Wie der Rechtsbeistand des kurdischen Aktivisten Mehmet Çakas heute Vormittag mitgeteilt hat, ist die für morgen geplante Abschiebung gerichtlich untersagt worden. Ein dauerhafter Schutz ist das aber nicht, im September wird das Ayslverfahren fortgesetzt.
Der kurdische Aktivist Mehmet Çakas, der in der JVA Uelzen wegen angeblicher Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) inhaftiert ist, sollte am 28. August 2025 in die Türkei abgeschoben werden. Da ihm dort eine erschwerte lebenslange Freiheitsstrafe sowie die Gefahr von Folter und Misshandlung droht, regte sich hiergegen massiver Protest. Dennoch hatten Ausländerbehörde und Niedersächsisches Innenministerium die Abschiebung vorangetrieben. Nun hat das Verwaltungsgericht Lüneburg diese vorerst untersagt, wie der Rechtsbeistand Çakas’ mitteilte.
Entscheidung in letzter Sekunde
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Lüneburg kam in letzter Sekunde. Sie wurde den Anwält:innen am heutigen Tag um 06:10 Uhr zugestellt. Kurz zuvor war Mehmet Çakas durch Beamte der JVA Uelzen noch mitgeteilt worden, dass im Laufe des Tages die Vorbereitungen für die Abschiebung beginnen würden.
Die Ausländerbehörde und das Niedersächsische Innenministerium haben die Abschiebung zu einem Zeitpunkt geplant und vorangetrieben als Mehmet Çakas gar nicht vollziehbar ausreisepflichtig war. Sie wollten ihn um jeden Preis und mit aller Macht vor der mündlichen Verhandlung in seinem Asylverfahren am 8. September 2025 abschieben.
Dieses Vorgehen kann nur als bewusste politische Machtdemonstration gegen die kurdische Bewegung verstanden werden, lautet die Kritik. Schwerste Menschenrechtsverletzungen seien dabei billigend in Kauf genommen worden. Vorerst haben die Behörden ihr Ziel jedoch nicht erreicht. Sowohl in der Öffentlichkeit als auch juristisch wurde dieses Vorgehen der niedersächsischen Behörden angeprangert und erfolgreich angegriffen.
Juristisches Hin und Her in Bleiberechtsfrage
Während das Verwaltungsgericht Lüneburg in dem Asylverfahren von Mehmet Çakas mit einem 18-Zeilen-Beschluss noch am 11. Juni 2025 die Abschiebung für zulässig erklärt hatte, untersagte es einen Monat später in einem weiteren Verfahren mit Beschluss vom 17. Juli 2025 vorläufig die Abschiebung. In diesem Verfahren ging es um die Frage, ob Italien – von wo aus Mehmet Çakas zuvor nach Deutschland ausgeliefert worden war – der Abschiebung zustimmen musste oder nicht.
Gegen diesen positiven Beschluss ging die Ausländerbehörde vor und stelle den Antrag ihn aufzuheben und organisierte gleichzeitig die Abschiebung für den 28. August 2025. Bis zum letzten Tag, also heute, war unklar, ob das Verwaltungsgericht dem Antrag der Ausländerbehörde stattgeben würde. Für diesen Fall war bereits eine Eilrechtsbeschwerde zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof vorbereitet worden.
Zusicherung menschenrechtlicher Mindeststandards als Abschiebebedingung
Erst heute, am frühen Morgen, stand fest, dass das Verwaltungsgericht Lüneburg die Abschiebung (weiterhin) vorläufig untersagen würde. Es hat die Abschiebung jedoch nicht grundsätzlich untersagt, sondern festgestellt, dass Mehmet Çakas nur abgeschoben werden darf, wenn die Türkei zusichert, dass die ihn dort zu erwartenden Haftbedingungen menschenrechtlichen Mindeststandards entsprechen.
Aufgrund dieses Beschlusses hat die Ausländerbehörde die geplante Abschiebung storniert. Der Kampf gegen die Abschiebung von Mehmet Çakas geht jedoch weiter. Die Türkei gibt derartige Zusicherungen routinemäßig ab. Mehmet Çakas droht in der Türkei zudem nicht nur eine menschenrechtswidrige Haft, sondern auch eine erschwerte lebenslange Haft gemäß den türkischen Gesetzen.
Zudem kann die Gefahr von Folter und Misshandlung nicht durch eine Zusicherung gebannt werden. All diese Fragen müssen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg am 8. September 2025 geklärt werden.
Menschenrechte müssen zuverlässig garantiert werden
Rechtsanwalt Lukas Bastisch erklärt dazu: „Das Verwaltungsgericht hat in der vorläufigen Entscheidung endlich anerkannt, dass Herrn Çakas in der Türkei eine Behandlung droht, die den Mindeststandards der Europäischen Menschenrechtskonvention zuwiderläuft. Es ist aber auch bereits jetzt klar zu sagen, dass etwaige Zusicherungen seitens der Türkei diese Gefahr nicht ausräumen werden. Den Zusicherungen der Türkei kann nicht getraut werden. Mehmet Çakas muss endlich dauerhafter Schutz in Deutschland gewährt werden.“
Grüße aus dem Knast
Mehmet Çakas erfuhr heute Morgen von seiner Schwester die gute Nachricht, nachdem er bereits auf die Abschiebung vorbereitet worden war. Er ist unglaublich erleichtert und glücklich, dass sein Fall nicht als Blaupause für weitere Abschiebungen von politischen Kurd:innen dienen kann.
Er grüßt und dankt allen solidarischen Menschen: „Ich danke meinen Anwält:innen in Deutschland und Italien, den vielen Freund:innen, die für mich auf die Straße gegangen sind, und den Politiker:innen, die meinen Fall öffentlich gemacht haben. Ich danke allen Menschen, die mich in den letzten Wochen so großartig unterstützt haben. Eure Hilfe und Solidarität haben mir die Kraft gegeben, die ich so dringend gebraucht habe. Mit meinem Herzen bin ich bei meiner Familie, die alles für mich getan hat.“