129-b-Verfahren gegen PKK-Mann

Erste Klage gegen Kurden wegen Mitgliedschaft in ausländischer »Terrorvereinigung«

Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt/Main hat am Dienstag das erste Verfahren gegen einen Kurden wegen Mitgliedschaft in einer »terroristischen Vereinigung im Ausland« nach Paragraph 129b Strafgesetzbuch begonnen. »Es wird um die zentrale Frage gehen, ob es sich bei der vom Rat der EU bereits am 2. Mai 2002 auf die EU-Terrorliste gesetzte Arbeiterpartei Kurdistans PKK tatsächlich um eine als ›terroristisch‹ einzustufende Organisation handelt«, weist eine Sprecherin des Rechtshilfefonds für Kurden AZADI in Düsseldorf auf den Pilotcharakter des Verfahrens hin.

Seit 1996 wurden mutmaßliche Kader der vom Bundesinnenministerium im Jahr 1993 verbotenen PKK lediglich als Mitglieder einer »kriminellen Vereinigung« (Paragraph 129 StGB) im Inland verfolgt. Auch der jetzt Angeklagte M. war 2009 bereits erstinstanzlich nach Paragraph 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden, da er laut Gericht als Gebetsverantwortlicher der PKK tätig war. Nachdem Revision eingelegt wurde, hatte der Bundesgerichtshof im Oktober letzten Jahres dieses nach den »Maßstäben der bisherigen Rechtsprechung ausgerichtete« Urteil aufgehoben, da die PKK-Strukturen in Deutschland als »unselbständiger Teil der Auslandsorganisation« einzustufen und damit nach Paragraph 129b zu verfolgen seien. Aufgrund seiner Kadertätigkeit im Bundesgebiet soll der Angeklagte so nach der Logik des Terrorparagraphen zugleich für Guerillaaktionen in Kurdistan wie Überfälle auf Militärstützpunkte und das Sprengen von Gaspipelines verantwortlich gemacht werden.

Die Annahme der Generalbundesanwaltschaft, daß es sich bei der PKK um eine terroristische Vereinigung handeln soll, übergehe die Geschichte und heutige Gestalt des Konflikts zwischen der kurdischen Bevölkerung und der Türkei, beklagen die Verteidiger Sönke Hilbrans und Berthold Fresenius »wesentliche Lücken« in der Beweisführung.

Da es sich bei der kurdischen Guerilla um eine überwiegend gegen militärische Ziele auf türkischer Seite vorgehende militärische Formation handle, sei diese als Konfliktpartei in einem bewaffneten Konflikt im Sinne des Völkerrechts einzustufen. Und nach dem 1. Zuatzprotokoll der Genfer Konvention sei ein solcher bewaffneter Kampf nicht illegal, wenn er sich gegen eine rassistische oder koloniale Unterdrückung richtet und für das Selbstbestimmungsrecht eines Volkes im Rahmen des humanitären Völkerrechts geführt würde. »Wie kaum ein anderer bis heute andauernder gewaltsamer Konflikt blickt der kurdisch-türkische Konflikt auf eine jahrzehntelange Geschichte von Unterdrückung und dagegen gerichtetem Aufbegehren zurück«, so die Verteidiger.

In mindestens drei weiteren Fällen wird inzwischen gegen Kurden nach dem Paragraphen 129b ermittelt. So wurden im Juli zwei Kurden verhaftet, die als Kader der PKK-Jugendorganisation Minderjährige für die Guerilla rekrutiert haben sollen.