Wir dokumentieren eine Presseerklärung der Prozessgruppe zu Michael Csaszkóczys Verfassungsschutzklage
Im Verfahren, dass der Heidelberger Realschullehrer Michael Csaszkóczy wegen seiner fortdauernden geheimdienstlichen Überwachung gegen den ‚Verfassungsschutz‘ Baden-Württemberg geführt hat, hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe nun seine Urteilsbegründung veröffentlicht. (nähere Informationen unter www.gegen-berufsverbote.de)
Auch wenn der Verfassungsschutz im mehrere Jahre dauernden Berufsverbotsverfahren gegen den Lehrer nichts vorbringen konnte, was auch nur Zweifel an seiner Verfassungstreue begründen konnte, sei die fortdauernde Bespitzelung ebenso rechtens wie die völlig willkürliche Auskunftsverweigerung bezüglich der über ihn gespeicherten Daten.
Eine Löschung der Daten könne Csaszkóczy schon deshalb nicht verlangen, weil er ja nicht wisse, was der Geheimdienst über ihn gespeichert habe. Da das Gericht keine Möglichkeit offen lässt, wie Csaszkóczy an diese Informationen gelangen könnte, ist somit eine Löschung von vornherein ausgeschlossen.
Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim, der 2007 gerügt hatte, er könne nicht nachvollziehen, wie die sichtlich vom Grundgesetz gedeckten Aktivitäten Csaszkóczys in einem Rechtsstaat überhaupt Erwähnung finden könnten, befand das VG Karlsruhe im vorliegenden Verfahren irrelevant, da für den Geheimdienst „andere Rechtsgrundlagen und ein anderer Beurteilungsmaßstab gelten“ würden.
Die Überwachung Csaszkóczys sei schon deshalb gerechtfertigt, weil er sich in Gruppen engagiere, die „ausdrücklich auch Kommunisten in ihre Organisation einschlössen“ und bereit seien diese aufzunehmen. Wer sich in solchen Gruppierungen bewege, sei auch bei seinem Engagement in Gewerkschaften oder der Friedensbewegung ein legitimes Ziel der geheimdienstlichen Überwachung, das sein könne, dass er den Versuch unternehme, „Einfluss in und auf Organisationen zu nehmen, die auf dem Boden der Verfassung stünden“.
Insbesondere Csaszkóczys Engagement in der Rechtshilfe- und Solidaritätsorganisation Rote Hilfe mache ihn zum legitimen Ziel des Geheimdienstes. Bei einer Organisation, die auch in Bezug auf die BRD von ’staatlichem Unrecht‘ und ‚Repression‘ spreche, sei es gleichgültig, ob sie die Verfassung bekämpfe oder nur die konkrete Verfassungswirklichkeit.
Die Verfassungswirklichkeit sei – so erklärt das Gericht – „das Ergebnis des parlamentarischen Wettstreits, das unter Wahrung des Mehrheitsprinzips zustande gekommen sei“. Eine Kritik daran sei deshalb nicht statthaft.
Damit spricht das Gericht dem Inlandsgeheimdienst zu, jede Kritik an den herrschenden Verhältnissen zu überwachen und zu verfolgen, ganz gleich, ob es sich gewerkschaftliches Engagement, Ostermärsche oder antifaschistische Inititiativen handelt. Dieser Freifahrtschein wird ausgerechnet einem Geheimdienst ausgestellt, der beinahe wöchentlich durch neue Verstrickungen mit der neonazistischen Szene in die Schlagzeilen gerät.
Das Urteil ist geprägt von obrigkeitsstaatlichem Denken, das demokratische Grundrechte wahrnimmt als Gefahr für die Autorität des Staates. Es ist noch nicht rechtskräftig.