Oberstes US-Gericht erkennt auf »nicht unschuldig«: Wiederaufnahmeverfahren gescheitert
Von Jürgen Heiser
Der Oberste Gerichtshof der USA hat die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den Todeskandidaten Troy Davis am Montag endgültig abgelehnt. Damit könnte nun im US-Bundesstaat Georgia gegen den 1991 wegen Mordes an dem weißen Polizisten Mark McPhail verurteilten Davis der vierte Hinrichtungstermin anberaumt werden. Unterstützt durch internationale Proteste hatte die Verteidigung dreimal die Aussetzung der Urteilsvollstreckung erreicht. Fürsprecher des heute 42jährigen Afroamerikaners waren neben Prominenten wie dem südafrikanischen Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu und Papst Benedikt XVI. auch das Europäische Parlament und Amnesty International.
Der Fall sorgt seit Jahren weltweit für Aufsehen. Davis hatte von Anfang an beteuert, es läge eine Verwechslung vor, er sei unschuldig. McPhail, der in der Tatnacht des Jahres 1989 in Savannah, Georgia, nebenberuflich als Parkplatzwächter arbeitete, war nach einem Streit mit drei jungen Männern erschossen worden. Ohne Sachbeweise und ausschließlich auf der Grundlage von nachträglich eingeholten Zeugenaussagen war Davis jedoch als Einzeltäter verurteilt worden.
Im Juni 2010 kam dann Bezirksrichter William T. Moore aus Savannah in einer vom Obersten Gerichtshof angeordneten Beweisanhörung zu dem Schluß, Davis habe »seine Unschuld nicht ausreichend nachgewiesen«. Der Einzelrichter negierte damit die Tatsache, daß die Verteidigung sieben der neun Belastungszeugen präsentierte, die ihre Aussagen widerriefen und versicherten, sie »aus Angst« und »auf Drängen der Polizei« gemacht zu haben. Außerdem hatten neue Zeugen eine andere Person als tatsächlichen Täter benannt. Bei Richter Moore erzeugte die neue Beweislage jedoch keinerlei Zweifel, für ihn blieb Troy Davis »nicht unschuldig«. Dem schloß sich der Oberste Gerichtshof am Montag an.
In einer Erklärung räumten Davis‘ Verteidiger ein, der Berufungsweg ihres Mandanten sei damit am Ende. Anwalt Jason Ewart nannte als letzte Möglichkeit die staatliche Bewährungskommission, jedoch sei dieses fünfköpfige Gremium dafür bekannt, äußerst selten Todesurteile in lebenslange Haft umzuwandeln. Vor US-Medien zeigte sich Davis‘ Schwester Martina Correia enttäuscht, setzte aber gleichwohl Hoffnung in die Bewährungskommission: »Dort heißt es, man würde niemanden hinrichten lassen, solange Zweifel an seiner Schuld bestehen. Und dieser Fall ist durchsetzt von Zweifeln.«
Aufschub könnte zudem der Umstand bringen, daß in Georgia derzeit keine Hinrichtungen durchgeführt werden dürfen. Die US-Anti-Drogenbehörde DEA hatte laut Amnesty International (16.3.2011) alle Bestände des Betäubungsmittels Thiopental beschlagnahmt, das zum Giftcocktail bei Hinrichtungen gehört. Grund waren Unklarheiten über Herkunft und Haltbarkeitsdaten. US-Todesstrafengegner warnen jedoch im Internet davor, Hoffnungen auf zeitweilige Umstände zu setzen. Vielmehr müsse die Todesstrafe umgehend abgeschafft werden und deshalb »im Zentrum der großen Bürgerrechtskämpfe unserer Zeit« stehen. So wurde Anfang März nach achtjährigem Moratorium und zähem Ringen in Illinois als 16. US-Bundesstaat die Todesstrafe endgültig abgeschafft.