“VW do Brasil”: Konzern ist sich keiner Schuld bewusst

Der VW-Konzern hat sich laut Sachverständigen zu Zeiten des Militärregimes in Brasilien aus eigenem Interesse an seinen Beschäftigten schuldig gemacht, indem er während der Militärdiktatur zwischen 1964 und 1985 die Folter und illegale Festnahme von Mitarbeitern hingenommen habe. Aus Sicht des Konzerns sei die Schuld mit Entschädigungszahlungen beglichen, doch aktuelle Recherchen zeigen: VW gesteht bis heute keine Schuld ein.
“Volkswagen ist sich seiner historischen Verantwortung bewusst”, so ein Unternehmenssprecher. “Aus diesem Grund hat Volkswagen seine Geschichte während des brasilianischen Militärregimes als erstes ausländisches Unternehmen aufgearbeitet und publiziert.”

Aktuelle Recherchen des NDR legen jedoch nahe, dass der Konzern sich der Öffentlichkeitswirkung des Verfahrens wohl bewusst war, der eigenen Verantwortung hingegen weniger.

Denn kurz bevor in einem Vergleich die Entschädigungssumme von 5,5 Millionen Euro vereinbart wurde, richtete sich der Konzern an die brasilianischen Justizbehörden: “Die unbestreitbare Unvorhersehbarkeit der nächsten Monate – sei es die Weiterentwicklung des Gesundheitsnotstands aufgrund von Covid 19 in Brasilien, sowie wann die Zulieferketten und Autohäuser wieder zurückkehren – all das macht es unmöglich, dass sich Volkswagen jetzt auf die Verpflichtungen des Vergleichs festlegen kann.”.

Wegen der Corona-Pandemie könne man eine Entschädigungszahlung schwerlich zusichern. Sponsorings wie die des VfL Wolfsburg führte der Automobilkonzern hingegen fort. Als die Entschädigungssumme schließlich besiegelt war, nutzte Volkswagen auch dies für die eigene Publicity: “Mit diesem Vergleich will Volkswagen die Aufklärung der Wahrheit über Menschenrechtsverletzungen zu der Zeit fördern”.

Recherchen des NRD ergeben nun, dass der Vergleich selbst eine andere Sprache spricht: “Volkswagen Brasilien schließt diesen Vergleich ab, ohne jegliche eigene Verantwortung der Firma, ihrer Leitung, ihrer Angestellten oder Mitarbeiter anzuerkennen, für die Taten und Fakten, die in den Akten des Ermittlungsverfahrens untersucht wurden.”

VW-Konzern fälscht Studienergebnisse
So legen die Studien, die der Konzern selbst in Auftrag gab, sogar nahe: Volkswagen und das brasilianische Militärregime haben systematisch zusammengearbeitet. Der Historiker Christopher Kopper kam zu dem Schluss, dass Volkswagen bereitwillig mit den Folterern kooperierte. Er habe Beweise gefunden, dass die Geheimpolizei und der Werkschutz sich gegen die eigene Belegschaft verbündet hatten.

VW zitierte das genaue Gegenteil: “Es konnten keine klaren Beweise gefunden werden, dass die Zusammenarbeit auf einem institutionellen Handeln seitens des Unternehmens basiert.”

Die Angehörigen der Opfer sowie die Justizbehörden halten an der Forderung fest, dass eine Entschädigungszahlung ohne Schuldeingeständnis nicht ausreicht, um den Konflikt zu befrieden.

https://perspektive-online.net/2022/04/vw-do-brasil-konzern-ist-sich-keiner-schuld-bewusst/