Wir fordern Freiheit: Die Abschaffung der Gefängnisse muss jetzt auf die Tagesordnung gesetzt werden

Von Mumia Abu-Jamal

Das mittlerweile klassische Werk »Die Verdammten der Erde« des großen karibischen Revolutionärs Frantz Fanon enthält den folgenden Aufruf zum Handeln: »Jede Generation muss in einer relativen Finsternis ihre Mission entdecken und sie entweder erfüllen oder verraten.«

Dieser Auftrag liegt nun vor uns. Welcher Auftrag? Gefangene des Imperiums zu befreien. Nicht nur mich, sondern auch viele andere. Einige davon kennen wir, andere kennen wir nicht. Es sind Menschen wie Jamil Abdullah Al-Amin, »Mondo we Langa«, Ed Poindexter, Sundiata Acoli, Leonard Peltier, Dr. Mutulu Shakur, Julian Assange, Pastorin Joy Powell und Daniel Hale. Sie sind Gefangene des Imperiums wegen ihrer antirassistischen und antiimperialistischen Überzeugungen.

Jeder von uns würde sich den inzwischen legendären ersten Punkt des Zehnpunkteprogramms der Black Panther Party zu eigen machen, das im Oktober 1966 von zwei jungen Collegestudenten verfasst wurde. Huey P. Newton und Bobby Seale schrieben: »We want freedom!« – »Wir fordern Freiheit!« Mit diesen Worten trafen sie den Nerv von Millionen von Menschen.

Granma abonnieren
Heute, mehr als 50 Jahre später, besitzen diese Worte immer noch Kraft und Ausstrahlung: Wir fordern Freiheit! Mögen diese Worte heute das Entstehen neuer Bewegungen anregen und unsere lebendige Geschichte bereichern, indem wir uns erneut mit den Freiheitskämpfen unserer Jugendjahre verbinden. Viele von uns sind inzwischen älter geworden, doch wir begrüßen die heutigen Freiheitsbewegungen, die als Reaktion auf die Folterung und Ermordung von George Floyd entstanden. Wahre Kämpfe überdauern von Generation zu Generation.

Der heutige Aufruf zum Handeln ergeht angesichts der Tatsache, dass sich die Masseninhaftierungen metastasenartig zu einem System ausgeweitet haben, das staatliche Finanzhaushalte ausbluten lässt und dazu führt, dass weite Teile der älteren Generation, und bis vor nicht allzu langer Zeit auch die der jungen, auf Dauer weggesperrt werden. Dieses System hat zu ungehemmten Grausamkeiten geführt. Schwangere Frauen wurden an Händen und Füßen in Ketten gelegt, als sie ihren Kindern das Leben schenkten, und viele Gefangene wurden jahrzehntelang in Isolationshaft gehalten. Diese Zustände sind im Laufe der Zeit nicht besser, sondern schlimmer geworden, und die Gefängnisse sind heute größer, als wir es uns je hätten vorstellen können.

Aus diesen Gründen brauchen wir heute mehr Solidaritätsbewegungen zur Unterstützung der Menschen hinter Gittern, nicht weniger, und die Abschaffung der Gefängnisse muss jetzt auf die Tagesordnung gesetzt werden. Deshalb rufen wir alle euch zu: Wir fordern Freiheit! Wir fordern Freiheit! Wir fordern Freiheit!

Danke, NUMSA! Dank an das Black Panther Party Commemoration Committee! Dank an das Labor Action Committee! Danke euch allen! Das sagt in Liebe, und nicht in Angst, Mumia Abu-Jamal.

Übersetzung: Jürgen Heiser

junge Welt 25.1.22