Erinnerungen an Brendan Hughes

4. Todestag von Brendan Hughes, republikanischer Führer der Hungerstreiks

In der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 2008 starb ein Mann, der Irland und die Welt für immer verändert hat. Im Alter von nur 59 Jahren verlor Irland einen seiner größten Söhne: Brendan Hughes, Führer der Hungerstreiks 1980.

Brendan Hughes wurde 1948 in der Lower Falls, einen nationalistischen Viertel in West-Belfast, nahe dem Stadtzentrum, in eine ArbeiterInnenfamilie geboren. Sein Vater war Republikaner, genauso wie sein Großvater, der lange Jahre im Gefängnis verbrachte. Mit 21 trat Brendan selbst der Republikanischen Bewegung bei. „Es war, als die Pogrome begannen, als Häuser niedergebrannt wurden, als die B-Specials schossen (…), und aus diesen Gründen wurde ich aktiv in der Bewegung“, schilderte er später seine Motivation. Er wurde durch seinen Cousin Charlie Mitglied der IRA. Charlie Hughes sollte 1971 erschossen werden.

Als sich wenig später die Republikanische Bewegung in einen Provisional- und Official-Teil spaltete unterstütze Hughes die Provisionals. Rasch stieg er zu einem ihrer Führer auf, besorgte Waffen aus den USA, war ein wichtiger Militärstratege und war einer der meist gesuchten Personen der britischen Sicherheitsleute. Drei Jahre war er auf der Flucht, keine zwei Nächte schlief er am selben Ort, was ihm seinen Spitznamen „The Dark“ einbrachte. 1973 wurde er schließlich gefasst. Ein Treffen in der Falls Road, an dem unter anderem auch Gerry Adams und Tom Cahill teilnahmen, wurde von britischen Soldaten umstellt. Hughes wurde eine Pistole in den Mund gesteckt und der britische Offizier drückte ab – doch sie war nicht geladen. Danach riefen sie, dass ihn umbringen werden und danach auf die Straße werfen und sagen „es seien die Loyalisten gewesen“, erinnert sich Hughes.

Brendan Hughes wurde in das Internierungslager Long Kesh gebracht. Sechs Monate blieb er interniert, ohne Anwalt, ohne Rechte und ohne Anklage. Hughes konnte flüchten, wurde in den Süden gebracht und erhielt dort eine neue Identität als Spielzeugverkäufer Arthur McAllister. Nach seiner Rückkehr nach Belfast wurde er abermals gefasst. 1977 kam er schließlich in das neu errichtete Hochsicherheitsgefängnis Maze. Hier, in den H-Blocks, wurde er wenige Jahre später zum Vertreter der Gefangenen der Provisional IRA gewählt. Diese Zeit sollte sein Leben und die Geschichte Irlands für immer verändern.

Im Gefängnis führte er den Protest für Politischen Status für Republikanische Gefangene. Er folgte andere in den Schmutzstreik, was bedeutete sich nicht mehr zu waschen und die Exkremente an die Wände der Gefängnisbaracken zu schmieren.
Die Situation verschlechterte sich dennoch zusehends und so wurde im Herbst 1980 beschlossen, einen Hungerstreik zu beginnen. Hughes wählte die Teilnehmer sorgfältig aus und trat mit fünf anderen in den Hungerstreik. Jeder sollte eine besetzte Grafschaft repräsentieren, Hughes das Co. Antrim. Nach 53 Tagen fiel Sean McKenna ins Koma, er war nahe am verhungern, doch eine Einigung mit der neuen britischen Premierministerin Margret Thatcher war in Aussicht, wie Hughes glaubte. Er erinnerte sich: „Der Arzt zu dieser Zeit, Dr. Ross, erklärte mir, dass Sean nur noch wenige Stunden zu leben hatte. (…) Ich dachte wir hätten einen Durchbruch erzielt. Ich konnte nur mehr schwer gehen, so halfen mir zwei Priester. Bobby [Sands] war auch da, ich konnte nicht mehr lesen. Wir diskutieren das britische Dokument, danach sagte ich: ‚Füttert ihn!’“

Hughes musste im Krankenhaus bleiben. Davor hatte er sein Amt als Vertreter der Republikanischen Gefangenen an Bobby Sands übertragen. Nachdem die Situation sich nicht verbesserte, leitete Sands die zweite Welle an Hungerstreiks ein. Von Mai bis Oktober 1981 ließ die britische Premierministerin Thatcher zehn Gefangene verhungern. Sands war der erste, zuvor wurde er zum Abgeordneten gewählt. Zehntausende nahmen an seinem Begräbnis teil.
Das Handeln von Aktivisten wie Hughes und Sands hatte dazu geführt, dass die Solidarität mit Irlands Freiheitskampf am Höhepunkt war. Doch Hughes blieb vom Hungerstreik schwer gezeichnet. Zwei Jahre später musste er sich einer Operation unterziehen, um nicht zu erblinden. 1986 wurde er schließlich nach zehn Jahren im Hochsicherheitstrakt entlassen.

In den folgenden Jahren begann er immer offener die Politik der Führung von Provisional Sinn Féin um die Clique Adams-McGuiness zu kritisieren. Er lehnt die Politik der Anerkennung von Leinster House und Stormont ab. 1998 trat er entschieden gegen das Karfreitagsabkommen auf, das den Weg zur Machtteilung zwischen Loyalisten und ehemaligen Republikanern in den sechs Grafschaften im Norden ebnete. Die Führung um Adams bezeichnete er als „Brigade in Armani-Anzügen“.
Er betonte immer wieder, die nationale und soziale Frage sei noch nicht gelöst. Heute würden ehemalige Republikaner ihre Ideale verkaufen und Firmen in die Falls Road lassen, in denen nun ehemalige republikanische Gefangene zu Mindestlöhnen arbeiten müssen. Auch die nationalen und sozialen Kämpfe im Baskenland, Palästina, der Kampf gegen Apartheid in Südafrika oder der Krieg im Irak rückten immer weiter in sein Interesse.

Sein halbes Leben lang litt Hughes an den Folgen der Gefangenschaft. Er hatte Augen- und Herzprobleme und litt unter Arthritis. Anfang Februar 2008 wurde er schwer krank in ein Krankenhaus eingeliefert. Am 16. Februar schlossen seine Augen für immer. Er hinterließ seine Frau, zwei Kinder und ein großes Erbe.
2.000 Leute ehrten ihm bei seinem Begräbnis in Belfast am 19. Februar. Bei der Ansprache in der St. Peter’s Cathedral sagte der Pfarrer Smyth: „Mr. Hughes verließ das Gefängnis ohne Gepäck, nur mit den Kleidern an seinem Leib, aber er verließ es nicht mir leeren Händen. Er hatte Gepäck, dass niemand sehen konnte.“
Vol. Brendan Hughes verstarb vor vier Jahren, am 16. Februar 2008. Sein Verdienst für Irlands Freiheit, für die ArbeiterInnen und die gesamte Menschheit auf ein Leben in Würde und Freiheit werden auch noch Generationen nach ihm in Erinnerung behalten. Er wird immer ein Teil der republikanischen Familie bleiben.

Irish Republican Correspondent, 16ú Feabhra 2012