Es ist bekannt: Der Kapitalismus hat ausser der Zunahme von Kriegsschauplätzen, dem Abbau von Arbeits- und Lebensqualitäten und dem entsprechend schärfer geführtem Klassenkampf von oben nichts mehr zu bieten. Die aktuelle Krise macht sich nicht nur ökonomisch, sondern längst politisch wie kulturell in verschiedensten Gesellschaftsbereichen breit, traditionelle bis reaktionäre Werte verdrängen fortschrittliche Errungenschaften.
Wenn sich diese kapitalistische Krisenspirale dreht, dann dreht sich die Repressionsmaschinerie meist zeitlich verzögert mit wenn sich der Widerstand am Arbeitsplatz, in der Bildung, auf der Strasse, gegen Umweltzerstörung und für eine revolutionäre Alternative zum bestehenden Kapitalismus regt! Auf die verschiedensten Formen und Inhalte des Widerstandes im allgemeinen und ganz speziell gegen revolutionäre Organisierungen reagiert die Repression mit unterschiedlichen Instrumenten.
„Der Gang durch die Gerichtssäle wird zum Teil des revolutionären Prozesses“1
Dies wird sich Ende Sommer am Bundesstrafgericht in Bellinzona (im südlichen Teil der Schweiz) abspielen. Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat nach langen und sehr aufwendigen, auch international verknüpften Ermittlungen eine Anklageschrift gegen eine Genossin des revolutionären Aufbau Schweiz und der Kommission für eine Rote Hilfe International deponiert. Konkret geht es um 5 pyrotechnische Anschläge gegen Einrichtungen des spanischen Staates (das Generalkonsulat und das Fremdenverkehrsamt), gegen das griechische Fremdenverkehrsbüro, Iberia und EL AL (alle 3 im gleichen Gebäude; u.a. im Zusammenhang mit den Hungerstreiks der politischen Gefangenen der PCE(r) und GRAPO in den Jahren 2002 und 2004), gegen den Inlandnachrichtendienst der Schweiz (DAP), gegen das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO2) und gegen die Kantonspolizei Zürich. Ein weiterer Anschlag gegen das indische Generalskonsulat in Bern erscheint zur Zeit nicht mehr in den Akten. Die Anschläge wurden alle mit „Für eine revolutionäre Perspektive“ unterzeichnet. Unter diesem Namen finden seit 1997 zahlreiche Anschläge gegen den Staat, das Kapital, imperialistische Kriege, Gipfeltreffen à la WEF und die Konterrevolution statt.
Seit Jahren versuchen italienische wie schweizerische Staatsschützer die Genossin in Haft zu setzen. Einige Male sass sie bereits wegen Landfriedensbruch im Knast. Immer wieder gab es auf Geheiss italienischer Staatsschützer auch bei ihr international koordinierte Hausdurchsuchungen. Zuletzt fand eine solche Hausdurchsuchung am 12.2. 2007 im Zusammenhang mit der Verhaftungswelle gegen das revolutionäre Projekt der PC p-m in Italien statt. Das damals eröffnete Verfahren in Italien wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ist bis heute nicht offiziell abgeschlossen worden. Auch interessierte sich die belgische Staatsanwaltschaft für sie, als sie am 5. Juni 2008 die vier Genossinnen der Roten Hilfe Belgien bezüglich Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (wiederum die PC p-m) in Untersuchungshaft setzte. Diese beiden internationalen Rechtshilfegesuche kommen im vorliegenden Prozess nicht als Anklagepunkt zur Sprache, aber ihre Akten sind in den zahlreichen Bundesordner zum Prozess untergebracht. Auf die typisch schweizerische Art der präventiven Konterrevolution meidet die Anklagebehörde den Begriff terroristische oder subversive Vereinigung. Damit meint sie die Frage der politischen Feindes im Innern des Landes umgehen zu können!
Das Verhalten der Konterrevolution
Sie unterscheiden ganz klar zwischen konkreten Anklagepunkten und „Stimmungsmache“, wie eben die Einführung des italienischen oder belgischen Verfahrens im Hauptdossier. Das gleiche Ziel versuchen sie über direkte bis indirekte Anspielungen im Zusammenhang mit den 3 in der Schweiz verhafteten AnarchistInnen, die wegen einem versuchten Sprengstoffanschlag auf das neue IBM-Forschungszentrum zur Nanotechnologie in Rüschlikon im Knast, oder mit der in der Schweiz explodierten Paketbombe gegen die Atomlobby. Immer wieder tauchen dabei Anspielungen auf, die einen direkten oder indirekten Zusammenhang zum Prozess gegen die Genossin des Aufbaus und der RHI erahnen lassen sollen.
Die internationalen Angriffe (die teilweise auch koordiniert sind, wie derjenige in Belgien, der Schweiz und Italien) haben eines gemeinsam: Sie wollen mit der Kriminalisierung einzelner Militanten den Aufbau internationaler Klassensolidarität wie auch konkrete politische Projekte im Lande selber treffen. Ganz im Sinne von Mao Tse Tung: „Wenn wir vom Feind bekämpft werden, dann ist das gut; denn es ist ein Beweis, daß wir zwischen uns und dem Feind einen klaren Trennungsstrich gezogen haben. Wenn uns der Feind energisch entgegentritt, uns in den schwärzesten Farben malt und gar nichts bei uns gelten läßt, dann ist das noch besser; denn es zeugt davon, daß wir nicht nur zwischen uns und dem Feind eine klare Trennungslinie gezogen haben, sondern daß unsere Arbeit auch Erfolge gezeitigt hat.“3 Und um das obige Zitat der Aurora weiterzuführen „werden wir den Ball aufgreifen und versuchen den Gang durch die Gerichtssäle als einen kleinen Beitrag zur Passage des revolutionären Prozesses zu machen“.
Rote Hilfe (Revolutionärer Aufbau Schweiz)
RHI (Internationales Sekretariat Zürich)
1Gefangenenkollektiv Aurora.
2Das SECO ist das Kompetenzzentrum des Bundes für alle Kernfragen der Wirtschaftspolitik.
3 Wenn der Feind uns bekämpft, ist das gut und nicht schlecht (26. Mai 1939)