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Streikende Arbeiter:innen für Corona-Infektionen verantwortlich zu machen, ist absurd!

Nun hat er sich die streikenden Eisenbahner:innen als Zielscheibe ausgesucht. – Ein Kommentar von Kevin Hoffmann
Mit der Corona-Pandemie und den ihr hinterher rennenden Maßnahmen der deutschen Bundesregierung ist auch der oft unscheinbar wirkende 58jährige SPD-Politiker Karl Lauterbach beinahe täglich in Fernsehen, Radio und Zeitungen anzutreffen. Dabei tritt er stets als das scheinbar rational und wissenschaftlich argumentierende „Gewissen“ auf und bereitete mit seinen inhaltlich radikalen Forderungen die Basis für weitgehende Einschnitte von Grundrechten und privatem wie gesellschaftlichem Leben. Dabei stellt sich der Bundestagsabgeordnete gerne als vernunftmäßiger Einzelkämpfer da, obwohl seine Partei selbst einen Teil der Bundesregierung stellt.

Da die Corona-Infektionen in den letzten Tagen und Wochen wieder stark ansteigen, ist auch Lauterbach wieder öfter in den Schlagzeilen, und er hat auch schon neue Schuldige für steigende Inzidenzen gefunden: die streikenden Eisenbahner:innen der Gewerkschaft GDL.

Lauterbach stimmt damit ein in die reaktionäre Medienhetze zahlreicher Politiker:innen, der Wirtschaft und der großen Medienhäuser. Er überflügelt viele von ihnen mit seiner heuchlerischen Argumentation jedoch bei weitem. Die Funke Mediengruppe zitiert Lauterbach mit den Worten: „Der Streik der Lokführer wird zu mehr Corona-Infektionen führen“ und weiter: Ein Tarifstreit „in dieser Form auf dem Rücken der gesunden Bevölkerung ist ziemlich rücksichtslos.“

Wie absurd werden hier doch vollkommen unterschiedliche Fakten miteinander vermischt und zu einer der Argumentation passenden Realität geschmiedet. Die Corona-Zahlen steigen seit Wochen drastisch an, der Streik der GDL hat damit erst einmal gar nichts zu tun und wird zweitens natürlich nicht auf dem „Rücken der gesunden Bevölkerung“ ausgetragen. Drittens ist hier doch vor allem diese vollkommen einseitige Zuschreibung der „Schuldfrage“ an den anhaltenden Arbeitskampf absurd, richtet sie sich doch allein gegen die streikenden Arbeiter:innen und nicht gegen das Management der Deutschen Bahn, die in jeder Krise erneut ihre Boni erhöht und Nullrunden für die Arbeiter:innen durchziehen will. Auch hier sehen wir wieder, dass sich Lauterbach selbst klar als Politiker des Monopolkapitals entlarvt. Immerhin kommt er selbst zu dem Schluss, dass es der Gewerkschaft offenbar auch „um möglichst viel Außenwirkung“ gehe. Chapeau (Hut ab), scharfsinnig kombiniert unser Sherlock!

Gerade angesichts solcher Medienkampagnen à la Lauterbach wird es besonders wichtig, den Arbeitskampf der Eisenbahner:innen solidarisch und mit langem Atem zu unterstützen. Selbstverständlich sind nicht die streikenden Arbeiter:innen für steigende Infektionszahlen verantwortlich, sondern eine Regierung (inklusive Lauterbachs eigener Partei), der auch nach 1,5 Jahren Pandemie nichts Besseres einfällt, als einen Virus mit immer weiteren Grundrechtseinschränkungen bekämpfen zu wollen. Diese, ebenso wie Lauterbachs Angriff auf das Streikrecht der Eisenbahner:innen, gilt es als Arbeiter:innenklasse gemeinsam und kraftvoll zurückzuweisen!

https://perspektive-online.net/2021/08/streikende-arbeiterinnen-fuer-corona-infektionen-verantwortlich-zu-machen-ist-absurd/