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Wochenlang in Haft

Spaniens Gewerkschaften fordern Freilassung von CGT-Funktionärin Laura Gómez. »Empörte« bereiten Aktionen am Wochenende vor

In seltener Einmütigkeit haben acht spanische Gewerkschaften am Donnerstag gemeinsam die sofortige Freilassung von Laura Gómez gefordert. Die Organisationssekretärin der alternativen CGT in Barcelona war am 24. April festgenommen worden und sitzt seither in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft der 46jährigen Brandstiftung und Sachbeschädigung während des Generalstreiks am 29. März vor. Das sei völlig unhaltbar, kritisierte die CGT. Tatsächlich seien im Rahmen der Streikaktionen vor der Börse von Barcelona ein mit Papier gefüllte Karton angezündet »und ein paar Eier geworfen« worden. Es habe sich um eine rein symbolische Aktion gehandelt, die in aller Öffentlichkeit durchgeführt wurden, so die Organisation. Zudem sei das Feuer vor der Börse an diesem Tag nicht das einzige in Barcelona gewesen, auch von anderen Gewerkschaften gestellte Streikposten hätten solche angezündet. So gibt es nach Ansicht der CGT keinerlei Rechtfertigung dafür, Gómez so lange wegen angeblicher Flucht- und Wiederholungsgefahr in Haft zu halten. Sie sei nicht vorbestraft und habe sowohl einen Arbeitsplatz wie einen festen Wohnsitz.

Das sehen die anderen Gewerkschaften offenbar ebenso. In der Erklärung, die unter anderem von den beiden Mehrheitsorganisationen CCOO und UGT unterzeichnet wurde, wird das Verfahren gegen die CGT-Aktivistin als »absolut unverhältnismäßig« kritisiert. »Die Beschuldigungen entsprechen einzig und allein einer Strategie der Verfolgung jeder gewerkschaftlichen, gesellschaftlichen oder politischen Opposition«, heißt es in dem Papier. Der einzige wahre Grund für die Inhaftierung von Laura Gómez sei, daß sie als »Gewerkschafterin, soziale Aktivistin und Kämpferin gegen das uns ausbeutende kapitalistische System nicht bereit ist, auf den Knien zu leben«.

Laura Gómez ist kein Einzelfall. Wie die Wochenzeitung Diagonal am Donnerstag berichtete, sind allein seit Anfang April 54 Menschen im Zusammenhang mit Protestaktionen festgenommen worden, die nun zu der »bereits langen Liste von 231 Verhafteten während des Generalstreiktages hinzugefügt« werden müßten. Das Blatt warnt davor, daß die Polizei bereits angekündigt hat, die für dieses Wochenende geplanten Aktionen in allen Teilen Spaniens »ganz genau beobachten« zu wollen.

Mit einer Reihe von Kundgebungen und Aktionen wollen die »Empörten« in den nächsten Tagen den ersten Jahrestag des spontanen Entstehens ihrer Bewegung begehen. Am 15. Mai 2011 waren rund 130000 Menschen im ganzen Land einem Aufruf der Kampagne »Wirkliche Demokratie Jetzt« gefolgt und hatten gegen die Wirtschaftskrise und die Politik der damals noch von der sozialdemokratischen PSOE geführten Regierung demonstriert. In Madrid beschlossen dabei rund 200 vor allem junge Leute, nach Ende der Kundgebung den zentralen Platz Puerta del Sol nicht zu verlassen. Aus dieser spontanen Aktion entwickelte sich trotz mehrerer Räumungen durch die Polizei eine Welle von Protestcamps, der sich in den nächsten Tagen Aktivisten in mehr als 50 Städten anschlossen. Erst in den Sommermonaten flaute die nach ihrem Entstehungsdatum »15-M« genannte Bewegung in dieser Form ab und begann, sich neu zu organisieren. In Madrid und anderen Städten bildeten sich »Stadtteilversammlungen«, die unter anderem gegen Zwangsräumungen mobilisierten und damit den Fokus der Aufmerksamkeit auf das Problem der Überschuldung zahlreicher Haushalte lenkten. Wie die »Plattform der Hypothekenopfer« mitteilte, erreichte die Zahl der Zwangsräumungen mit mehr als 58000 im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand.

In Spanien hatten überteuerte Mieten und zunächst billige Bankhypotheken dazu geführt, daß sich zahlreiche junge Familien eine Wohnung kauften. Statt Miete wurden Hypothekenzinsen gezahlt. Solange die wirtschaftliche Lage Spaniens stabil war, funktionierte das. Als im Zuge der Krise jedoch unzählige Arbeitsplätze wegfielen, waren Hunderttausende Menschen nicht mehr in der Lage, die Kredite zu bedienen. Sie verloren daraufhin nicht nur ihr Heim, sondern blieben auf einer teilweise riesigen Schulden- und Zinsenlast sitzen, da angesichts der verfallenden Immobilienpreise der Erlös aus dem Verkauf die Schuldsumme oft nicht ausglich. Eine politische Lösung dieses Problems wird bis heute von der PSOE und der seit November Spanien regierenden PP blockiert.