Die Kampagne der RechtsanwältInnen in der Türkei für die dringende Freilassung ihrer KollegInnen Ebru und Aytac, die sich im Hungerstreik befinden und dem Tod nahe sind, geht weiter.
Jeden Tag zu bestimmten Uhrzeiten werden vor dem Gericht und den beiden Krankenhäusern, in die Ebru Timtik und Aytac Ünsal vor über einer Woche zwangsweise – auf gerichtliche Anordnung zur „Behandlung“ (erzwungene medizinische Intervention)- eingeliefert wurden, Mahnwachen abgehalten.
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Der Präsident der Anwaltskammer von Istanbul, Rechtsanwalt Mehmet DURAKOGLU:
„#AYMTahliyeEt
Die Gerichtsentscheidungen zur Freilassung in der ersten Anhörung waren die Indikatoren für das „Recht auf ein faires Verfahren“. Die folgenden Anhörungen sind Indikatoren für den Entzug dieses Rechts. Nun fordern #AytacUndEbru die Wiedereinsetzung eines Rechts“.
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FACT-FINDING-MISSION
Lesen Sie noch einmal den Bericht einer Erkundungsmission in die Türkei, der die Ungerechtigkeit und die rechtswidrigen Vorgänge in diesem Gerichtsverfahren deutlich gemacht hat.
https://avocats.be/sites/default/files/Final%20Report%20-%20Fact-Finding%20Mission%20on%20CHD‘;s%20Trials%20-%20Oct%202019%20-%20June%202020%20-%20V2.pdf
DIE FAKTEN
Die RechtsanwältInnen sollten eigentlich gar nicht im Gefängnis sein, aber jetzt werden sie mit einer Ungerechtigkeit konfrontiert, an der sich alle staatlichen Institutionen unter der Kontrolle der politischen Macht offenbar beteiligen.
Die AnwältInnen haben ihre einzige Möglichkeit genutzt, sich gegen diese Ungerechtigkeit zu wehren, und das ist ein Todesfasten.
17 JuristInnen der Anwaltsvereinigung waren am 12. September 2018 in ihrer ersten Anhörung nach einem Jahr willkürlicher Inhaftierung freigelassen worden, aber 12 von ihnen wurden innerhalb von 24 Stunden erneut verhaftet, nachdem die Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung Berufung eingelegt hatte und der Gerichtsausschuss abgesetzt und durch das 37. Istanbuler Strafgericht ersetzt wurde.
Heute trifft das 37. Strafgericht weiterhin Entscheidungen zu Gunsten der politischen Macht. Es setzt weiterhin das Leben der AnwältInnen in Gefahr, indem es medizinische Berichte ignoriert, aus denen eindeutig hervorgeht, dass die Todesfastenden aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustands „nicht im Gefängnis bleiben können“. Und es besteht darauf, alle Einwände der Verteidigung für ihre dringende Freilassung zurückzuweisen.
Ebru Timtik und Aytac Ünsal (von der Vereinigung Progressiver JuristInnen-CHD und der Anwaltskanzlei des Volkes-HHB) setzen ihren Hungerprotest für 222 bwz. 191 Tage fort, um einen fairen Prozess zu bekommen! Ihre KollegInnen laufen alle Justizbehörden ab, um Anträge einzubringen und ein Stück Gerechtigkeit für ihre Lebensrettung zu erhalten.
In diesem großartigen Beispiel des Kampfes für Gerechtigkeit, selbst unter solchen Bedingungen, denken die Todesfastenden weiterhin aneinander. Ebru fragt nach Aytac, und Aytac, der bis auf 35 Kilogramm abgemagert ist, denkt an Ebru!
Doch die mit dem Fall betrauten Gerichte – allen voran der Kassationsgerichtshof- spielen auf Zeit anstatt ihre Rechte wieder herzustellen.
Die Akte wartet seit Monaten auf eine Entscheidung über die Berufung der Verteidigung, während es nur 10 Stunden dauerte, bis die Gerichte ihre Freilassung zurückgenommen haben!
Ebru Timtik und Aytac Ünsal kämpfen nicht nur für das Recht auf einen fairen Prozess, sie kämpfen auch für ihr Recht zu leben.
Zuletzt beantragten ihre AnwältInnen beim Verfassungsgericht eine dringende Bewertung des „bill quia timet“ und die sofortige Freilassung ihrer KollegInnen Ebru und Aytac Ünsal.