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Erdal Gökoğlu ist von Belgien in die BRD ausgeliefert worden

Erdal Gökoğlu befindet sich seit Anfang des Jahres 2018 im Untersuchungsgefängnis Hamburg. Er wurde wegen des § 129 b (Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland) in Belgien verhaftet.

Zum Hintergrund seiner Verhaftung ein Artikel aus dem Gefangenen Info 412 und ein Artikel von 2016 aus http://www.investigaction.net

1.

Belgien im Dienste der BRD – Gegen die Auslieferung von Erdal Gökoğlu

Seit dem 13. November 2017 befindet sich der Revolutionär Erdal Gökoğlu in Belgien in Haft und ist massiv von einer Auslieferung in die BRD betroffen. Erdal, dessen Wohnung in der belgischen Stadt Lüttich bereits rund einen Monat vor seiner Festnahme von der belgischen Polizei gestürmt worden war, ohne dass er dort aufgefunden werden konnte, geriet am 13. November in eine Polizeikontrolle, wo er festgenommen wurde. In der Zeit zwischen der Polizeirazzia und seiner Festnahme hatten Polizei-Behörden bei Anfrage die Razzia abgestritten. Erdal hatte in diesem Monat mehrere Behördengänge gemacht und sogar eine Polizeikontrolle an seiner Wohnungstür empfangen, um seine Papiere entgegenzunehmen.

Am Tag nach seiner Festnahme erkundigten sich Bekannte von Erdal nach den Motiven für seine Festnahme. Es stellte sich heraus, dass überhaupt keine Akte gegen Erdal vorliegt – nicht einmal ein Verkehrsdelikt! Diese Methoden der belgischen Behörden lassen darauf schließen, dass die durchgeführten und geplanten Maßnahmen gegen Erdal willkürlich bzw. politisch motiviert sind. Dies sollten auch die im November und Dezember gegen Erdal geführten Verhandlungstage vor den belgischen Gerichten aufzeigen. Es handelte sich um einen Auslieferungsersuch der BRD.

Am ersten Verhandlungstag am 28. November wurde die Auslieferung Erdals an die BRD beschlossen, wogegen anschließend Einspruch eingelegt worden war. Das Gericht hatte sein Urteil folgendermaßen begründet: „All diese Aktivitäten stellen in Belgien keine Straftat dar, aber die BRD ist EU-Mitgliedstaat. Wir sehen nicht die Notwendigkeit, weitere Gründe vorzulegen (…).“

Am 12. Dezember fand der zweite Verhandlungstag statt, ohne dass Erdal im Gerichtssaal erschien, weil ihm laut seiner Anwälte beim Transport entwürdigende Maßnahmen aufgezwungen worden seien, die er aber nicht akzeptiert habe. Die Verteidigung wies an diesem Verhandlungstag darauf hin, dass Erdal im Falle einer Auslieferung mit massiver Isolationshaft in der BRD konfrontiert sein werde und eine hohe Haftstrafe erhalten könne. Zudem wies die Verteidigung auf einen markanten Widerspruch hin, wonach der belgische Staat Erdal aus denselben Gründen an die BRD ausliefern wolle, aus denen sie ihm im Jahre 2002 politisches Asyl in Belgien gewährt hatten.

Erdal ist seit seiner Festnahme im Lütticher Lantin-Knast eingesperrt, wo er sich in Isolationshaft befindet. Laut Informationen habe er sich kurz nach seiner Festnahme in einen Hungerstreik gegen den Zwang der Anstaltskleidung begeben. Wenige Tage nach seiner Festnahme war folgende Mitteilung veröffentlicht worden: „(…) Ich befinde mich im Hungerstreik gegen die Einheitskleidung, die mir aufgezwungen wird. Nach meiner Festnahme haben sie mich vier Tage nackt in eine Zelle gesperrt. Anschließend wurde ich in eine andere Zelle verlegt. Sie haben mir nur eine Trainingshose und ein Unterhemd gegeben für den Anwaltsbesuch, den ich einmal wahrgenommen habe. Ich befinde mich in einem unbefristeten Hungerstreik für den Abbruch meiner Auslieferung, die Verbesserung der Haftbedingungen und die Rückgabe meiner Kleidung. Ich liebe euch alle.“

2.

Der türkische politische Flüchtling Erdal Gökoglu ist nicht gefährlich. Er ist in Gefahr

Erdal Gökoglu, ein seit 2007 in Belgien anerkannter türkischer Flüchtling, wurde am 24. Januar 2016 an der polnisch-deutschen Grenze bei Slubice (Frankfurt an der Oder) auf dem Weg zur Hochzeit eines seiner Angehörigen verhaftet.

Auf der Grundlage eines internationalen Haftbefehls, der von der 4. Kammer des Istanbuler Assistenzgerichts wegen seiner angeblichen Mitgliedschaft in der illegalen marxistischen Bewegung DHKP-C ausgestellt wurde, ist er von der Auslieferung in die Türkei bedroht. Seine türkische Akte ist lächerlich leer. Erdal wird vorgeworfen, im Oktober 2001 in den Räumlichkeiten eines Studentenmagazins (Ülkemizde Gençlik) in Istanbul einen Vortrag gehalten zu haben. Erdal Gökoglu wurde zwischen Juni 1995 und Juli 2001 während seines Architekturstudiums inhaftiert. Er überlebte mehrere Militäroperationen in türkischen Gefängnissen. Es ist ein echtes Wunder.

Seine Gefängnis-Odyssee begann in Ulucanlar (Ankara). Am 26. September 1999 wurden seine Mitbewohner zu Tode gefoltert. 10 von ihnen wurden massakriert. Erdal wurde von Kugeln der Armee verletzt. Das Militär glaubte, dass er tot sei und legte seinen Körper denen von 10 Gefangenen in die Duschräume des Gefängnisses. Nachdem klar wurde, dass er noch am Leben war, deportierte ihn das Militär in das Burdur Gefängnis (Westtürkei). Am 5. Juli 2000 intervenierte die Armee mit Bulldozern im Gefängnis von Burdur, nachdem sich die politischen Gefangenen geweigert hatten, wegen der Misshandlungen, die sie auf dem Weg zum Gericht erlitten hatten, vor Gericht zu erscheinen. Während der Operation wurde dem Gefangenen Veli Saçilik der Arm von einem Bagger abgeschnitten. Veli Saçiliks Arm wurde schließlich im Maul eines streunenden Hundes gefunden (siehe Dokument unten).

Erdal Gökoglu wurde erneut vom Militär verletzt, während er noch immer an den Folgen der Ulucanlar-Operation litt. Er wurde später in das Bursa Gefängnis deportiert. Als die Regierung die baldige Eröffnung von F-Hochsicherheitsgefängnissen ankündigte, beteiligte sich Erdal an dem massiven Hungerstreik, bei dem Dutzende von Häftlingen ums Leben kamen. Am 19. Dezember 2000 intervenierte die Armee in 20 Gefängnissen, um den Hungerstreik zu beenden und die Abschiebung von Häftlingen in F-Gefängnisse zu organisieren. 28 Häftlinge wurden mit Gas, Schlagstöcken und Kugeln massakriert. In Bayrampasa starben sechs Frauen bei einem Feuer ihres Schlafsaals, ausgelöst durch das Feuer der Armee. Erdal Gökoglu wurde schwer verletzt, blieb jedoch immer noch im Hungerstreik, obwohl er in das Gefängnis von Edirne F deportiert wurde. Nach mehreren Monaten des Hungerstreiks wurde Erdal Gökoglu zwangsweise in das Edirne Krankenhaus verlegt.

Auch heute noch leidet Erdal unter den Folgen dieser Intervention. Er hat das Wernicke-Korsakoff-Syndrom (Amnesie, Ataxie …) bekommen. Im Jahr 2001 wurde er gemäß Artikel 399 der Türkischen Strafprozessordnung (CMUK) vor den Toren des Gefängnisses für tot erklärt. Das Gesetz sieht eine sechsmonatige Freistellung aus medizinischen Gründen vor. Diese Bewährung ist abhängig vom Zustand des Insassen erneuerbar.

Im gleichen Jahr wurde Erdal von seinen Freunden aus dem Land gebracht, damit er eine angemessene medizinische Versorgung erhalten konnte. Im Jahr 2002 beantragte Erdal politisches Asyl in Belgien, seinem Antrag wurde im Jahr 2007 entsprochen. Seit seiner Ankunft in Belgien hat Erdal nie die geringsten Störung der öffentlichen Ordnung veranlaßt. Es ist daher unzulässig, dass ein europäischer Staat, in diesem Fall Polen, einen Auslieferungsantrag des Ankara – Regimes durchführt, während ein anderer europäischer Staat, Belgien, beschlossen hat, Erdal Gökoglu vor Verfolgung zu schützen. Folterungen erlitt Erdal seit Jahren.

Gegenwärtig wird Erdal Gökoglu in der Stadt Gorzow Wielkopolski vor Gericht gestellt. Er erscheint in einem Glaskäfig, Handschellen an seinen Handgelenken und Ketten an seinen Füßen. Er ist im Goleniow Gefängnis eingesperrt. Seine Haftbedingungen sind unmenschlich und seine Gesundheit ist äußerst fragil. Erdal Gökoglu wird als gefährlicher Mensch behandelt. Bücher, Zeitungen und persönliche Gegenstände sind verboten. Seine Zelle wird zweimal am Tag durchsucht. Er ist gezwungen, eine Uniform zu tragen. Es ist verboten vor Gericht zu gehen. Es sind inzwischen fast 50 Tage, dass er vom Ausgang ausgeschlossen wird.

Erdal Gökoglu ist in einen Hungerstreik getreten. Er fordert das Ende seiner Misshandlung und seine Rückführung nach Belgien.

Wir fordern die belgischen, polnischen und europäischen Demokraten auf, Erdal Gökoglu vor türkischen und polnischen Gefängnissen zu schützen.

https://www.investigaction.net/fr/le-refugie-politique-turc-erdal-gokoglu-nest-pas-dangereux-il-est-en-danger/

https://linkezeitung.de/2018/01/07/erdal-goekoglu-ist-von-belgien-in-die-brd-ausgeliefert-worden/