frankreich

Solidarität mit den »fünf von Air France«

Gewerkschafter wenden sich gegen die Kriminalisierung von verhafteten Mitarbeitern der Fluggesellschaft

Von Georges Hallermayer, junge Welt 24.10.15

Protstkundgebung von Mitarbeitern der Air France gegen Inhaftierung von Kollegen am 12. Oktober in Roissy nahe Paris

Am Montag begannen in Frankreich Solidaritätsaktionen für die in Untersuchungshaft genommenen Mitarbeiter der Luftfahrtgesellschaft Air France. Den Auftakt bildete eine Kundgebung vor der Frachtabfertigung im Flughafen Roissy bei Paris.

Die Aktion der betroffenen Kollegen sei »ein Schrei des Zorns und keine Lynchjustiz« gewesen, erklärte ein Mitarbeiter. Am 2. Dezember hatten der Personalchef der Fluggesellschaft, Xavier Broseta, sowie Vorstandsmitglied Pierre Plissonnier, bei einer Betriebsversammlung neue Kürzungspläne vorgestellt. 2.900 Stellen sollen nach dem Willen des Managements vernichtet werden, weitere soziale Einschnitte folgen. Hunderte Beschäftigte hatten das Treffen der Konzernleitung mit dem Betriebsrat gestürmt. Während des Tumults wurden Broseta und Plissonnier die Hemden zerrissen, die Spitzenmanager mussten sich über einen Zaun vor den Demonstranten in Sicherheit bringen. Die Bilder davon gingen um die Welt.

Viele Gewerkschafter sehen eine der Ursachen für den Jobabbau darin, dass der französische Staat im Zuge eines Rüstungsgeschäfts (Verkauf von Jagdflugzeugen vom Typ »Rafale«) mit der Golf-Diktatur Katar deren Airline zusätzliche Landerechte in Frankreich eingeräumt hat. Dies sei zu Lasten der Air France gegangen. Fast 3.000 Menschen sollen demnach den Staatsdeal mit ihrem Arbeitsplatz bezahlen. Unmittelbar nach dem Aufruhr hatte die Justiz intensiv Jagd auf die »Schuldigen« gemacht, sie angeblich schnell identifiziert und in Haft genommen.

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Die »fünf von Air France« sollen am 2. Dezember vor Gericht gestellt und bestraft werden. Doch die Beschuldigten erfahren großen Zuspruch. Viele Air-France-Angestellte protestierten am Montag gegen die Kriminalisierung der Kollegen. Sie führten an, dass beispielsweise Steuerhinterzieher und Geldwäscher, wie Exfinanzminister Jérôme Cahuzac oder der Bürgermeister von Levallois-Perret, Patrick Balkany, mit Samthandschuhen angefasst würden. Aus der unabhängigen satirischen Wochenzeitung Canard enchaîné mussten die Kollegen inzwischen erfahren, dass für 2017 vorgesehen ist, weitere 5.000 Arbeitsplätze zu vernichten

Das Konzernmanagement, mit der Regierung im Rücken, verstärkt inzwischen die Repression: Elf Angestellte der Frachtabteilung wurden vergangenen Dienstag und Mittwoch polizeilich vernommen, zwei Piloten bis Ende November suspendiert, wie die Pilotengewerkschaft SNPL bestätigte. Dies geht einher mit dem Urteilsspruch des Arbeitsgerichts in Bobigny (Region Paris) vom Freitag, wonach die Piloten eine Erhöhung ihrer Arbeitszeit hinzunehmen hätten. Dasselbe Amtsgericht wird am 2. Dezember ein Urteil über die fünf Untersuchungshäftlinge fällen.

Die im Zivilflugsektor vertretenen zwölf Gewerkschaften haben in einer gemeinsamen Erklärung gegen das Vorgehen protestiert. Sie fordern, die juristisches Verfolgung der verhafteten Kollegen und die Disziplinierung bei Air France einzustellen. Um sich Gehör zu verschaffen, rufen sie alle Beschäftigten für den 22. Oktober auf die Straße – vor das Gebäude der Nationalversammlung. Eine Gliederung der Gewerkschaft CGT stellte eine Petition ins Netz: »Stoppt die Verfolgungen«. Bis zum 14. Oktober mittags hatten das 12.187 Personen unterschrieben. Auch Solidaritätserklärungen anderer Branchenvertretungen der CGT häufen sich. Das Portal ActuToulouse berichtete, dass sich am Freitag über hundert Demonstranten vor dem Industriezentrum von Air France in Blagnac versammelten und eine Spendensammlung für die von Strafen bedrohten Kollegen in Angriff nahmen.