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Video: In Memoriam Yaser Murtaja – der Journalist, den Israel in Gaza erschoss

(PN) 11.05.2018 – Vor fünf Wochen, am Freitag den 06.04.2018, erschoss ein israelischer Scharfschütze über den Grenzzaun von Gaza hinweg den palästinensischen Journalisten Yaser Murtaja. Und dies, obwohl Murtaja, der die Proteste zum Großen Rückkehrmarsch filmte, eine Schutzweste mit der Aufschrift „PRESSE“ trug und insofern eindeutig als Journalist erkennbar war.
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Yaser Murtaja (links) mit seinem Freund und Partner Rushdi Sarraj während der Proteste zum Großen Rückkehrmarsch am Grenzzaun des Gazastreifens. Hier erschoss ihn am 06.04.2018 ein israelischer Scharfschütze, obwohl Murtaja als Journalist eindeutig erkennbar war. (Foto: Ain Media)
Murtaja und sein Partner Rushdi Sarraj, mit dem er Jahre zuvor in Gaza die Ain Media Agentur gegründet hatte, filmten die Proteste am Grenzzaun für eine Dokumentation über den „Großen Rückkehrmarsch“. Die ersten Dreharbeiten fanden am 30. März, dem Auftakt der Proteste, statt.
Eine Woche später fand Yaser Murtaja bei erneuten Dreharbeiten am Grenzzaun von Gaza den Tod, als er während des Filmens von israelischer Seite aus ohne Grund und Rechtfertigung niedergeschossen wurde. Er starb im Krankenhaus noch in derselben Nacht.
Die Nachrichtenwebsite Middle East Monitor hatte ihrerseits mit einer Dokumentation über Yaser Murtaja und Ain Media begonnen. Aufnahmen vom 6. April sollten den Film ergänzen, doch dazu kam es aufgrund der Erschießung des Journalisten nicht mehr. So vollendete MEMO gemeinsam mit den Partnern von Ain Media den Film – und Murtajas Tod wurde nun zum traurigen Abschluss.
Die Palästina Nachrichten präsentieren den Film mit deutschen Untertiteln als Würdigung von Murtajas Arbeit und der Arbeit aller palästinensischen Journalisten, die bei ihrer Berichterstattung über die Besatzung durch Israel täglich ihr Leben riskieren.
In einem weiteren Video zeigt sich, dass der Tod von Yaser Murtaja vielleicht für Außenstehende der „Tod eines Journalisten“ ist, eine unpersönliche Bezeichnung, die kaum Emotionen zulässt. Doch für die kleine Bisan, die Murtaja 2014 aus den Trümmern eines von Israel im Gazastreifen zerbombten Gebäudes rettete, ist mit seinem Tod eine Welt zusammengebrochen. Zum zweiten Mal verliert sie durch die Brutalität Israels einen Menschen, der für sie Familie war.
Ein Fototalent
Yaser Murtaja war nicht nur ein hingebungsvoller Kinderfreund, er hatte vor allem ein großes fotografisches und filmisches Talent. So baute er die Ain Media zu einem erfolgreichen Medienunternehmen auf und suchte immer wieder einen neuen Blickwinkel, um Gaza im Bild festzuhalten. Dabei diente ihm seit einiger Zeit auch eine Fotodrohne als technisches Hilfsmittel.
Aufnahme von Gaza per Kameradrohne. Yaser Murtaja träumte davon, eines Tages solche Fotos selber aus der Luft machen, fliegen und reisen zu können. Zwei Wochen vor seinem Tod schrieb er auf Facebook: „Ich bin 30 Jahre alt. Und ich habe Gaza noch nie verlassen.“ (Foto: Ain Media)
Die letzten Aufnahmen
Der Norwegian Refugee Council (NRC) hatte Yaser Murtaja engagiert, um die Auswirkungen der Gewalt auf die Kinder von Gaza zu dokumentieren. Murtaja sollte am Montag nach dem Freitagsprotest anfangen, doch seine Erschießung beendete das Vorhaben. Der NRC veröffentlichte daraufhin die letzten Aufnahmen, die Yaser Murtaja noch vom Großen Rückkehrmarsch gemacht hatte.
„Er hat seine letzten Stunden nahe der Proteste verbracht und friedlich die Ereignisse mit seiner Kamera beobachtet“, sagt Jan Egeland, Generalsekretär des NRC. „Man sieht Kinder, Familien. Man sieht, wie Menschen friedlich auf ihrem Land für ihre Rechte demonstrieren.“
Diese Sichtweise entsprach Yaser Murtaja. Für ihn waren die Menschen, vor allem die Kinder immer die wichtigsten Motive. Mit den Kindern verstand er sich besonders gut, und diese, wie Bisan, liebten ihn für seine fröhliche, warmherzige Art. Es sind nicht zuletzt die Kinder von Gaza, die er mit seiner Art so glücklich machte, die seinen Tod, seine unfassbare Erschießung, am wenigsten verstehen und verarbeiten können.
Aber nicht nur mit Kindern, auch mit Tieren konnte Yaser Murtaja gut.
Wer erschießt einen solchen friedlichen, unbewaffneten Menschen ohne Skrupel?
Yaser Murtaja hinterlässt eine Frau und seinen knapp zwei Jahre alten Sohn.
Wer wird diesem in zehn oder fünfzehn Jahren erklären, dass er Israel nicht hassen soll? Und mit welchem Argument?
https://palaestina-nachrichten.de/2018/05/11/video-in-memoriam-yaser-murtaja-der-journalist-den-israel-in-gaza-erschoss/