Im Nachgang kam es zu einer Welle von staatlicher Repression gegen die antifaschistische Bewegung in Baden-Württemberg. Neben 11 Hausdurchsuchungen, offenen Observationen und staatsanwaltschaftlichen Zeug*innenvorladungen wurden Jo und Dy in Untersuchungshaft gesteckt. Während Jo nach 6 Monaten entlassen wurde, sitzt Dy weiter hinter Gittern.
Als Antirepressionskampagne „Antifaschismus bleibt notwendig“ werden wir den beiden im nun anstehenden Gerichtsverfahren zur Seite stehen und unsere Solidarität zum Ausdruck bringen.
Was war da los am Cannstatter Wasen?
Im Frühjahr 2020 kam es zu erster Dynamik rund um die Querdenken-Bewegung in Stuttgart, die sich schnell auch bundesweit ausbreitete. Krude Verschwörungstheorien und die Ablehnung der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung brachten tausende Menschen auf die Straßen. Schon früh wurde Querdenken von Faschisten unterstützt, die versuchten, das Potential der Bewegung für sich zu nutzen. Entsprechend reisten verschiedene rechte Gruppierungen zu den Querdenken-Demonstrationen an. Unter ihnen auch die Nazis der Betriebsgruppe „Zentrum Automobil“.
„Zentrum Automobil (ZA)“ sind Nazis!
Die rechte Betriebsgruppe, ausgehend vom Daimler Werk in Untertürkheim, versucht nach der faschistischen Strategie der „Nationalsozialistischen Betriebsorganisation (NSBO)“ Politik im Betrieb zu machen. Dabei spalten sie die Arbeiter*innenschaft, hetzen gegen die Gewerkschaften und geben Naziaktivisten im Betrieb Rückhalt. Verbal geben sie sich als „oppositionelle Gewerkschaft“ aus, setzen sich faktisch aber nirgends für bessere Arbeitsbedingungen der Belegschaft ein. Revolutionäre Rhetorik und sozialarbeiterisches Klein-Klein, machen sie noch lange nicht zu einer Gewerkschaft, oder gar einer Opposition.
Doch damit nicht genug: an drei zentralen Figuren von Zentrum zeigt sich deutlich, wer hinter Zentrum Automobil steckt:
Oliver Hilburger, Gründer und Vorsitzender von Zentrum Automobil, spricht bundesweit auf Pegida-Aufmärschen, AfD- und anderen rechten Veranstaltungen. Früher spielte er in einer Rechtsrockband und führte einen offiziellen Versandhandel des zwischenzeitlich verbotenen Blood&Honour-Netzwerkes.
Der NSU nutzte einen Song der Band „Noie Werte“ für ihr Bekenner*innenschreiben. Hilburger selbst musste sich darüber hinaus nicht nur vor dem NSU-Untersuchungsausschuss rechtfertigen, er besuchte auch den NSU-Unterstützer Jan Werner im Knast.
Auch Rico Heise, erst kürzlich wieder auf den Querdenken-Demos präsent, musste sich vor dem NSU-Untersuchungsausschuss rechtfertigen und machte dabei Falschaussagen. In der Vergangenheit war er selbst Mitveranstalter von Neonazi-Festivals.
Andreas Ziegler, der bei der Auseinandersetzung schwer verletzt wurde, war bei der „ZA“-Vereinsadresse in Untertürkheim gemeldet. Das angebliche „Opfer“, war vor dem Angriff unter anderem bei rechten Aufmärschen im pfälzischen Kandel gesichtet worden.
Antifaschismus bleibt notwendig
Während parlamentarisch mit der AfD eine Partei offen ihre rechte Hetze verbreitet, sind auch rechte Akteure in staatlichen Behörden kaum mehr Ausnahmen, sondern eher die Regel: Fast im Wochentakt kommen neue Enthüllungen von rechten Polizei-Chat-Gruppen und faschistischen Netzwerken im Polizei- und Militärapparat ans Licht. Diese Verstrickungen sind genauso wenig Einzelfälle wie der Zusammenhang zwischen Verfassungsschutz und NSU eine Überraschung darstellt.
Für uns ist daher klar: im Kampf gegen Rechts ist auf diesen Staat kein Verlass. Staat und Polizei sind nicht die Lösung, sondern Teil des Problems!
Antifaschismus heißt für uns, den Kampf gegen Rechts selbst in die Hand zu nehmen und rechten Dynamiken und Faschisten konsequent entgegenzutreten. Dazu zählt eben auch Faschisten körperliche daran zu hindern ihre Hetze zu verbreiten.
Für eine solche konsequente, antifaschistische Haltung sollen jetzt Jo und Dy, stellvertretend für die gesamte antifaschistische Bewegung, vor Gericht gezerrt werden. Es gilt weiterhin: Getroffen hat es die beiden, gemeint sind wir alle.
Solidarisch gegen Repression!
Wir werden deshalb unsere beiden Genossen vor Gericht unterstützen. Solidarität heißt für uns zusammen zu stehen. Das ist gerade dann wichtig, wenn der Staat versucht, die antifaschistische Bewegung durch Kriminalisierung und Repression zu spalten.
Polizeigewalt, öffentliche Diffamierung und Strafen bis hin zum Knast sind die Mittel, mit denen uns der Staat anzugreifen versucht. Mit unserer Solidarität können wir diese Schläge abfangen, individuelle Strafen erträglicher gestalten und vor allem verhindern, dass das Ziel der Repression, nämlich uns an unserer politischen Praxis zu hindern, erreicht wird. Daher gilt, unabhängig der Vorwürfe, den vor Gericht sitzenden Antifaschisten unsere volle Solidarität.
Kommt deshalb am Montag, den 19. April um 08.00 Uhr zur Kundgebung vor dem Oberlandesgericht.
Unterstützt Jo und Dy auch bei den folgenden Terminen, die ihr immer aktualisiert auf unserer Homepage (notwendig.org) nachschauen könnt.
Die nächsten beiden sind Montag, der 26. April sowie Montag der 3. Mai, auch jeweils um 9 Uhr am OLG.