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Bericht zur Kundgebung in Neckargröningen gegen rechte Gewalt

Über 50 Personen sind unserem kurzfristigen Aufruf zur Kundgebung am 24. Oktober 2015 in Neckargröningen gefolgt, um sich solidarisch mit den Flüchtlingen zu zeigen und ein Zeichen gegen rechte Gewalt zu setzen, nachdem am Dienstag zuvor ein Feuer in einem Gasthof vor Ort, das unmittelbar an die Flüchtlingsunterkunft angrenzt, gelegt worden war. Auch einige AnwohnerInnen beteiligten sich und informierten sich am Infotisch.

In Redebeiträgen von einem Flüchtling, vom Libertären Bündnis Ludwigsburg, AGIF und von Zusammen Kämpfen wurde auf die Hintergründe des Rassismus, die Basis für solche Anschläge eingegangen und ein Kontext aufgemacht in denen solche Angriffe stattfinden. So gab es in diesem Jahr nach Angaben des Bundeskriminalamts bereits über 500 – ein Vielfaches der Zahl der Anschläge im vergangenen Jahr.
Eindrücklich war vor allem die Schilderung eines Flüchtlings, der seit 5 Monaten in der Flüchtlingsunterkunft lebt, der einen kurzen Redebeitrag hielt und sich für die Solidarität der Bevölkerung bedankte.
Am Ende der Kundgebung nahmen viele der TeilnehmerInnen noch Flyer mit, die sie in der Nachbarschaft verteilten.

Unser Ziel ein symbolisches Zeichen der Solidarität zu setzen ist uns trotz der kurzen Mobilisierungszeit gelungen. Daran gilt es anzuknüpfen, denn während die Asylgesetze zunehmend verschärft werden, weitere Länder zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden, um die Abschiebung zu vereinfachen und Abkommen beispielsweise mit der Türkei getroffen werden, die syrische Flüchtlinge davon abhalten soll nach Europa zu kommen, hetzen Pegida, „Nein zum Heim“ Bewegungen, Rechtspopulisten und Faschisten teils verdeckt, teils offen gegen Flüchtlinge.
 So muss für uns klar sein – gleich auf mehrfache Art und Weise – gegen Rassismus kämpfen zu müssen. Das Ziel ist dabei klar, dass wir Angriffe wie hier oder in Heidenau nie wieder zulassen werden. Zeigen wir den Flüchtlingen, dass sie nicht alleine sind.
 Kein Mensch ist illegal!
Hoch die internationale Solidarität!

Rede von Zusammen Kämpfen [Stuttgart]

Hallo liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Antirassistinnen und Antirassisten,
wir sind heute hier, weil letzten Dienstag hier in dem leerstehenden Gasthof Lamm, der unmittelbar an eine Flüchtlingsunterkunft grenzt, Feuer gelegt worden ist. 50 Flüchtlinge mussten evakuiert werden. Verletzt wurde glücklicherweise niemand.
 Das Feuer reiht sich ein in zahlreiche Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte. So gab es in diesem Jahr nach Angaben des Bundeskriminalamts bereits über 500 – ein Vielfaches der Zahl der Anschläge im vergangenen Jahr.
 Diese Angriffe in derart hoher Anzahl scheinen völlig konträr zu sein mit der flüchtlingsfreundlichen Rhetorik, die uns von allen Seiten entgegenschlägt:
Selbst die Bild rühmt sich mit einer Hilfsaktion und jeder hat was zur Flüchtlingskrise zu sagen. Laut Grünenfraktionschefin sind wir jetzt auch „Weltmeister der Hilfsbereitschaft“. Und es stimmt: hunderte, ja tausende von Menschen helfen wo sie können, spenden …
 Doch während diese „Willkommenskultur“ durch Medien und Politik befürwortet und hochgehalten wird werden von der Politik massive Verschärfungen des Asylrechts durchgeführt, die katastrophale Verschlechterungen für die Geflüchteten mit sich bringen. Vom Wegfall von Unterstützungsgeldern bis hin zum schnelleren Abschiebungen. Und bereits jetzt – kurz nach der Verabschiedung der Verschärfungen – sind für nächste Woche – auch in Baden Württemberg – Abschiebungen von größeren Gruppen geplant.
Gleichzeitig wird die Türkei bei einem Stell-Dich-Ein von Merkel und Erdogan zum sicheren „Drittstaat“ erklärt. Wohlgemerkt die Türkei, in der gerade ein entfesselter Krieg stattfindet, in denen kurdische Jugendliche ermordet, an Polizeifahrzeugen festgebunden und durch eine Kleinstadt geschleift werden. Diese Türkei ist also ein „sicherer Herkunftsstaat“ in den wieder in vereinfachtem Verfahren abgeschoben werden darf. Als Gegenleistung soll die Türkei v.a. die ungewollten syrischen Flüchtlinge daran hindern nach Deutschland zu kommen.

Nicht zu vergessen die Abschottungspolitik der EU und der BRD, die zu Hunderten von Toten an den Außengrenzen von Europa führt, sowie natürlich die Waffenexporte und die Kriegspolitik der BRD, durch die Heimatländer von Menschen aus politischen und ökonomischen Gründen zerstört werden.
Soviel also zur Willkommenskultur der Politik. Darüber hinaus gibt es aber auch noch „Nein zum Heim“-Bewegungen, Bürgerinitiativen gegen Flüchtlingsunterkünfte und diverse Pegida Ableger, sowie die diversen Organisierungsversuche der Rechten, die auf einer rechtspopulistischen Hetze aufbauen können, die von der AfD über die CSU reicht und Stimmung gegen Muslime macht oder prognostiziert dass das metaphorische „Boot schon lange voll“ sei.
So verwundert es auch nicht, dass bei den Razzien gegen Faschisten der Partei „Die Rechte“ regelmäßig Sprengstoff und Waffen gefunden werden, so wie erst diese Woche in Franken.
 Welche Auswirkungen das Ganze haben kann zeigen die Anschläge und Angriffe auf Flüchtlingsheime. Mit einem Blick auf die unmittelbare Umgebung zeigt sich bereits das Ausmaß:
Am 18. Juli wurde mit Hilfe von Benzin ein leerstehendes Haus, in das Flüchtlinge einziehen sollten, angezündet.
Am 24. August wurde in Weissach im Tal eine geplante Flüchtlingsunterkunft niedergebrannt.
Am 18. September wurden in Riedlingen vor einer Sammelunterkunft Papiercontainer angezündet und Hakenkreuze geschmiert.
In der Nacht vom 20. auf den 21. September verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf eine Wertheimer Turnhalle, in der Flüchtlinge untergebracht werden sollten. In der Halle standen bereits mehr als 300 Betten.
Am 29. September brannte die Außenwand eines Gebäude in Oberteuringen das für die Unterbringung von Flüchtlingen umgebaut wird.
Und jetzt am Dienstag der Gasthof Lamm – hier in Neckargröningen.
Unvergessen sind auch die Ausschreitungen in Heidenau im August dieses Jahres, bei denen Faschisten Geflüchtete und deren Unterkünfte angegriffen haben.
Die staatliche Politik zur sog. Flüchtlingskrise auf der einen Seite, der Protest und die Gewalt der offenen Rassisten, Faschisten und Rechtspopulisten gegen Flüchtlinge und deren Unterkünfte auf der anderen Seite – sind 2 Seiten ein und derselben Medaille: Während die staatliche Politik aussieben möchte, wer denn jetzt ein „nützlicher“ Geflüchteter ist und wer nicht, lässt der völkische Charakter der Faschisten gar keinen Platz für Geflüchtete. Sie wirken aufeinander ein und bestärken sich gegenseitig.
So muss für uns klar sein – gleich auf mehrfache Art und Weise – gegen Rassismus kämpfen zu müssen. Und zwar:
gegen die akute Gewalt der Faschisten und Rassisten,
gegen die geistigen Brandstifter der Rechtspopulisten, die zunehmend die Stimmung schnüren
und gegen die sog. Flüchtlingspolitik des Staates
gegen die Kriegspolitik, die unendliches Elend produziert und die Menschen erst zur Flucht zwingt,
gegen die Abschottungspolitik, die angeblich unsere Sicherheit schützt, aber nichts weiter ist als ein Sicherheitsmechanismus des Kapitals
gegen die Maximierung der Ausbeutung durch das Aussieben von Flüchtlingen anhand ihrer Nützlichkeit,
sowie gegen die rassistische Politik im Inneren, die nicht nur Ausgrenzung und Diskriminierung etabliert, sondern letztlich zur Spaltung von denjenigen führt, die ein gemeinsames Interesse haben.
Seien die Ebenen des Kampfes unterschiedlich, so eint sie das Ziel Angriffe wie hier oder in Heidenau nie wieder zuzulassen. Zeigen wir den Flüchtlingen also, dass sie nicht alleine sind und verhindern wir weitere Angriffe, in dem wir die die sog. Flüchtlingskrise zur Krise der Herrschenden machen.
Gegen rechte Hetze & Gewalt! Für ein solidarisches Miteinander!
Hoch die internationale Solidarität!

Rede vom Libertären Bündnis Ludwigsburg
In der Nacht von Montag auf Dienstag wurde wieder Feuer gelegt. Wieder
ist eine Flüchtlingsunterkunft betroffen. Die Menschen können sich vor
dem Feuer im unmittelbar angrenzenden Gasthaus retten. Dieser
Brandanschlag ist kein Einzelfall – seit Anfang 2015 wurden über 380
Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland gezählt, davon
mindestens 74 Brandanschläge (laut der geführten Chronik von Mut gegen
rechte Gewalt).
Mit diesen Brandanschlägen (und der rassistischen Hetze) werden die
hierher geflüchteten Menschen angegriffen und verantwortlich gemacht,
sie seien das Problem. Um es klar und deutlich auszudrücken: Das Problem
sind nicht die Menschen, die aus ihrer individuellen oder kollektiven
Notlage hierher fliehen – das Problem sind die menschenverachtenden
Einstellungen und unmenschlichen Gewalttaten hier und überall auf der Welt.
Das Problem sind Grenzen zwischen den Staaten, weil sie die Menschen
räumlich und durch Staatsangehörigkeiten trennen und dadurch ein
selbstbestimmtes Leben in Würde unmöglich wird. Das Problem sind aber
auch die Grenzen in unseren Köpfen, weil sie in uns eine Unterscheidung
auslösen zwischen uns nahe stehenden und fremden, (vermeintlich)
andersartigen oder nicht dazugehörende Menschen.
Das Problem sind die wirtschaftlichen Notsituationen und damit die
weltweite Wirtschaftsweise namens Kapitalismus: Kapitalismus bedeutet
Profitsteigerung um jeden Preis und damit die wirtschaftliche und
soziale Ausbeutung aller Menschen. Kapitalismus bedeutet ständig
wachsende Ungleichheit, also Reichtum für wenige und Armut für viele.
Kapitalismus bedeutet gleichzeitig Konkurrenz aller Menschen, Staaten
und Unternehmen untereinander. Konkurrenz im Kapitalismus bedeutet die
Sortierung der Menschen in wirtschaftlich “nützliche” und “unnütze”
Menschen. Konkurrenz zwischen Staaten führt immer wieder zu Krieg. Der
Kapitalismus produziert letztlich die weltweiten Fluchtgründe permanent.
Das Problem ist Rassismus: In unseren Köpfen, auf den Straßen, in
unserem Alltag!
 Als Antifaschist*innen und Antirassist*innen kämpfen wir für das Recht
jedes und jeder Einzelnen, sicher und ohne Angst zu leben. Um dieses
Ziel zu erreichen, ist Empörung allein zu wenig. Um die täglichen
rassistischen Angriffe zu bekämpfen ist ein aktiver Antifaschismus und
Antirassismus notwendig. Um die diskriminierenden Bilder und
Unterteilungen in unseren Köpfen aufzulösen! Um solidarische und
respektvolle Beziehungen zwischen uns aufzubauen – unabhängig von
Herkunft, Aussehen oder Staatsangehörigkeit! Um Rassismus und menschenfeindliche Handlungsweisen entschieden entgegenzutreten! Für
eine befreite Gesellschaft ohne Armut und Ausbeutung, ohne Kriege und
Kapitalismus!
Solidarität mit den geflüchteten Menschen hier und weltweit!