten Bericht des Anmelders der Demonstration heißt es, lediglich etwa 30 von rund 3.000 Teilnehmenden seien teilweise vermummt gewesen. Bei den als „Eisenstangen“ bezeichneten Gegenständen habe es sich um PVC-Rohre und Teleskopfahnenstangen aus Dünnblech gehandelt – Demonstrationsutensilien, wie sie bei Versammlungen regelmäßig verwendet werden und durch das Versammlungsrecht gedeckt sind.

Auch während des weiteren Verlaufs sei die Polizei konfrontativ aufgetreten. In einer offiziellen Mitteilung erklärte die Polizei Köln, ein Einschreiten sei notwendig gewesen, nachdem zwei Verbindungsbeamte während einer Fahrzeugkontrolle von Teilnehmenden zu Boden gestoßen worden seien. Diese „feige Attacke“ habe den Einsatz ausgelöst und „Schlimmeres verhindert“, so die Polizei.

Ein von einem Anwohnenden gefilmtes Video, das am Sonntag veröffentlicht wurde, zeichnet allerdings ein anderes Bild. Die Aufnahmen zeigen eine ruhige Situation, in der ein Trupp behelmter Bereitschaftspolizist:innen offenbar nach Abschluss einer Kontrolle den Demonstrationszug verlässt. In diesem Moment kommt es zu einer kurzen, unübersichtlichen Situation, in der zwei Teilnehmende versuchen, durch die Polizeireihen zu gelangen – ohne erkennbare Aggression oder gezieltes Stoßen.

Eskalation durch Polizeieinheit dokumentiert

Unmittelbar darauf stürmt eine Gruppe der Beamt:innen in die Demonstration und beginnt, Teilnehmende zu schubsen und zu schlagen. Weitere Polizeikräfte schließen sich dem Vorgehen an. Insgesamt sind mehrere Dutzend an dem Übergriff beteiligt. Der Demonstrationszug wurde daraufhin aufgespalten, einzelne Gruppen zusammengedrängt und weiterhin körperlich angegangen.

Szenen des Angriffs zeigen auch, dass Sanitäter:innen und eine Bundestagsabgeordnete betroffen gewesen sind. Auf einem weiteren Video ist zu sehen, wie die Linke-Politikerin Lisa Schubert trotz Hinweis auf ihren Status als parlamentarische Beobachterin gezielt ins Gesicht geschlagen wird. Die Polizei sprach in ihrer Mitteilung lediglich von einem „möglichen Schubser“ gegen die Abgeordnete.

Rheinmetall Entwaffnen: „Der gesamte Einsatz war ein Desaster“

Dina Pütz, Sprecherin von Rheinmetall Entwaffnen, kritisierte das Vorgehen scharf: „Die Darstellung der Polizei ist eine bewusste Fehlleitung. Die Selbstanzeige in einem einzelnen Fall wirkt wie eine Nebelkerze – der gesamte Einsatz war ein Desaster.“

Pütz berichtet unter anderem von einem Sanitäter, der von Polizeikräften mit dem Kopf gegen eine Wand geschleudert wurde (ebenfalls in dem YouTube-Video zu sehen), sowie von einem weiteren, der später eine Anzeige wegen schweren Landfriedensbruchs erhalten habe. Auch ein Journalist sei festgenommen worden. Insgesamt würden über 500 Personen nach dem Vorfall nun beschuldigt, die Polizei angegriffen zu haben.

Vorherige Verbotsversuche durch Polizei

Bereits im Vorfeld der Aktionstage hatte die Polizei versucht, das einwöchige Protestcamp sowie die Parade gerichtlich verbieten zu lassen – ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht Münster erklärte das Verbot für nichtig. Trotz dieser Versuche versammelten sich laut Angaben der Organisator:innen über 1.500 Personen zum Camp und mehr als doppelt so viele zur abschließenden Parade.

Pütz zieht daraus ein klares Fazit: „Dieser Protest passt nicht zur gesamten Militarisierung, die keinen Widerspruch zulässt. Die Versuche der Polizei, unseren Protest zu diskreditieren, sind Teil der ‚Kriegstüchtigkeit‘ im Inneren. Für uns alle war sofort klar, dass unser Antikriegsprotest als „Ausschreitung“ diffamiert werden sollte.“

Dennoch sei die Bewegung handlungsfähig geblieben: Die Demonstration sei vor Ort geblieben, Betroffene seien unterstützt worden und man habe das politische Ziel – ein sichtbares Zeichen gegen die deutsche Kriegspolitik – trotz Repressionen erreicht.

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