Gescannt und erfaßt

Die Anwendung von Gesichtserkennungsprogrammen in polizeilichen Datenbanken nimmt rasant zu. Neue Forschungsprojekte sollen die Ergebnisse verbessern

Von Matthias Monroy
Bundes- und Landespolizeien nutzen immer häufiger die Möglichkeit, in Datenbanken gespeicherte Personen über eine Bildersuche ausfindig zu machen. Technisch ist das Bundeskriminalamt (BKA) dazu in der Lage, hatte das Innenministerium dem Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko (Linke) bereits auf eine parlamentarische Anfrage mitgeteilt. Im Frühjahr wurde noch behauptet, die Bilderkennung in polizeilichen Datenbeständen nur »in ausgewählten Fällen einzusetzen«.

Auf neuerliche Nachfrage gestand die Regierung nun ein, daß die Zahl derartiger Suchanfragen in den letzten drei Jahren um den Faktor 30 zugenommen hat. Vor allem die Bundespolizei nutzt das neue Ermittlungswerkzeug immer öfter. Dem »geringen Bekanntheitsgrad« der Gesichtserkennung sei laut Bundesregierung mit einer »anschließenden Aufklärungsarbeit« abgeholfen worden. Für den »Lichtbildvergleich« wird die Gesichtserkennungssoftware »FaceFacs« der Firma Cognitech aus Dresden eingesetzt. Das System wird beim BKA zentral betrieben. Die Bundespolizei und 14 Landeskriminalämter sind aber über eine Schnittstelle angebunden.

Das BKA ist überdies im deutschen Forschungsprojekt »Multi-Biometrische Gesichtserkennung« (GES-3D) als »Endanwender« beteiligt. Eine dort entwickelte Software soll Suchanfragen auf Basis eines schlechten, nicht vollständigen Gesichtsfotos ermöglichen. Auch bei niedriger Bildqualität sollen passable Ergebnisse geliefert werden. Auf diesem Wege könnten polizeiliche Datenbanken mit Hilfe von Aufnahmen aus Überwachungskameras abgefragt werden. Andrej Hunko wies in einer Presseerklärung am Freitag darauf hin, daß diese technischen Möglichkeiten auch zur »Vorfeldaufklärung« eingesetzt werden können. Die Bedenken sind nicht weit hergeholt: Die Anwendung der Forschungsergebnisse durch die Bundespolizei wäre laut Bundesregierung durch den Paragraphen 12 Bundespolizeigesetz geregelt, der auch für den Bereich Gefahrenabwehr gilt.

Die Bundespolizei arbeitet selbst am Projekt »Multi-Biometriebasierte Forensische Personensuche in Lichtbild- und Videomassendaten« (MisPel) mit, das vom Forschungsministerium gefördert wird. Dabei wird die »zeitnahe Erkennung von ermittlungstechnisch relevanten Personen« untersucht und es werden »Strategien für nachhaltige Einsatzszenarien« entwickelt. Beteiligt sind die Polizei Hamburg und das Mobile Einsatzkommando Karlsruhe. Das Vorhaben wird von der US-Firma »L-1 Identity Solution« koordiniert, die bereits mit der Bundespolizei die biometriegestützte Grenzkontrolle testet.

Zur Verfolgung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen setzt das BKA bereits seit 2003 die »Computergestützte Bildersuche« der Firma DotNetFabrik aus Heidenheim ein. Mit ähnlichen Funktionen nimmt eine Software der hessischen Firma DigitEV GmbH einen »Vergleich von Videodateien kinderpornographischen Inhalts« vor. Das Programm soll helfen, Inhalte in polizeilichen Datenbeständen zu filtern und doppelte Dateien zu löschen. Auch die weltweite Polizeiorganisation Interpol bietet einen derartigen Dienst an, um die dort geführte »Bilddatenbank Kinderpornographie« durchsuchen zu können.

Verschiedene Fraunhofer-Institute arbeiten im Auftrag von Polizeibehörden an der Entwicklung einer automatisierten Mustererkennung von Bildern und Videos mit kinderpornographischen Inhalten. Damit sollen verdächtige Aktivitäten aufgespürt und gegebenenfalls auch unterbunden werden. »Ich befürchte allerdings, daß die Technik auch gegen andere unerwünschte Inhalte in Stellung gebracht wird«, kritisiert Andrej Hunko. Tatsächlich gibt die Bundesregierung als Ziel eine » Bekämpfung illegaler Inhalte und Bekämpfung schädlichen Online-Verhaltens« an.