Under Pressure and Torture – Der Whistleblower Bradley Manning

Under Pressure and Torture –
Der Whistleblower Bradley Manning

Während alle Welt über den Wikileaks-Leader Julian Assange debattiert und es mittlerweile Tausende von Unterstützungsplattformen gibt, die ihn gegen die Repressionskampagnen aus den USA schützen wollen, sitzt einer derjenigen, denen konkret die Weitergabe von Informationen über die Enthüllungsplattform Wikileaks vorgeworfen wird, unter verschärften Isolationshaftbedingungen auf der Marine Corps Base Quantico in der Nähe von Fredericksburg (Virginia) inhaftiert.

Zur Vorgeschichte:
Manning war in der Forward Operating Base Hammer, etwa 60 Kilometer östlich von ,Bagdad stationiert. Während seiner Stationierung im Irak von Mitte 2009 bis Mai 2010 soll er Zugang zu geheimen Informationen gehabt haben, weil er in einem Aufklärungs- und Abwehrbataillon eingesetzt war. Im Mai 2010 wurde Manning unter dem Verdacht verhaftet, Videos und Dokumente kopiert und als Whistleblower der Website Wikileaks zugespielt zu haben. Am 6. Juni 2010 wurde er unter Militärgerichtsbarkeit  angeklagt, Ihm werden Straftaten gemäß des US Soldatengesetzes und vier weitere Verstöße gegen Armeeregeln zur Last gelegt.
Zu dem weitergereichten Material gehört auch der  vielfach in den Medien ausgestrahlte „Collateral Murder – Video“ über ein Kriegsverbrechen an Zivilisten im Irak. Am 4. April 2010 veröffentlichte Wikileaks eine geheime Aufzeichnung aus einem Apache Kampf-Hubschrauber, der 2007 auf eine Gruppe von Zivilisten in Bagdad feuerte. Das Video zeigt wie Amerikaner auf elf Menschen, die sich nicht verteidigen, schießen und sie töten. Zwei der Getöteten waren Reuters-Mitarbeiter, darunter der 22 jährige Reuters Fotojournalist Namir Nur-Eldin und sein Fahrer, der 40 Jahre alte Said Chmar. Das Video enthält außerdem Audioaufzeichnungen der Gespräche der US-Soldaten im Hubschrauber vor, während und nach dem Beschuß. Die Soldaten bitten wiederholt um Feuererlaubnis, bekommen diese auch, bestärken sich gegenseitig und witzeln über die Toten und sterbenden Zivilisten. Insgesamt wurden elf Erwachsene getötet. Zwei Kinder, die in einem Kleinbus saßen, der ankam nachdem der erste Feuerangriff beendet war, wurden schwer verletzt, als der Apache-Hubschrauber das Feuer auf ihren Wagen eröffnete.

Über den Hintergrund der Verhaftung gibt es unterschiedliche Darstellungen: Einmal soll sich Manning einem Sicherheitsspezialisten der US-Regierung, Adrian Lamo, in einem Chat anvertraut haben. Drei Tage später informierte Lamo US-Staatsschützer, die den Chat mitverfolgten. Manning offenbarte, dass er die Daten auf eine CD gebrannt und als Musik-Videos von Lady Gaga beschriftet habe. Daraufhin nahmen die US-Behörden Manning am 26. Mai fest. Nach anderer Ansicht soll Lamo als Mitarbeiter des geheimen „Projects Vigilant“, einem Selbstschutzprojekt unterstützt mit Spenden aus der freien Wirtschaft, über das Surfverhalten auf Manning aufmerksam geworden sein. Er habe nachweisen können, dass Manning das Video „Collateral Murder“ an Wikileaks gesendet habe. Entweder Lamo oder der Leiter des Projekts, Chet Uber, sollen die Behörden informiert haben.

Manning wurde zunächst im Camp Arifjan in Kuwait festgehalten und dann Ende Juli 2010 in ein Gefängnis auf der Marine Corps Base Quantico verlegt.

Die Haftbedingungen:
Seine knapp zwei mal vier Meter messende Zelle enthält nur ein Bett, ein Trinkbecken (drinking fountain) und eine Toilette. Ein Stuhl und ein Tisch werden ihm vorenthalten, ebenso Kissen und Bettlaken, er hat nur zwei Decken. Seine Mahlzeiten muß er in der Zelle einnehmen, offensichtlich entweder stehend oder auf dem Bett sitzend.

Momentan alleine in seinem Trakt, kann er Mitgefangene nicht einmal hören.
Bis auf die Überprüfung, ob er OK sei, die alle fünf Minuten (!) erfolgt und die er dann bestätigen muss, sprechen die Wächter nicht mit ihm. Ist er nachts nicht klar erkennbar, weil er sich zur Wand gedreht oder ein Bettlaken über den Kopf gezogen hat, so wird er für eine Überprüfung geweckt. Zwischenzeitlich ging die Gefängnisleitung soweit ihn wg. Selbstmordgefahr unter ständige Kontrolle zu setzen. Diese Maßnahme der intensiven Beobachtung beinhaltet die Verwahrung in einer Zelle rund um die Uhr. Dem Gefangenen wird alle Kleidung außer der Unterwäsche weggenommen und angeblich zu seiner eigenen Sicherheit wird ihm auch die Brille abgenommen.

Morgens um fünf (an Wochenenden um sieben) wird er geweckt und bis abends um acht an weiterem Schlaf gehindert. Aus einer Liste von fünfzehn Büchern oder Magazinen, deren Auswahl geprüft und künstlich verkompliziert wird, darf er eines zum Lesen anfordern. In seiner Zelle darf immer nur eines sein; dieses wird ihm über Nacht weggenommen, ebenso wie seine Kleidung (die Unterhose darf er anbehalten). Generell sind keine persönlichen Gegenstände zugelassen. Ein bis drei Stunden täglich (an Wochenenden drei bis sechs) darf er Lokalfernsehen schauen.

Abends darf er von 19 bis 21h20 Briefe verfassen, aber nur an Familie, Freunde und Anwälte. Briefe empfangen darf er nur von einer Liste genehmigter Empfänger. Seine Zelle darf er nur eine Stunde täglich verlassen. Dann wird er in einen leeren Raum geführt, in dem er herumlaufen darf. Sobald er damit innehält, wird er zurück in seine Zelle geführt. Darüberhinaus wird ihm jegliche sportliche Betätigung gezielt und seien es nur Liegestütz oder Rumpfbeugen verwehrt.
Der Zustand von Bradley Manning scheint sich den Haftbedingungen entsprechend stetig zu verschlechtern. Wie der britische Guardian einen regelmäßigen Besucher Mannings, David House, zitiert, beginnt dieser körperlich und geistig zu verfallen. House führt dies auf Isolationshaft und Trainingsverbot zurück. Neben dem Entzug menschlicher, intellektueller, sensorischer und körperlicher Stimuli soll Manning offenbar gezielt die Menschenwürde genommen werden. Es gibt Grund zur Annahme, dass er auch deshalb längerer Einzelhaft und Schlafentzug unterzogen wird, um ihn psychisch zu brechen und ihn dazu zu bewegen, gegen Wikileaks bzw. Julian Assange auszusagen.

Es sieht so aus als wollen US-Militärs und Regierung an Bradley Manning ein Exempel statuieren. Schließlich wird ihm vorgeworfen mit seinen Informationen Hochverrat begangen zu haben. Dafür steht eine Strafandrohung von 52 Jahren Haft. Hochverrat heißt in seinem Fall, dass er stellvertretend für alle Whistleblower, dafür angeklagt wird, die verlogene Kriegspolitik der USA vom heldenhaften Krieg für Menschenrechte, Freiheit etc. öffentlich bloßgestellt zu haben. An ihm soll gezeigt werden, was Verrätern von militärischen und politischen Geheimnissen erwartet. Der Kampf gegen die Enthüllungsplattform Wikileaks wird nicht nur virtuell und mit viel Support aus der „freien“ Wirtschaft geführt, sondern auch physisch. Unter Haftbedingungen, ähnlich denen in Guantanamo Bay oder eines der ausgelagerten Folterzentren in Afghanistan, Irak oder anderswo zerstört die US-Regierung mit voller Absicht und unter Anwendung von Foltermethoden die Persönlichkeit und die physische Gesundheit von Bradley Manning. Obwohl in den USA wahrscheinlich über 25000 Gefangene unter Isolationshaftbedingungen einsitzen (Datenstand: 2006) gibt es bisher keinen Präzedenzfall für die unbeschränkte Einzelhaft eines Gefangenen, der auf seinen Prozess wartet und vorher noch wegen keiner Straftat verurteilt wurde oder in der Vergangenheit nicht gewalttätig war.

Leider ist ein Großteil des Materials zu Bradley Manning nur in englischer Sprache verfügbar, trotzdem tut sich auch in der Unterstützer_innenszene  etwas. Zumindest im Internet gibt es weitere Informationen unter http://www.bradleymanning.org/de/. Dort kann mensch auch eine Petition finden und unterschreiben.

Außerdem kann mensch über Umwege Bradley Manning schreiben:
Bradley Manning
c/o Courage to Resist
484 Lake Park Ave #41
Oakland CA 94610 / USA

Die Briefe werden bei „Courage to Resist“ geöffnet und dann über den Anwalt od. Leute die Briefverkehr mit ihm haben dürfen, weitergereicht.

Quellen: http://www.bradleymanning.org/de, http://blog.emmerich-consulting.net/ (Martin Emmerich),

http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2011/manning101.html

Der Artikel ist im Gefangenen Info Nr. 360 erschienen:
Kaufmöglichkeit und weitere Informationen zum Gefangenen Info unter www.gefangenen.info