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Grußwort von Linas Mutter zum Prozessauftakt in Dresden

Vor dem Oberlandesgericht Dresden hat der Prozess gegen Lina E. und drei weitere Antifaschisten begonnen. Den Angeklagten wird vorgeworfen, Angriffe auf aktive Neonazis geplant und durchgeführt zu haben. Lina soll dabei die Gruppe angeführt und das Kommando der „kriminellen Vereinigung“ übernommen haben. Die Inszenierung von Lina als gefährlicher Linksextremistin hat zu einer breiten Solidaritätswelle geführt. Vor dem Gerichtsgebäude hat zum Prozessauftakt eine Kundgebung unter dem Motto „Trotz alledem – Für einen konsequenten Antifaschismus“ stattgefunden, bei der ein Grußwort von Linas Mutter verlesen wurde:

„Meine Tochter Lina sitzt seit zehn Monaten in Untersuchungshaft und heute beginnt der Prozess gegen sie und drei weitere Menschen hier am OLG. Das sächsische LKA hat Anfang 2020 ein Verfahren nach Paragraph 129 eingeleitet, in dem Lina und anderen die Gründung und Mitgliedschaft einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen wird. Ziel soll die Planung und Durchführung von Aktionen gegen Neonazis gewesen sein.

Weil es sich bei der Hauptbeschuldigten um eine Frau handelt, überschlägt sich die mediale Berichterstattung. Empörend finde ich die hetzerischen, sexistischen und menschenverachtenden Inhalte einiger Pressehäuser. So liest sich: Lina, die schöne schlanke Studentin mit den blonden Haaren, roten Fingernägeln und kurzem Minirock… Gleichzeitig liest sich: Lina, die Anführerin eines hochorganisierten linken Schlägerkommandos, einer Terrorzelle…

Ich bin zornig und erschüttert über die Kriminalisierung meiner Tochter und wie sie zur Terroristin stilisiert wird. Die Vorverurteilung ist auffallend und die Unschuldsvermutung gilt für Lina von Anfang an nicht. Mit dem Verfahren gegen Lina und weitere Personen soll ein Präzedenzfall geschaffen und gleichzeitig ein Exempel statuiert werden: Wer sich in Deutschland gegen Nazis organisiert, wird mit aller Härte verfolgt und bestraft.

Ich empfinde die Entwicklung als sehr gefährlich und es sollte unser aller Bestreben sein, sich dem ausbreitenden Rassismus mit aller Kraft entgegenzustellen. Diesem Faschismus, der – wie die Morde in Kassel, Hanau und Halle zeigen – eine ungeheure Dimension der Gewalt erreicht hat. Um mit Esther Bejarano zu sprechen: ,Ich sage immer, wehret den Anfängen ist nicht mehr. Wir sind mittendrin im Kampf gegen Rassismus und Faschismus.‘

Ich wünsche Lina und den anderen Beschuldigten viel Kraft und Zuversicht für den langen Prozess. Euch danke ich für eure großartige Unterstützung, eure Verbundenheit und für das gemeinsame Aufstehen gegen Rassismus und Faschismus. Lina wünsche ich von Herzen, dass sie aus der U-Haft entlassen wird und dass für sie gilt: Jeder Mensch ist solange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren nachgewiesen ist und in dem alle für die Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet sind.“

Solidaritätsbündnis: Die antifaschistische Bewegung steht vor Gericht

Auch das Solidaritätsbündnis Antifa Ost erwartet keinen fairen Prozess. „Bereits seit Monaten versuchen rechts unterwanderte Sicherheitsbehörden durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit eine Vorverurteilung der Beschuldigten zu bewirken“, erklärte die Pressesprecherin des Solidaritätsbündnisses, Marta Zionek. Sie führte weiter aus: „Konsequenten Antifaschismus in dieser Form zu verfolgen und als Terrorismus darzustellen, stellt eine eindeutige politische Positionierung dar. Vor Gericht stehen nicht nur einzelne Angeklagte, sondern die antifaschistische Bewegung als solche.“

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