Erklärung von Felicia Langer zum Hungerstreik der palästinensischen Gefangenen:

„Es ist ein Spiel mit dem Feuer.“ – Wie viele Jahre Besatzung braucht Israel noch, um zu verstehen, was für einen kolossalen Wert die palästinensischen Gefangenen für die palästinensische Gesellschaft haben, was für eine Liebe diese Gesellschaft für sie empfindet. Ich habe diese Liebe seit 1967 während meiner juristischen Tätigkeit in Israel immer wieder gespürt und sie in meinen Büchern geschildert. Auch mich hat diese Liebe für die Gefangenen begleitet, bis zum heutigen Tag. Ich habe die Familien der Gefangenen während verschiedener Hungerstreiks erlebt und ihr Leid mitgefühlt, weil ein Hungerstreik ein grausamer Kampf ist mit der letzten Waffe, dem eigenen Körper, gegen eine koloniale Besatzung, gegen eine willkürliche und völkerrechtswidrige Gesetzgebung. Und so ist es leider bis zum heutigen Tag geblieben.
Der Besatzer hat die palästinensische Straße angezündet und sie wird brennen, bis die Palästinenser ihre verbrieften Rechte erhalten haben. Und zu allererst müssen die Forderungen der palästinensischen Gefangenen erfüllt werden.

Während ich an Samer Issawi und all die anderen Hungerstreikenden denke, schreit plötzlich ein anderer Name aus den Schlagzeilen: Arafat Jaradat, 30 Jahre alt, Vater von drei Kindern, ist am Samstag, dem 23. Februar, im israelischen Gefängnis Meggido gestorben. Er wurde ein paar Tage lang verhört und plötzlich kam der Tod als „Herzstillstand“. Ich habe sonst keine Informationen über ihn und die Umstände seiner Inhaftierung. Aber ich lebe mit meiner Geschichte, meiner Erfahrung mit vielen gefolterten oder mißhandelten und auch toten Mandanten. Ich lebe meine Geschichte über gefolterte Palästinenser, wobei ich die Folterspuren gesehen habe. Ich lebe mit den Untersuchungen von damals, die keine wirklichen Untersuchungen waren. Mein Buch „Zorn und Hoffnung“ erzählt darüber, das sogar in Israel nur zensiert erscheinen konnte.
Die Palästinenser und die israelische Menschenrechtsorganisation B’Tselem fordern eine unabhängige und transparente Untersuchung: Diese müsse sich auch damit befassen, wie die Vernehmungen vor sich gegangen seien und welche Verhörtechniken angewendet wurden, so heißt es in der Erklärung von B’Tselem. Meiner Erfahrung nach ist eine solche Untersuchung durch das Militär oder die israelische Polizei, sei es in Israel oder in den besetzten Gebieten, unmöglich.
 Die Forderung müßte lauten: Eine wirklich unabhängige Untersuchungskommission muß tätig werden, nur sie kann die Wahrheit ans Licht bringen. Alles andere wäre Betrug und letztendlich ein Spiel mit dem Feuer.